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16.01.2010 / Vom Gelehrten zum Hofnarren / Das Leben von Jacob Paul Freiherr von Gundling - Gutes Thema vertan

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 02-10 vom 16. Januar 2010

Vom Gelehrten zum Hofnarren
Das Leben von Jacob Paul Freiherr von Gundling - Gutes Thema vertan

Im Jahr 1688 erhält Professor Jakob, Geschichtsforscher und Geschichtsschreiber in Berlin, die Order, sich beim Kurfürsten Friedrich III. von Brandenburg zu melden. Da der Autor Bodo Schulenburg Friedrich III. jedoch nur bei seinem niedrigeren Titel Markgraf nennt, kann der Leser gleich zu Beginn erahnen, dass „Der König spielt mit seinen Soldaten“ nicht aus der Feder eines Preußenfreundes stammt. In der Folge beschreibt der Autor aus Sicht des Professors, der im wahren Leben Jacob Paul Freiherr von Gundling hieß, die liederliche, verschwenderische Hofhaltung des „Markgrafen“, der sich kostspielig in Königsberg zum König in Preußen krönen ließ, während seine Bevölkerung vor Hunger und Dreck elendig zu sterben drohte.

Der Professor soll den Thronfolger unterrichten, doch dieser offenbart seinem Lehrmeister schon früh einen brutalen Charakter, der zwar auf Heller und Pfennig alle Kosten erfragt und von Sparen spricht, jedoch nur, um das gewonnene Geld für den Ausbau des Militärs zu nutzen, so Schulenburg.

Alle paar Seiten unterbricht der Autor seine teilweise wie für Kinderohren geschriebenen Erzählungen, um collagenartig Jakobs Träume über Seidenraupen einzuspinnen, deren tieferen Sinn die Rezensentin nicht erfassen konnte. Allerdings sind die Träume nicht das einzige, was, wie dem Klappentext zu entnehmen ist, fiktiv hinzugefügt wurde. Das ist bedauerlich, denn so ist es dem Leser unmöglich zu erfahren, was von dem Geschilderten wahr und was ausgedacht ist. Dabei hätte die Wahrheit schon gereicht, um die beiden ersten Könige in Preußen und deren Hofstaat ungünstig dastehen zu lassen, was ohne Zweifel Ziel des Autors war.

Bodo Schulenburg, 1934 in Potsdam geboren, Redakteur und Regisseur im Defa-Studio für Dokumentarfilme in Berlin, Chefredakteur für Kinderfilme sowie die Sandmännchen-Produktion, hätte aus dem Vollen schöpfen können. Die historischen Fakten waren auf seiner Seite als er über den Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. aus Sicht des Jacob Paul Freiherr von Gundling geschrieben hat. Doch Schulenburg wollte keine reine Biographie schreiben, ihm schwebte eine künstlerisch anspruchsvolle Umsetzung des historischen Stoffes vor. Doch gemischt mit seiner Routine als Kinderbuchautor und seiner Aversion gegen Preußen ist sein neues Buch nur etwas für Leser, die sich der künstlerischen Freiheit zuliebe auch durch schwer zugänglichen, undifferenzierten Stoff beißen. Und so geht unter, dass Friedrich Wilhelm I., als er selbst auf dem Thron saß, mit seinem ehemaligen Lehrmeister, den er sich eigentlich als Berater an den Hof geholt hatte, nicht immer respektvoll umging. Der einstige Hofgelehrte wurde im militärisch geprägten Umfeld zu einer Art Hofnarren. Die differenzierte Geschichtsforschung merkt hier an, dass dies eine Rolle war, in die sich Gundling teils schieben ließ, teils freiwillig fügte.

Die Scherze, die im Tabakkollegium des Soldatenkönigs auf Kosten des Freiherrn gemacht wurden, zeugen von Unmenschlichkeit. Doch er, der sich in seiner Arroganz stets über andere lustig machte, hatte sich zu viele rachsüchtige Feinde geschaffen. So ließ die Hofgesellschaft den vom König zwar zum Präsidenten der Preußischen Akademie der Wissenschaften, obwohl dessen Hauptaufgabe im Zeitungsvorlesen bestand, ernannten Gundling in den Schlossgraben werfen, um zu sehen, ob er sich über Wasser halten konnte.

Kurz vor Gundlings Tode soll der Monarch diesem ein zum Sarg umgebautes Weinfass in dessen Kammer habe stellen lassen, in dem der Dahinsiechende habe schlafen müssen und nach seinem Tod auch beerdigt worden sei. Wer über diese sadistischen Machenschaften des Soldatenkönigs, der den preußischen Staat sanierte und nie Krieg führte, und seine Hofgesellschaft etwas lesen will, sollte sich allerdings eine andere Lektüre suchen, die sich sachlicher mit der Historie auseinandersetzt.             Rebecca Bellano

Bodo Schulenburg: „Der König spielt mit den Soldaten“, Triga, Gründau 2009, broschiert, 148 Seiten, 11,50 Euro


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