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23.01.10 / Wer hat hier etwas aufzuarbeiten?

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03-10 vom 23. Januar 2010

Wer hat hier etwas aufzuarbeiten?
von Harald Fourier

Im Roman „Das Bildnis des Dorian Gray“ schreibt Oscar Wilde: „In der Selbstbezichtigung liegt eine Art Luxus. Wenn wir uns selbst die Schuld geben, glauben wir,  niemand sonst habe das Recht, uns die Schuld zu geben.“ Das ist eine interessante Beobachtung.

In Berlin leisten sich gerade sehr viele Journalisten diesen Luxus der Selbstbezichtigung. Manche zu Recht, über andere aber kann nur der Kopf geschüttelt werden.

Das frühere SED-Bezirksblatt „Berliner  Zeitung“ hat gut daran getan, sich 2008 für seine schäbige Berichterstattung über den Prager Frühling von 1968 zu entschuldigen. Das war der größten Tageszeitung der     Hauptstadt damals sogar eine ganze Seite wert. Vor kurzem nun räumte die „taz“ ein, sie habe sich zum Handlanger des KGB       gemacht, als sie kräftig mithalf, eine anti­amerikanische Verschwörungstheorie zu        verbreiten, nach der das Aids-Virus aus einem geheimen US-Chemielabor stamme (PAZ berichtete). Das war der linken „taz“ eine ganze Wochenendbeilage wert. Immerhin.

Ungläubiges Staunen aber löst der Springer-Verlag bei seinen Lesern aus: Der scheint bei so viel öffentlicher Reue nicht abseits stehen zu wollen – und untersucht jetzt die eigene Rolle während der Studentenrevolte von 1968. Am vergangenen Sonntag wurde eine Internetseite freigeschaltet, die „Medienarchiv68“ heißt und 5655 Artikel  dokumentiert, die sich damals kritisch mit den Pseudorevolutionären auseinandergesetzt haben. Denn es gelte „in der deutschen Öffentlichkeit seit 40 Jahren als sichere Gewissheit, die ,Berliner Morgenpost‘ wie auch andere Zeitungen des Verlages Axel Springer hätten eine ‚Kampagne‘ gegen die Studentenbewegung betrieben und gegen den SDS-Sprecher Rudi Dutschke ‚Pogromhetze‘ betrieben“, schreibt Sven Felix Kellerhof, der Chef-Historiker des Springer-Verlages, in  einem langen Begleitartikel. Konzernchef Matthias Döpfner habe sich zum  wiederholten Male für die damalige  Berichterstattung entschuldigt, betont Kellerhof in diesem Artikel.

Im Grunde beweisen diese alten Artikel und ein paar Karikaturen, in denen Studenten als langhaarige Taugenichtse dargestellt werden, aber gar nichts. „Gewissheit“ jedoch herrscht über eines: Die vom Springer-Verlag angeblich zu roh behandelten Revoluzzer skandierten „Ho Chi Minh“ und vergötterten die Völkerschinder Mao, Lenin und Castro, während sich die Springer-Zeitungen, wenn auch manchmal recht laut, vor den freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat        stellten. Wer, bitte, hat hier etwas aufzuarbeiten, gar zu bereuen?


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