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23.01.10 / Zwischen den Völkern / Die erstaunliche Geschichte eines schlesischen Ritterkreuzträgers

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03-10 vom 23. Januar 2010

Zwischen den Völkern
Die erstaunliche Geschichte eines schlesischen Ritterkreuzträgers

Der 1919 geborene Oberleutnant Alfons Bialetzki gehört nicht nur zu den herausragendsten Soldaten des Zweiten Weltkrieges, sondern auch zu den wohl ungewöhnlichsten Personen des deutsch-polnischen Verhältnisses im 20. Jahrhundert. Als Bialetzki im Kattowitzer Stadtteil Bogutschütz geboren wurde, gehörte seine Heimat de iure noch zum Deutschen Reich, faktisch aber hatte schon Polen das Sagen, noch bevor die Entente das Gebiet (trotz der von Deutschland gewonnenen Volksabstimmung vom März 1921) Polen zuschlug.

Bialetzki verbrachte seine Jugend in Polen, sprach deswegen besser Polnisch als Deutsch, beantragte aber 1938 die deutsche Staatsbürgerschaft, die er auch bekam. 1940 meldete er sich freiwillig zu den Fallschirmjägern. Nun begann seine Karriere als einer der verwegensten deutschen Soldaten des Krieges: Der Oberschlesier kämpfte als Pionier in Kreta und an der Ostfront, wurde mehrfach verwundet und sammelte mit furchtlosem Einsatz Orden wie andere Leute Briefmarken: Das Panzervernichtungsabzeichen für Einzelkämpfer erhielt er gleich zwei Mal, dazu das Deutsche Kreuz und das Verwundetenabzeichen jeweils in Gold. Im September 1944 erhielt er das Ritterkreuz, wenig später, nach überlebten 50 Nahkampftagen oft in Stoßtruppeinsätzen auch die Nahkampfspange in Gold.

Wenig später wollten höhere Stellen ihn als Ausbilder zum Ersatzheer beordern. Ihre Motive sind nicht bekannt: Womöglich traute man Bialetzki auch als Ausbilder vieles zu, oder man wollte ihn – ähnlich wie einige wenige andere herausragenden Kämpfer – ab diesem Zeitpunkt bewusst schonen. Doch sein Divisionskommandeur lehnte mit verblüffender Begründung ab: „Er ist der Typ des Frontsoldaten, der sich im Kampf am wohlsten fühlt. Für eine Verwendung an den Waffenschulen des Heeres ist er gänzlich ungeeignet, da er ein sehr schlechtes Deutsch mit ausgesprochenem schlesischen Akzent spricht. Bialetzki ist wohl polnischer Abstammung.“

Soweit zum „Rassismus“ in der Wehrmacht anno 1944. Aber ob diese Charakterisierung wohl übertrieben war, um den prächtigen Offizier nicht zu verlieren? Offenkundig nicht, denn Bialetzki tat nach Kriegsende einen überraschenden Schritt für einen so verwegenen Kämpfer auf deutscher Seite: Er besann sich des polnischen Elements in ihm und ließ sich unter geändertem Namen wieder in Polen nieder. Der weitere Weg des Mannes, der heute 90 Jahre alt wäre, ist unbekannt, auch ob es ihm gelungen ist, das durchaus nicht ehrenrührige Geheimnis seiner Militärzeit zu wahren.

Das Schicksal Bialetzkis zeigt, dass die Grenzen zwischen dem deutschen und dem polnischen Volk vor allem in Oberschlesien, aber teilweise auch in der Kaschubei und in Masuren, fließend waren und sind. Dies in den Blick zu nehmen kann zur Völkerverständigung mehr beitragen als (deutsche) Verdrängung oder (heute meist polnische) nationale Großmannsucht.             K.B.


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