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23.01.10 / Kämpfende Kirche

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03-10 vom 23. Januar 2010

Kämpfende Kirche
von Konrad Badenheuer

Viele Fresken und Gemälde bilden das Gegensatzpaar der „kämpfenden“ und der „triumphierenden“ Kirche ab. Was für die Menschen der Gegenwart recht martialisch klingt, hat einen klaren theologischen Sinn: Die kämpfende oder auch streitende Kirche bezeichnet denjenigen Teil der Christenheit, der auf Erden lebt und in dieser Welt um die Errichtung des Reiches Gottes und die eigene Heiligung kämpft. Die Auseinandersetzung mit Verfolgungen und das gewaltlose Ringen um Ausbreitung des christlichen Glaubens sind klassische Formen dieses Kampfes. Mit politischen oder gar militärischen Dingen hat er nichts zu tun.

Die „triumphierende“ Kirche bezeichnet hingegen denjenigen Teil der Christenheit, der erlöst im Jenseits, in der Anschauung Gottes lebt. Tot ist dieser Teil der Kirche nur aus der Sicht der Nichtchristen.

Die rapide Erosion christlicher Überzeugungen in Europa hat es mit sich gebracht, dass selbst viele Kirchenmänner und -frauen mit diesem Gegensatzpaar nichts mehr anfangen können. Wünschenswert wäre aber, dass kirchliche Amtsträger zumindest das entsprechende Glaubenswissen verbreiten würden – allein schon, damit nicht immer größere Teile der abendländischen Kunst vom Publikum nicht mehr verstanden werden.

Stattdessen geschieht heute vor unseren Augen etwas ganz anderes: Wir sind Zeugen einer Kirche, die das Ziel der Verbreitung des Glaubens an den dreieinigen Gott durch engagierte Mission nach innen und außen weitgehend aufgegeben hat. Zeugen einer Kirche, die in ihrer Verkündigung immer weniger Gewicht auf die Notwendigkeit der Einhaltung der christlichen Gebote und damit die Erlangung des ewigen Heils ihrer Glieder legt. Sie ist nicht mehr „kämpfende Kirche“ im Sinne einer bald 2000-jährigen Tradition.

Doch hat diese Kirche, die evangelische zumal, das Kämpfen keineswegs aufgegeben. Losgelöst von Gottes Geboten kämpft sie nun tief in den Niederungen der Politik beispielweise gegen das Vertriebenenzentrum und für mehr Forschung an embryonalen Stammzellen, um nur zwei Beispiele aus dem vielseitigen weltlichen Engagement des früheren EKD-Ratspräsidenten Wolfgang Huber (SPD) zu nennen.

Seine Nachfolgerin Margot Käßmann streitet unter anderem gegen das Erziehungsgeld und damit für die Ausweitung der staatlichen Kleinkind-Betreuung, andere in der EKD kämpfen wie besessen „gegen Rechts“. Das Niveau ist ähnlich wie bei Käßmanns Wortmeldungen zur Lage in Afghanistan, wo angeblich „nichts gut“ ist. Elementare Gebote des zivilgesellschaftlichen Diskurses – etwa die Pflicht, ehrenrührige Vorwürfe zu begründen und Rückfragen zu beantworten – werden mit Füßen getreten. So geführt, wird der angebliche Kampf gegen Rechts geradezu zum Kampf gegen die Wahrheit. Welche Zukunft kann diese Kirche noch haben?

Foto: Das Fresco „Die Streitende und Triumphierende Kirche“ von Andrea da Firenze in der Kirche Santa Maria Novella zu Florenz: Das Gemälde aus den Jahren 1365 bis 1368 reflektiert das traditionelle Verständnis der „kämpfenden Kirche“. Über diese Vorstellung gab es zwischen Katholiken und Protestanen über die Jahrhunderte kaum Gegensätze. Erst seit der 68er-Zeit „kämpft“ die Kirche in Deutschland – zumal die evangelische – lieber für diesseitige oder gar rein politische Anliegen.


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