20.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
23.01.10 / Abstimmungssieg zum Todestag / Vor 150 Jahren starb Ernst Moritz Arndt – Studentenschaft in Greifswald entscheidet sich für ihren Namenspatron

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03-10 vom 23. Januar 2010

Abstimmungssieg zum Todestag
Vor 150 Jahren starb Ernst Moritz Arndt – Studentenschaft in Greifswald entscheidet sich für ihren Namenspatron

Viel Feind, viel Ehr“ lautet ein oft missbrauchtes Wort. Auf den am 26. Dezember 1769 im damals zu Schwedisch-Pommern gehörenden Groß Schoritz geborenen deutschen Schriftsteller Ernst Moritz Arndt trifft es jedoch zu. Napoleon zwang ihn zur Flucht und einem Leben im Untergrund wegen seiner Kritik am napoleonischen Imperialismus und der französischen Besatzungspolitik. Adlige Gutsbesitzer verklagten ihn wegen seines Werkes „Versuch einer Geschichte der Leibeigenschaft in Pommern und Rügen“, nach dessen Lektüre der schwedische König die Leibeigenschaft in Schwedisch-Pommern aufhob. Und die Reaktionäre des Vormärz entzogen ihm Lehrerlaubnis und Professur wegen „demagogischer Umtriebe“. Auch sein Engagement im Frankfurter Paulskirchenparlament, dessen Kaiserdeputation er angehörte, gereichte einem Angehörigen der nationalliberalen Bewegung zur Ehre. Ernst Moritz Arndt erfüllt insofern also an sich die besten Voraussetzungen, in seinem Land als National­idol gefeiert zu werden. Und in der Tat wurde er nach seinem Tod vor 150 Jahren, am 29. Januar 1860 in Bonn, generationenlang entsprechend geehrt.

Auch die beiden totalitären Regime des 20. Jahrhunderts hielten seinen Namen in Ehre. Die Nationalsozialisten gaben der Universität Greifswald als seiner langjährigen Wirkungsstätte seinen Namen, und die Sozialisten behielten diese Namensgebung nach einer Unterbrechung bei.

Seit nunmehr einem Jahrzehnt wird allerdings die Umbenennung gefordert. Auslöser war ein Artikel in der „Zeit“ vom 5. November 1998 mit dem Titel „Fataler Patron“, in dem Ernst Moritz Arndt vorgehalten wird, sich über Franzosen und punktuell auch über Juden negativ geäußert zu haben.  Sollte die Universität der Forderung nach einer Umbenennung nachkommen, würde sie sich in eine Tradition stellen mit den Gegnern der Bauernbefreiung, mit den napoleonischen Besatzern und mit den reaktionären „Demagogen“-Verfolgern des Vormärz.

Wenn die endgültige Entscheidung auch noch aussteht, so liegt doch immerhin ein Votum der Basis, sprich der Studentenschaft, vor. Trotz eingehender Agitation der Initiative „Uni ohne Arndt“ stimmte bei einer Urabstimmung eine knappe Mehrheit der Greifswalder Studenten gegen eine Umbenennung. Die Wahlbeteiligung lag bei rund 23 Prozent, was für Studentenwahlen ordentlich ist. Rechnet man die Enthaltungen und ungültigen Stimmen heraus, votierten 53 Prozent für die Beibehaltung des Namens, 47 Prozent dagegen. 181 Stimmen brachten die Entscheidung.

„Durch dieses Ergebnis müssten wir konsequenterweise den Namen wieder aufnehmen“, kommentiert die Asta-Vorsitzende Solvejg Jenssen das Ergebnis folgerichtig im Sinne der studentischen Forderung nach Basisdemokratie. Die Verlierer hingegen wollen trotz des Basisentscheids weitermachen. Der Student Sebastian Jabbusch relativiert das demokratische Votum der Basis zum „Punkt der Pro-Arndt-Seite“ und Maria-Theresia Schafmeister, Professorin und Senatsvorsitzende, gar zum „Unentschieden“. Sie setzen nun auf die alles entscheidende Sitzung des Senats vom 17. März, in der Hoffnung, dass dieses demokratisch weniger legitimierte Hochschulorgan sich gegen das demokratische Votum der Basis entscheiden wird. Manuel Ruoff


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren