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23.01.10 / Politik auf unsere Kosten / Alles umwirbt die politische Mitte, doch die gesellschaftliche interessiert kaum

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03-10 vom 23. Januar 2010

Politik auf unsere Kosten
Alles umwirbt die politische Mitte, doch die gesellschaftliche interessiert kaum

Eigentlich dürfte „Die Ausplünderung der Mittelschicht – Alternativen zur aktuellen Politik“ ein Buch sein, das alle Leser dieser Zeitung anspricht, denn wo Bürger mit einem durchschnittlichen Einkommen bei gleichzeitigem Interesse an Bildung und Leistung zu finden sind, da trifft man auf die Mittelschicht. Doch gerade zu Beginn verfällt Marc Beise, Leiter der Wirtschaftsredaktion der „Süddeutschen Zeitung“, zu sehr in das allgemeine Lamento um den Niedergang der Mittelschicht. Sie habe keine Lobby, alles drehe sich nur um ganz Arme oder ganz Reiche, ihr gehe es immer schlechter, sie würde schrumpfen und sei gleichzeitig statistisch schwer zu erfassen.

Der Autor, der sich auch als Mitglied der Mittelschicht sieht, identifiziert sich ziemlich emotional mit seiner Leserschaft. „Wir sind und bleiben die Helden der schwarzen Null am Monatsende“, klagt Beise und verweist darauf, dass es uns zwar so schlecht nicht ginge, doch der Staat ließe der Mittelschicht nach den vielen Abzügen anlässlich der solidarischen Umverteilung kaum finanziellen und gestalterischen Freiraum. Und dabei mache er auch noch Schulden, die vor allem die Mittelschicht irgendwann abtragen dürfe. Gab es 1950 noch eine öffentliche Pro-Kopf-Verschuldung von 188 Euro, waren es 1990 schon 8448 Euro. Heute sind es über 20000 Euro.

Nachdem sich der Autor durch die Erklärung und die Folgen der Finanzkrise gearbeitet hat, erklärt er jedoch durchaus anschaulich und spannend, inwieweit in den letzten Jahren vor allem gegen die Interessen der Mittelschicht Politik gemacht wurde.

„Auch wenn die Rentenversicherung heute als solide organisiert gilt, heißt das nur, dass sie in den nächsten Jahren nicht akut außer Kontrolle geraten wird.“ Ähnliches gelte für die Gesundheit und die Pflege. Auch zum Thema Hartz IV äußert sich Beise und merkt an, dass die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe, die bereits im ersten Jahr 30 statt der veranschlagten 21 Milliarden Euro kostete, eher nicht als Sozialabbau zu bezeichnen sei. Auch klärt der Autor darüber auf, wie in der öffentlichen, linken Meinungsmache ein sachlich durchaus positiv zu beurteilender Begriff wie

„Neoliberalismus“ diffamiert wurde. Auch würden die Reichen keineswegs immer reicher werden. So sei es „gerade eine Folge der Finanzkrise, dass die großen Vermögen sich deutlich verringert haben“.

Auch wundert sich Beise, warum der Steuerzahler spätestens seit Einführung der überall geltenden Steueridentifizierungsnummer transparenter werde, die Finanzaktionen des Staates hingegen immer undurchschaubarer würden.

Da gerade die Mittelschicht mit ihrem Streben nach gesellschaftlicher Anerkennung, nach mehr Geld, Bildung und individueller Sicherheit der Motor einer Volkswirtschaft sei, sei gerade ihr Frust und die damit verbundene Abkehr von Politik und Gesellschaft gefährlich.

„Man muss sich für alle Facetten des Lebens interessieren und seine Sinne entsprechend schärfen“, schreibt Beise nicht nur den gesellschaftlichen Eliten ins Stammbuch. Nur wer mitrede, die Wahrheit vertrage und Reformen mittrage, helfe, Deutschland fit für die Zukunft zu machen. Reformvorschläge gibt der Autor seinen Lesern gleich mit auf den Weg.          Rebecca Bellano

Marc Beise: „Die Ausplünderung der Mittelschicht – Alternativen zur aktuellen Politik“, DVA, München 2009, geb., 220 Seiten, 19,95 Euro


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