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06.02.10 / »Der Heimatbezug ist wichtig« / Warum der Verleger Dirk Ippen gegen Subventionen für den Journalismus ist und wo er dessen Zukunft sieht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 05-10 vom 06. Februar 2010

»Der Heimatbezug ist wichtig«
Warum der Verleger Dirk Ippen gegen Subventionen für den Journalismus ist und wo er dessen Zukunft sieht

Die Zeitungslandschaft ist im Umbruch. Das Internet hat die Lesegewohnheiten revolutioniert, die Auswirkungen auf die klassischen Zeitungen und damit auch auf das öffentliche Leben sind tiefgreifend. Dr. Dirk Ippen, einer der fünf größten deutschen Zeitungsverleger, beantwortet dazu Fragen von Konrad Badenheuer:

PAZ: Herr Ippen, wo stehen die deutschen Tages- und Wochenzeitungen in fünf bis zehn Jahren?

Dirk Ippen: Es wird sie geben, aber sie werden nicht mehr ganz die Bedeutung haben wie heute. Sie werden Nischen besetzen mit Inhalten, die in der digitalisierten Welt wertvoll bleiben.

PAZ: Bekommen wir eine Entwicklung wie in den USA, wo vor allem die Tagespresse in einer existenziellen Krise steckt?

Ippen: Nicht „eins zu eins“, weil der deutsche Zeitungsmarkt anders aufgestellt ist. Wir haben nationale, aber vor allem regionale Zeitungen mit 1500 lokalen Ausgaben. Sie bieten ihren Lesern etwas, was das Internet so nicht anbieten kann.

PAZ: Immer wieder mahnen Sie mehr Heimatbezug als Voraussetzung für erfolgreichen Zeitungsjournalismus an. Warum?

Ippen: Heimatbezug ist wichtig, aber nicht das einzige Element. Im Grunde sind es zwei Faktoren, mit denen die Zeitungen auf Dauer einen Vorsprung gegenüber Angeboten im Internet wahren können: Wirklich kluge nationale und weltweite Inhalte auf der einen Seite und tiefgründige lokale und regionale Inhalte auf der anderer Seite. Denn beides ist nicht so leicht aus dem Internet abzuleiten und darin abzubilden. Alles dazwischen hat es schwer. Wir leben einerseits in einem digitalen globalen Dorf, in der uns Nachrichten weltweit sofort erreichen, und andererseits in der realen Welt in unserem echten Dorf oder Stadtviertel.

PAZ: Warum kommen die Wochenzeitungen mit der vom Internet ausgelösten Umwälzung der Medienlandschaft, wenn man auf die Auflagenzahlen schaut, besser zurecht als die Tagespresse?

Ippen: Wir haben es mit Nutzern zu tun, insbesondere in der jungen Generation, die immer weniger Zeit zur Lektüre von Tageszeitungen einsetzen wollen. Viele frühstücken nur noch ganz kurz im Stehen oder überhaupt nicht mehr und könnten allenfalls noch in der S-Bahn kurz Zeitung lesen. Am Wochenende nehmen sich viele dann eher noch die Zeit zum Zeitungslesen.

PAZ: Google lebt prächtig davon, Inhalte zu erschließen und zu verknüpfen, zu denen es selbst nichts beigetragen hat. Der Nutzen dieser Aktivität ist klar, dennoch die Frage: Was bleibt vom gewachsenen Urheberrecht übrig?

Ippen: Die Ent- wicklung beim Urheberrecht liegt in der Hand des deutschen Gesetzgebers und ist offen. Das Urheberecht gilt auch für Google, und Zeitungen könnten Google die Verwertung ihrer Inhalte durchaus verbieten. Sie tun es aber nicht, weil sie auch auf diesem Weg gefunden werden wollen. Auch das Einscannen alter Bücher geschieht urheberrechtskonform, weil die entsprechenden Rechte erloschen sind. Hier werden Millionenbeträge investiert und ein Kulturgut bewahrt...

PAZ: Die Frage war nicht als Kritik an den Suchmaschinen gemeint, sondern zielte darauf ab, dass aufwendg erarbeitete Inhalte, sobald sie einmal im Internet sind, dem Urheber normalerweise keine weiteren Einnahmen bescheren. Hat das nicht problematische Rückwirkungen auf die Bereitschaft, solche Inhalte zu schaffen?

Ippen: Das trifft wohl vielfach zu, aber dieser Herausforderung müssen sich alle stellen, die im Medienbereich tätig sind.

PAZ: Es gab schon Rufe nach staatlichen Subventionen etwa für Zeitungsabonnements, um dem Qualitätsjournalismus wirtschaftlich eine Zukunft zu sichern.

Ippen: Das sehe ich absolut kritisch! Die Presse muss unabhängig und staatsfern sein und bleiben. „Wes Brot ich ess, des Lied ich sing!“ wäre sonst die unausweichliche Folge. Ohnehin gehen solche Initiativen, wie sie etwa der französische Präsident Sarkozy entwickelt hat, der jungen Menschen Zeitungsabonnements schenken lässt, am Kern der Sache vorbei: Das Problem ist ja meistens nicht das Geld, sondern das fehlende Interesse, diese Zeitungen auch zu lesen. Ich halte das staatliche Engagement in diesem Bereich für Wahnsinn.

PAZ: Wenn die etablierten Medien bestimmte Inhalte – beispielsweise die Ja-Position in der Schweizer Minarett-Debatte – ignorieren, entsteht dadurch eine Chance für kleinere Medien, die  diese Lücke seriös füllen?

Ippen: Ich kann nicht sehen, dass in der Debatte vor dem Schweizer Minarett-Referendum in den dortigen Medien nicht beide Positionen ausführlich zu Wort gekommen wären.

PAZ: Dort wohl ja, aber in Deutschland kaum, sowohl vor als auch nach der Entscheidung. Dabei gibt es bei uns dieselben Integrationsprobleme, über die sonst viel diskutiert wird.

Ippen: Das hängt womöglich auch mit der unterschiedlichen Rechtslage zusammen. Nach meinem Verständnis wäre ein Bauverbot für Minarette in Deutschland wegen der verfassungsmäßig garantierten Religionsfreiheit unzulässig. Die Toleranz, gerade in religiösen Fragen, ist ja auch ein wichtiger preußischer Gedanke.

PAZ: Stichwort Religion. Vor vier Jahren haben Sie ein Buch mit geistlichen Liedern („Von guten Mächten wunderbar geborgen…“) herausgegeben. Steckt darin auch eine ganz persönliche Stellungnahme von Dirk Ippen?

Ippen: Ja, selbstverständlich! Aus den Texten in diesem Buch spricht vor allem dreierlei. Sie sind zunächst einmal Bekenntnisse einer tiefen Gläubigkeit. Sie reflektieren zum anderen eine kulturelle Welt, in der wir alle − ich jedenfalls − großgeworden sind. Und drittens sind sie in einer sehr schönen Sprache abgefasst, die es verdient, aus dem engen Rahmen eines kirchlichen Gesangbuchs hervorgeholt und weiter verbreitet zu werden.

PAZ: Herr Ippen, Sie sind einer der erfolgreichsten deutschen Zeitungsverleger. Welche Chance geben Sie dem Kioskverkauf der PAZ?

Ippen: Ich finde es richtig, dass Sie das versuchen und wünsche Ihnen allen Erfolg, den Sie in einer Nische durchaus finden können. Preußen hat viele Tugenden und bewahrenswerten Eigenschaften, ich denke nur an das Prinzip „Mehr Sein als Scheinen“ und an die beiden Melodien des wiederhergestellten Glockenspiels der Potsdamer Garnisonkirche „Großer Gott, wir loben Dich“ und „Üb’ immer treu und Redlichkeit“.

Neben allen Schattenseiten, vor allem dem Militarismus und der immer wieder erkennbaren Tendenz in der preußischen Geschichte, militärisch alles auf eine Karte zu setzen, stehen diese hellen Seiten. Nehmen Sie nur die preußische Toleranz. Einwanderer, überwiegend Religionsflüchtlinge, haben Preußen groß gemacht. Ich muss hier immer wieder an das Wort Friedrichs des Großen denken: „Alle Religionen sind gleich und gut, wenn nur die Leute, die sie ausüben, ehrliche Leute sind; und wenn Türken und Heiden kämen und wollten das Land peuplieren, so wollen wir ihnen Moscheen und Kirchen bauen.“

Foto: „Staatliche Geschenkabos wären ein Wahnsinn“: Der Verleger Dirk Ippen gibt unter anderem den „Münchner Merkur“ und die „tz“ heraus.            Bild: pa


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