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© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 05-10 vom 06. Februar 2010
Stimme der Mäßigung Es ist tragisch für das Canisius-Kolleg, dass der gute Ruf jetzt beschädigt ist. Es galt stets als Eliteschule, und als Fluchtpunkt für besorgte Eltern, die ihr Kind nicht an eine normale „Krawallschule“ schicken wollten. Aber nun sieht es so aus, als sei das alles nur eine schöne Fassade, hinter der sich üble Dinge abgespielt haben. Kindesmissbrauch ist eine schlimme Sache, und wenn die Anschuldigungen stimmen sollten, dann hätten zwei Priester ihre Schutzbefohlenen jahrelang mehr als nur gepeinigt. Sie gehörten bestraft. Die Schulleitung hätte vielleicht noch stärker gegen mögliche Verfehlungen vorgehen müssen, aber von einer Kultur des Wegschauens kann keine Rede sein. Schließlich wurden die beiden Ordensbrüder aus dem Schuldienst entfernt. Jesuiten sind sie auch nicht mehr. Beides geschah ebenfalls vor Jahrzehnten, gleich nach Bekanntwerden der Verfehlungen. Nun aber wird, als sei die Sache gerade erst ans Licht gekommen, das Kolleg zum Abschuss freigegeben. Zu denken geben sollten drei Dinge. Erstens haben die Opfer sehr lange geschwiegen. Sie waren zur Tatzeit zwischen 13 und 17 Jahren alt, heißt es. Also zumindest mehrheitlich nicht mehr in einem Alter, in dem sich ein Junge so ohne weiteres missbrauchen lässt, noch dazu, ohne recht zu wissen, was ihm geschieht. Zweitens haben mehrere der mutmaßlichen Opfer von damals später auch ihre Kinder an das Canisius-Kolleg gebracht. Wer als Schüler ein Trauma erlebt hätte, weil er missbraucht wurde, der brächte doch nicht hinterher seine eigenen Kinder an die Schule seines Grauens. Vor diesem Hintergrund muss wohl, drittens, nach den Motiven der angeblichen Opfer gefragt werden. Sie könnten eine finanzielle Entschädigung vom Orden verlangen. Die Chance ist günstig, jetzt auf diesen Zug aufzuspringen. Denken wir nur an den gescheiterten Prozess gegen den tragischen Popstar Michael Jackson vor einigen Jahren: Manchmal stellt sich auch ein glaubwürdig vorgetragener Missbrauchsvorwurf bei genauerem Hinsehen als unbegründet heraus. Das „Opfer“ wollte nur Geld. Gerade weil das Delikt Kindesmissbrauch so abscheulich ist, ist mit solchen Vorwürfen besonders behutsam umzugehen, sind Vorverurteilungen zu vermeiden. Die Gefahr besteht, dass vor allem eingefahrene Feindbilder (konfessionelle Schule, katholischer Orden) den Hauptantrieb bilden für linke Empörungsbereitschaft. Und um dem Vorwurf zu entgehen, er verharmlose, ja decke gar Kindesmissbrauch, wagt es niemand, die Stimme der Mäßigung zu ergreifen. |
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