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06.02.10 / Angst vor Domino-Effekten / Eigentlich will Deutschland den klammen Griechen nicht helfen, doch die Alternativen schrecken ab

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 05-10 vom 06. Februar 2010

Angst vor Domino-Effekten
Eigentlich will Deutschland den klammen Griechen nicht helfen, doch die Alternativen schrecken ab

Das besonders gebeutelte Irland bewältigt aus eigener Kraft die Folgen der Wirtschaftkrise. Ähnliches traut Berlin Griechenland aus guten Gründen nicht zu.

Die Formulierung lässt nichts Gutes ahnen: Aus Berlin verlautet, die Bundesregierung sei „zuversichtlich“, dass Griechenland seine Finanzprobleme in den Griff bekomme und den Staatsbankrott aus eigener Kraft abwenden werde. Aus der feinen Diplomatensprache übersetzt heißt das: Die Sache ist gelaufen, ohne fremde Hilfe schaffen die Griechen das nie. Denn wäre Berlin wirklich zuversichtlicht, hätte die Bundesregierung ihren Optimismus in Worte wie „absolut sicher“ gekleidet und keinen Zweifel aufkommen lassen, dass sie vollkommen auf die griechischen Beteuerungen baue.

Die Finanzmärkte wissen, was gespielt wird, und setzen zur Flucht an: Um seine Staatsanleihen loszuwerden, musste Athen Ende vergangener Woche bereits über sieben Prozent Zinsen bieten. Das ist mehr als das doppelte des deutschen Satzes für zehnjährige Staatsanleihen. Dies legt offen, wie das Vertrauen in die Zahlungsfähigkeit der Hellenen schwindet. Wie am gewöhnlichen Kreditmarkt für jedermann entscheidet auch im Falle von Staatsanleihen die Kreditwürdigkeit des Schuldners darüber, wie hoch die Zinsen sind, die er zahlen muss.

Die „Financial Times Deutschland“ will aus gleich mehreren hochrangigen Quellen erfahren haben, dass in den entscheidenden europäischen Hauptstädten bereits Gespräche laufen, wie Griechenland zu retten sei. Dabei wachse insbesondere der Druck auf Berlin, den Weg für den „Griechen-Bail-out“ freizumachen. Das englische Wort „Bailout“ (Herauskaufen) machte auch im deutschen Sprachraum erst unlängst Karriere. Damit wurden die milliardenschweren Staatseingriffe zur Rettung maroder Banken bezeichnet. Nun geht es um ein ganzes Land.

Dass Deutschland, zuvorderst Kanzlerin Angela Merkel (CDU), jeden Gedanken an deutsche Unterstützungszahlungen an Griechenland immer noch energisch von sich weist, hat taktische wie strategische Gründe. Taktisch geht es der Bundesregierung darum, die deutschen Gemüter zu beruhigen. Von Flensburg bis Füssen ist bekannt, dass Griechenland seit seinem EG-Beitritt 1981 zu den Hauptprofiteuren der Gemeinschaft zählt, während Deutschland als Hauptnettozahler für die Fördermittel aufzukommen hatte. Zudem machte Schlagzeilen, wie Athen seinen Zutritt zum Euro nur durch Lug und Trug ergaunerte und bis vergangenen Herbst weiterhin mit gefälschten Haushaltszahlen operierte.

Wie sich zeigt, haben die Griechen die in drei Jahrzehnten eingestrichenen Milliarden nicht einmal dazu benutzt, ihr Land wettbewerbsfähiger zu machen, sondern das Geld für soziale Wohltaten verpulvert, die sie sich aus eigener Kraft nie hätten leisten können. Eine Bundesregierung, die sich vor diesem Hintergrund zu weiteren Zahlungen an Athen breitschlagen lässt, muss  mit dem Zorn der deutschen Wähler rechnen.

Hinzu kommt die strategische Furcht vor einem Domino-Effekt durch das schlechte Beispiel: Andere Wackelkandidaten wie Spanien, Portugal oder Zypern könnten sich ermutigt sehen, ihre eigenen Anstrengungen zur Haushaltssanierung schleifen zu lassen in der Hoffnung, wie Griechenland schließlich „herausgekauft“ zu werden. Doch würde ein „Bailout“ im Falle des ungleich größeren Spanien die Belastungsfähigkeit selbst der stabileren Euro-Länder wie Deutschland oder Frankreich wohl übersteigen.

Das ebenfalls schwer in Schieflage geratene Irland ist ein erfreulicher Sonderfall: Die Iren nehmen klaglos hin, dass ihre Regierung drastische Kürzungen in allen Bereichen vornimmt und aktivieren so ihre Selbstheilungskräfte. In Griechenland hingegen haben schon erste Ankündigungen von Kürzungen, welche die Regierung von Giorgos Papandreou unter dem Druck der EU machen musste, zu Protesten geführt. Auch in Spanien oder Portugal schrecken die Regierenden vor schmerzlichen Einschnitten noch zurück.

Warum Deutschland dem Hilfeersuchen der Griechen dennoch mit höchster Wahrscheinlichkeit  nachgeben wird? Schon jetzt ist der Euro aufgrund der Gerüchte über einen möglichen Staatsbankrott Griechenlands unter Druck geraten. Der Zusammenbruch eines Euro-Landes (das hieße, dass Griechenland seine Staatsanleihen nicht mehr bedient, diese womöglich vollständig verfallen lässt) könnte die gesamte Einheitswährung gefährden.

Zumal auch hier ein Domino-Effekt droht: Aufgeschreckt durch die Verluste von Anlegern, die durch einen griechischen Staatsbankrott alles verloren haben, könnten Investoren aus den Schuldpapieren Spaniens, Portugals und Italiens fliehen. Das würde auch diese Länder an den Rand der Zahlungsunfähigkeit führen – für den Euro eine tödliche Gefahr.

Allein deshalb wird Berlin einspringen, sei es durch direkte Kredite Deutschlands an Athen oder andere, womöglich etwas versteck-tere Instrumente der Finanzhilfe. Um den erstgenannten Domino-Effekt möglichst zu vermeiden, möchte man die Griechen jedoch offenkundig erst einmal zappeln lassen. Das Kalkül: Kein potenzieller Nachahmer soll sich einbilden, dass der Weg zu Beihilfen durch stärkere Euro-Partner ein leichter wäre. Somit soll Athens Regierung zunächst durch ein Stahlbad radikaler Etatkürzungen und heftiger sozialer Proteste gejagt werden, ehe die Partner, Deutschland voran, ihre Geldbörsen öffnen. Hans Heckel

Foto: Drohen gar weitere Unruhen in Athen? Schon vor der Krise zeigten sich viele junge, arbeitslose Griechen krawallbereit.      Bild: interTopics


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