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06.02.10 / Brüssel prüft Swift / Kontroverse um Datenweitergabe an die USA schwelt weiter

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 05-10 vom 06. Februar 2010

Brüssel prüft Swift
Kontroverse um Datenweitergabe an die USA schwelt weiter

Das Europäische Parlament steht vor einer Glaubwürdigkeitssprobe. Nun wird sich zeigen, ob die größeren Kompetenzen, die ihm mit Inkafttreten des „Reform-Vertrags“ zu Jahresbeginn angeblich eingeräumt wurden und die ein Hauptargument der Vertragsbefürworter waren, in der Praxis existieren.

Konkret geht es um das Bankenüberweisungssystem Swift und darum, wer darauf legalen Zugriff haben soll. Die Transaktionsdaten von Swift waren nämlich über einen Swift-Server in den USA mindestens seit dem „11. September“ systematisch „abgeschöpft“ worden, angeblich um die Finanzierung von Terrororganisationen zu durchleuchten und zu unterbinden.

Tatsächlich aber war und ist das Hauptinteresse der USA – und aller Staaten mit Finanzproblemen – die Aufdeckung von Steuerhinterziehung. Dafür ist man sogar bereit, gestohlene Daten zu „kaufen“, wie die jüngste deutsch-schweizerische Kontroverse zeigt.

Als der Skandal 2006 aufflog, konnte die EU den Missbrauch zwar nicht stoppen. Sie schloss aber ein Abkommen mit den USA, in dem sich Washington zu Datenschutzauflagen verpflichtetet, die den europäischen Normen entgegenkommen. Ein von der EU in Auftrag gegebener Bericht Anfang 2009 soll zwar besagen, dass die USA das Abkommen eingehalten hätten – doch der Bericht selbst blieb unter Verschluss.

Das belgische Unternehmen Swift seinerseits beschloss, auf ein neues Kodierungssystem umzustellen und nur mehr über Server in Europa zu arbeiten. Dieses neue System ging 2009 in Betrieb – und prompt kam Druck aus den USA, auch den Zugriff darauf zu gestatten. Die EU-Kommission gab dem „Wunsch“ erwartungsgemäß nach, und die EU-Innenminister peitschten den Vertrag noch vor Ende 2009 durch. Also noch vor Inkrafttreten des Reformvertrags, denn es ist eben leichter, ein paar Dutzend Kommissare und Minister auf Linie zu bringen als die Masse der Abgeordneten.

Unter EU-Parlamentariern herrscht daher jetzt einige Erregung. Denn nicht nur dass man sie umgangen hatte: Der Text des mit 1. Februar bereits in Kraft getretenen Vertrags ging ihnen erst Ende Januar zu, angeblich wegen der Übersetzungen. Jetzt wird gedroht, den Vertrag, der vorläufig bis Oktober gilt und danach durch ein dauerhaftes Abkommen ersetzt werden soll, nachträglich zu kippen.

Was wird also am 10. Februar geschehen, wenn darüber abgestimmt werden soll? Schon regen sich Stimmen, vor allem in der EVP, die auf die „Nützlichkeit“ des Abkommens bei der Terrorbekämpfung oder auf die „Nachteile“ einer Ablehnung verweisen. Man denkt wohl auch an den Schlammassel der Schweizer Regierung, weil sich das Bankdatenabkommen, das ihr von den USA aufgezwungen wurde, als verfassungswidrig entpuppte. Außer Zweifel steht, dass unter dem Etikett „Terrorbekämpfung“ Souveränitäts- und Persönlichkeitsrechte laufend weiter eingeschränkt oder gestrichen werden. Ersatzlos. Richard G. Kerschhofer


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