19.04.2024

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13.02.10 / Hildegard Rauschenbach ist tot

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06-10 vom 13. Februar 2010

Hildegard Rauschenbach ist tot

Man hat es erwartet, sie selbst hat es sich manchmal herbeigesehnt und doch schlug die Nachricht vom Tod der Kulturpreisträgerin Hildegard Rauschenbach wie ein Blitz ein. Ihre regelmäßigen Anrufe in der Redaktion der PAZ gehörten zu einem Ritual, das ihre Verbindung zu uns zeigte. In den letzten Wochen, ja Monaten ging es ihr schlecht. Die Dialyse schwächte sie, hinzu kamen andere schwere Erkrankungen, deren Ursache nicht zuletzt in ihrer dreieinhalbjährigen Gefangenschaft in Sibirien zu suchen sind.

In Dickschen, Kreis Pillkallen, am 15. März 1926 als Hildegard Mischke geboren, verlebte sie eine fröhliche Kindheit, von der sie später in vielen Geschichten so anschaulich erzählte. Urspünglich wollte sie Musiklehrerin werden. Der Krieg aber machte diesen Traum zunichte. Hildegard kehrte im Januar 1944 von Königsberg nach Hause zurück, um den Eltern auf dem Hof zur Seite zu stehen; der älteste Bruder war gefallen. Im Oktober des selben Jahres musste die Familie vor der herannahenden Roten Armee flüchten. Hildegard wurde ins ferne Sibirien verschleppt und musste Zwangsarbeit leisten. Unvorstellbar die Entbehrungen, die harte Arbeit, die Frauen und Mädchen dort leisten mussten. Hinzu kam das Heimweh nach den Lieben zu Hause. Erst 45 Jahre später gelang es ihr, sich diese Erlebnisse von der Seele zu schreiben: In dem Buch „Von Pillkallen nach Schadrinsk“ schildert sie ihre Zeit im Lager 6437 – und auch das Wiedersehen nach 43 Jahren. Selbst nach diesen schweren Erlebnissen lag ihr die Versöhnung besonders am Herzen. Diese Erinnerungen zeigen eindrucksvoll, „dass man trotz allem Schweren, was einem widerfahren ist, verzeihen und ein fröhlicher Mensch sein kann“. Sogar im Reichstag konnte sie vor einigen Jahren vor einem ausgesuchten Plenum über ihre Erfahrungen in Sibirien berichten.

Die Ostpreußin, die seit 1950 mit ihrer Familie in Berlin lebte, hat in ihren Geschichten und Gedichten in Mundart oder Platt das dörfliche Leben in Ostpreußen lebendig geschildert. Ihre Bücher „Zuhause in Pillkallen“, „Marjellchen wird Berlinerin“, „Koddrig und lustig“ und „Marjellchen plachandert wieder“ haben eine große Lesergemeinde erfreut. Nicht zu vergessen ihre Beiträge in der Wochenzeitung Preußische Allgemeine Zeitung / Das Ostpreußenblatt. Mit ihrem Einsatz für das heimatliche Plattdeutsch in der von ihr ins Leben gerufenen Berliner Gruppe Ostpreußisch Platt setzte sie darüber hinaus Akzente. Im Jahr 2008 wurde sie von der Landsmannschaft Ostpreußen mit der Verleihung des Kulturpreises für Publizistik geehrt.

Am 7. Februar hat Hildegard Rauschenbach in Berlin für immer ihre Augen geschlossen. Und so traurig der Gedanke an ihren Tod auch stimmt – Hildchen ist jetzt zu Hause.     Silke Osman


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