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13.02.10 / Rettendes Verlies / Jüdin überlebte im Kellerloch

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06-10 vom 13. Februar 2010

Rettendes Verlies
Jüdin überlebte im Kellerloch

Man möchte meinen, Geschichten über ein Gefängnis in einem finsteren Keller stammten aus einem Psychothriller. Für die heute in New Jersey lebende, 82-jährige Clara Kramer war dieses Kellerloch jedoch die Rettung vor den Mördern der SS im Zweiten Weltkrieg.

Als die Nazis 1941 das bis dato von der Roten Armee besetzte polnische Städtchen Zolkiew, das heutige ukrainische Schowkwa, besetzten, mussten die dort lebenden Juden um ihr Leben fürchten. Auch die Familie der damals 15-jährigen Clara Kramer begann sich im Dezember 1942 ernsthafte Sorgen zu machen, als das Gerücht einer „akcja“, einer Massendeportation, umging.

Unter dem Haus des Volksdeutschen Beck grub die Familie mit zwei weiteren jüdischen Familien ein Versteck. Jedoch war Beck kein Judenfreund. Er erklärte sich erst auf Drängen seiner Frau und gegen Bezahlung dazu bereit zu helfen, nicht wissend, worauf er sich da eingelassen hatte.

Gemäß Claras Tagebuchaufzeichnungen verbrachten sie und die anderen 18 Monate in dem schlecht isolierten, beengten Kellerloch. Claras Aufgabe war es, ab Einzug in den Keller alle Geschehnisse für die Nachwelt in einem Tagebuch festzuhalten. Mangelnde Hygiene, wenig Essen, kaum Wasser, Hitze und Kälte, die Angst vor dem Entdecktwerden oder dem Krankwerden, die quälende Enge, allem waren die drei Familien dort unten hilflos ausgeliefert.

Als Claras Vater das Geld ausging, und Herr Beck somit nicht nur für sich, seine Frau und seine Tochter in Kriegszeiten für Nahrung sorgen musste, warf Herr Beck die jüdischen Familien nicht aus seinem Haus und riskierte somit auch sein eigenes Leben.

„Dienstag 9. Mai (1944). Man sollte meinen, dass Menschen wie wir, die dem Tod so oft ins Auge sehen, sich daran gewöhnen. Doch das Gegenteil trifft zu. Je größer die Gefahr ist, dass wir sterben, desto größer wird auch unsere Angst. Man will leben, trotz allem, egal wie. Jeden Tag sehen wir dem Tod ins Auge, und jeder Tag hat seine eigene Geschichte. Wenn wir wenigstens wüssten, wie lange wir noch leiden müssen. Wir sitzen hier und wissen nicht einmal, ob nicht alles vergebens war.“

Man mag sich kaum vorstellen auch nur einen Tag lang in einem Kellerloch eingesperrt zu sein, von 18 Monaten ganz zu schweigen. Clara Kramer und ein Großteil ihrer Familie überlebten diese schwere Zeit. Als die Russen Zolkiew im Juni 1944 zurückeroberten, gehörten sie und ihre Familie zu den 50 überlebenden jüdischen Einwohnern von einst 5000.

Als das Ehepaar Beck nach dem Krieg von den Russen als Spione verhaftet und zum Tode verurteilt wurde, kam die einmalige Gelegenheit, sich für die Rettung zu revanchieren. Denn was hätte den Volksdeutschen Beck jemals mehr entlasten können als die detailgetreuen Tagebuchaufzeichnungen eines jungen Mädchens.

„Eine Handbreit Hoffnung – Die Geschichte meiner wunderbaren Rettung“ ist eine mitreißende, wahre Geschichte über Leid, unendliche Ängste und den verbissenen Kampf dreier jüdischer Familien ums nackte Überleben. A. Ney

Clara Kramer: „Eine Handbreit Hoffnung“, Droemer, München 2009, geb., 398 Seiten, 19,95 Euro


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