24.04.2024

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13.02.10 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06-10 vom 13. Februar 2010

Stufe härter / Wie uns im Februar der Winter überraschte, wie Westerwelle langsam verschwindet, und wie Holland schnell wieder auftaucht
Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

Ja, es ist kalt in Deutschland. Das kann inzwischen niemand mehr bestreiten, nicht einmal der Senat der „deutschen Klimahauptstadt“. Ja, sowas haben wir auch, nicht lachen. Hamburg hat sich diesen pitoresken Ehrentitel selber umgehängt und zeigt ihn unter den genervten Nachbarn eifrig herum: Schaut mal, wie wir funkeln!

Der Titel verpflichtet. Daher stehen die schwarz-grünen Regenten der Hansestadt in Treue fest zur Erderwärmung, weshalb sie Minusgrade, Schneewehen und Glatteis-Chaos bis vor wenigen Tagen konsequent ignorierten. Es kann nicht wirklich kalt sein, wenn uns alle ernstzunehmenden Wissenschaftler bestätigt haben, dass es immer wärmer wird.

Andere Städte und Gemeinden haben sich dem leuchtenden Beispiel von der Elbe angeschlossen und ihren Winterdienst ebenfalls in die Skiferien geschickt. Mittlerweile leeren sich die Straßen. Wer noch nicht in den Gängen der überfüllten Hospitäler über seine gebrochenen Haxen dahindämmert, der hat de facto Hausarrest. Zumindest jeder, der nicht mehr so gut auf den Beinen ist.

Anfang dieser Woche nun hatte Hamburgs Senatorin für Stadtentwicklung und Umwelt, Anja Hajduk, doch noch ein Einsehen und veranstaltete unter Medientrara einen „Glatteisgipfel“. Ja, es sei kalt, räumten die hochrangigen Vertreter aus den Bezirken der Stadt knapp zwei Monate nach Beginn der Frostphase nun doch noch ein. Daher komme auch die Glätte draußen. „Gipfel“-Ergebnis: Es soll gestreut werden. Und ein Meckertelefon wurde eingerichtet, wo den Anrufer seichte Flughafenmusik aus den 80ern und ein zart gehauchtes „Bitte haben Sie noch etwas Geduld“ vom Ärger kuriert.

Das haben sie wirklich drauf, unsere Politiker: Erst pennen, bis es an allen Ecken brennt, und dann die allerödesten Selbstverständlichkeiten zur ganz großen Nummer aufblasen.

Nicht nur die Hamburger haben reichlich spät bemerkt, dass sie aufs Eis geraten sind. Guido Westerwelle musste erst scheppernd hinknallen, bis ihm klar wurde, wie schmerzlich man auf uneinlösbaren Wahlversprechen ausrutschen kann. Aber er lässt sich nicht beirren. „Kurs halten“ lautet die Parole des Chefgelben. Den zittrigen Beifall seiner Kollegen in der Parteiführung deutet Westerwelle als kraftvolles Signal des Aufbruchs – „Stufe härter schalten“ lautet die tapfere Devise. Hart könnte es werden für die FDP, wenn im Mai in NRW gewählt wird.

Guido Westerwelle ist beleidigt, er hatte sich das im September alles ganz anders vorgestellt: Er, der funkelnde Prinz, befreit die schmachtende Angela aus dem Augiasstall der schwarz-roten Kuddelmuddel-Kompromisse und führt sie  ins strahlende Licht marktwirtschaftlicher Reinheit, wo sie viele glückliche Jahre miteinander verbringen würden. Ewig dankbar und treu wäre sie ihm.

Dankbar? Wofür? Im Kuddelmuddel fühlte sich Merkel in Wahrheit nämlich überaus wohl! Die erschreckendste Überraschung aber war, dass die Kanzlerin gefährlich viel gemein hat mit einer Gottesanbeterin: Merkel herzt ihre politischen Partner nicht, sie verdaut sie.

Von der CDU ragen schon nur noch ein paar abgemagerte Extremitäten hervor aus dem Riesencorpus ihrer Chefin. Die SPD barmte während der Großen Koalition ganz offen, die Kanzlerin möge doch wenigstens etwas von ihr übriglassen. Es blieben nur 23 Prozent. Noch vier weitere Jahre  Schwarz-Rot, und die Sozialdemokratie wäre wohl zur Gänze vertilgt worden.

Und nun die sowieso kümmerlich kleine FDP. „Stufe härter schalten“ erscheint hier wie das verzweifelte Gestrampel eines schon halb Verschlungenen. Und das nach nur vier Monaten! Guido Westerwelle ist bereits zum unbeliebtesten Außenminister seit Klaus Kinkel geschrumpft. Klaus wer? Ja, eben! Geschichte wollte Westerwelle machen, der neue Genscher sollte er werden. Dafür kroch er sogar in Warschau unterm Teppich durch. Und nun Klaus Kinkel. Ausgerechnet Kinkel, dieser spröde Kofferträger, an den sich schon heute niemand mehr erinnert. Fragen Sie mal jemanden, wer vor Joschka Fischer Außenminister war! Die meisten werden kurz grübeln und dann Genscher sagen. Dabei war Kinkel mit sechseinhalb Jahren fast genauso lange Außenamtschef wie sein grüner Nachfolger. Mit dem auf einer Stufe zu landen ist für Guido Westerwelle das böseste Omen, das ihm verkündet werden konnte.

So schnell kann’s hinabgehen von den Gipfeln des Zuspruchs hinab in den blubbernden Sumpf von Spott und Ablehnung. Das passiert selbst  den angesehensten Personen und Institutionen. Und wenn die meuchelnde Meute erst Blut gewittert hat, dann lässt sie ohnehin nicht mehr locker.

Passend zum gar nicht erwärmten Wetter hat es nun schon wieder den eben noch hochverehrten Weltklimarat IPCC erwischt. Der IPCC-„Sachstandsbericht“, sozusagen die broschierte Sorgenfalte des vom Untergang bedrohten Planeten, verkommt immer mehr zur Lachnummer.

Einiges hatten wir ja schon: Dass man sich beim voraussichtlichen Abschmelzen der Himalaya-Gletscher um über 300 Jahre vertan hatte, ist bereits rum. Vertan, nicht verrechnet, denn gerechnet wurde ja gar nicht. Die inkriminierten IPCC-Zahlen stammten aus irgendeinem zehn Jahre alten russischen Zeitschriften-Interview. Andere „Untersuchungsergebnisse“ entpuppten sich als plumpe Abschriften aus grünen Kampfblättern. Vor allem aber hatten uns die E-Mails von einem der Hauptzuträger des IPCC aus England gefesselt: Darin wurde unumwunden dazu aufgefordert, der noblen Sache wegen ruhig einmal Kritiker zu diffamieren und Zahlen zu schönen.

Wie hier etwa: Die Niederländer haben entdeckt, dass der IPCC haarsträubende Vorstellungen von der Geographie ihres Landes verbreitet: Danach lägen 55 Prozent des Königreichs unter dem Meeresspiegel, wo 65 Prozent seiner Wirtschaftsleistung erbracht würden. Wer von modernem Deichbau noch nichts gehört hat, dafür aber um so mehr vom stündlich steigenden Meeresspiegel, der sieht das hübsche Land von Käse und Cannabis praktisch schon abgesoffen – und genau das soll er auch nach dem Wunsch des IPCC.

Tatsächlich aber, so die pikierten Niederländer, liege ihr Land nur zu 26 Prozent unter Normalnull. Und dort würden auch bloß 19 Prozent der Wirtschaftsleistung erarbeitet. Außerdem fühlen sich die Holländer hinter ihren Deichen, den besten der Welt, weitaus sicherer als mancher Mittelgebirgsbewohner, der alle paar Jahre den angeschwollenen Dorfbach zu Besuch im Wohnzimmer hat.

In Brüssel bei der EU hat man einen Namen für Daten von der Qualität des IPCC-Berichts. Man nennt so etwas dort „griechische Zahlen“. Auf die armen Hellenen prasselt die versammelte Wut halb Europas nieder. Je nach Temperament nimmt sie jedoch ganz unterschiedliche Formen an. Der Kommentator der noblen „Frankfurter Allgemeinen“ beispielsweise resümierte: „Ob die Griechen habituell einem Hang zur ökonomischen Disziplinlosigkeit nachgegeben haben oder ob sie rechnend auf Hilfen spekuliert haben, mag dahingestellt sein.“ Ist das nicht zauberhaft formuliert? Derber ausgedrückt heißt das: Ob sie wirklich nur Luschen sind oder kaltblütige Betrüger, ist jetzt eh wurst.

Aber warum ist das so egal? Schwitzend und fluchend durchstöbern Athens wutentbrannte Partner das Euro-Vertragswerk nach Möglichkeiten, Strolche zu bestrafen. Leider jedoch waren sie es selbst, die im wonnevollen Gefühl vom „gemeinsamen europäischen Währungsraum“ Strafmaßnahmen völlig überflüssig fanden. Schließlich sei doch jedes neue EU- und erst recht jedes weitere Euro-Mitglied eine „Bereicherung für uns alle“. Man möchte seinen Europa-Abgeordneten spontan zum Abendbrot einladen. Zu essen gibt es seine Worte.


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