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20.02.10 / »Asiatische Clan-Mentalität und Korruption« / Russlands Parteien bereiten sich auf die Kommunalwahl im Königsberger Gebiet am 14. März vor – Mauscheleien

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 07-10 vom 20. Februar 2010

»Asiatische Clan-Mentalität und Korruption«
Russlands Parteien bereiten sich auf die Kommunalwahl im Königsberger Gebiet am 14. März vor – Mauscheleien

Kommunalwahl, „Abrechnung unter Clans“ oder beides wird die Region Königsberg am 14. März erleben. Offiziell sind die Landräte („Chefs der Regionalgebilde“) von Preußisch Eylau (Bagrationowsk), Tapiau (Gwardejsk), Cranz (Selenogradsk), Palmnicken (Jantarny) und Angerapp (Osjorks) zu wählen. Gekürt werden in diesen Bezirken sowie Labiau (Polesk), Tilsit (Sowetsk), Heinrichswalde (Slawsk) und Ludwigsort (Laduschkin) etc. auch die Abgeordneten der Gebietsräte: 17 Wahlgänge für 137000 Wähler, läppisch!

Gar nicht läppisch, finden die großen Parteien Russlands, die sich seit Jahresbeginn in Königsberg drängen: Putins „Einiges Russland“ hat 119 Kandidaten aufgeboten, die Alt-Stalinisten von Gennadij Sjuganovs „Kommunistischer Partei der Russischen Föderation“ 68, die populistische Sammelbewegung „Gerechtes Russland“ von Sergej Mironow 19, die „Liberalen“ des Polit-Clowns Wladimir Wolfowitsch  Schirinowski 14, dazu noch eine Handvoll Unabhängiger. Um die insgesamt 114 Abgeordnetensitze bewerben sich 416 Kandidaten, was aus Besitzgier verständlich ist: In Palmnicken (Jantarny), wollen vier Bewerber Chef und 347 Abgeordnete werden. Hier hat das Königsberger Bernstein-Kombinat, das angeblich größte der Welt, seinen Sitz. Wer da politischer Boss wird, hat ausgesorgt, wer zu spät kommt, den bestraft die Politik Russlands!

Deren hässliche Fratze zeigt sich im lauschigen Cranz (Selenogradsk), wo fünf Bewerber um den Chefposten und 82 um 17 Deputiertensitze streiten. Ein dortiges Mandat ist wie eine Lizenz zum Rubel-Drucken. Die Stadt ist Lieblingsausflugsziel der Königsberger und durch den „Nationalpark Kurische Nehrung“ und dessen Status als „touristische Erholungszone“ noch attraktiver geworden. Es wird dieses Jahr einen touristischen Bauboom erleben, aus dem die „Glücksspielzone Bernstein“ erwächst. Das Bauvorhaben hat den Wahlkampf in der Region „verschärft“, die „traditionell von Skandalen geprägt“ ist. In den letzten Jahren wurden drei Abgeordnete erschossen und mehrere Lokalpolitiker vor Gericht gestellt oder zur russlandweiten Fahndung ausgeschrieben.

Das – wahlrechtlich „dreckige“ – Cranz ist der Nagel zum Sarg der lokalen Wahlkommission unter Führung des mutigen Sergej Lunjow. Er kennt den Ort und mag ihn nicht, hat aber keine Chance: „In Selenogradsk bessert sich nichts“, so seine Meinung, „nur die kriminellen Methoden ändern sich“. Da wird die Wahlkommission mit Fehlalarmen oder Bombendrohungen aus ihrem Gebäude gescheucht. Da wurde am 26. Januar im Vorort Ludwigsort (Laduschkin), der kleinste Wahlkreis der Region (28 Quadratkilometer, 4000 Wahlberechtigte), der Abgeordnete Alexander Bewsjuk halb totgeschlagen aufgefunden. Wer die Täter waren, hat das „Antiterroristische Komitee“ der Region noch nicht entdeckt.

Nichts wird aufgedeckt. Die regionale Wahlkommission hat am 6. Februar einen „heißen Draht“ eingerichtet, über den Rechtsverstöße gemeldet werden können. Georgij Boos, als Gouverneur oberster Politiker der Region Königsberg, schlug vor, auf Wahlzetteln das Votum „gegen alle“ wieder einzuführen, um so die Wählermeinung besser zu erkunden. Und ähnliche Ideen mehr, die alle gut gemeint und nicht zu realisieren sind.

Denn in der Region Königsberg, der westlichsten der Russischen Föderation, sind die „asiatische Clan-Mentalität und Korruption auf allen Ebenen sehr stark vertreten“. So rügten oppositionelle Blätter schon Ende 2009 und führten drastische Beipiele an: Ehemaliger Regional-Boss von Cranz (Selenogradsk) ist Wladimir Schegeda, der frühere Wahlen derart manipulierte, dass er sich nun an keine Kandidatur mehr wagte. Dafür schickte er seinen Sohn Andrej an die Wahlfront, zumal seine Frau stellvertretende Bürgermeisterin und ihr Chef, Sergej Koschewoj, ein guter Freund von Schegeda ist.

Die Mauscheleien von Schegeda sind kein Einzelfall, denn Königsberg ist russischer Meister der Disziplin „klanovostj“ (Clan-Wesen). Der Sohn der Bildungsministerin Natalja Scherri ist Abgeordneter und Regionalchef der Putin-Partei „Einiges Russland“. Der Sohn des ehemaligen Verwaltungschefs von Königsberg Sergej Donskich ist ebenfalls Abgeordneter und hält 80 Prozent des regionalen Personenverkehrs unter seiner Kontrolle. Das schärfste Beispiel: Alexej Apanowitsch, Sohn des ehemaligen Vize-Kommandeurs der Baltischen Flotte und zweifelhafter Kommandant des angeblich von Piraten gekaperten Schiffs „Unerschrockener“, hat das alles nur inszeniert, um eine Karriere als Abgeordneter und Absahner zu starten. Wie er verfahren viele, was Kritiker nur seufzen lässt: „Das Resultat ist offenkundig: Die klägliche sozioökonomische Lage unserer Region hält keinen Vergleich mit europäischen Nachbarn und vielen russischen Regionen aus“.  Wolf Oschlies


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