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20.02.10 / Architekten schufen Gesamtkunstwerke / Alte Pinakothek rückt mit einer Ausstellung kostbare Rahmen in den Blickpunkt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 07-10 vom 20. Februar 2010

Architekten schufen Gesamtkunstwerke
Alte Pinakothek rückt mit einer Ausstellung kostbare Rahmen in den Blickpunkt

Das „Drumherum“ wird meist nicht beachtet. Doch ist das eine ohne das andere kaum denkbar. In der Alten Pinakothek zu München ist eine Ausstellung ausschließlich den Rahmen gewidmet, die kostbare Bilder umfassen.

Der spanische Philosoph José Ortega y Gasset (1883–1955) hat sich in seinem „Buch über die Liebe“ auch Gedanken über Bilderrahmen gemacht. Er schrieb: „Bilder leben eingehegt von ihren Rahmen. Diese Verbindung von Rahmen und Bild ist nicht zufällig. Eines bedarf des anderen. Ein Bild ohne Rahmen sieht aus wie ein geplünderter nackter Mensch. Sein Inhalt läuft an den vier Seiten der Leinwand über und verflüchtigt sich in der Luft. Umgekehrt verlangt der Rahmen ein Bild zu seiner Erfüllung.“

So wichtig der Rahmen auch ist, der Besucher einer Ausstellung, wird kaum auf ihn achten, sondern sich eher an die Bilder erinnern. Ortega y Gasset: „Gehe ein jeder seine Erinnerungen an die Gemälde durch, die er am besten kennt; er wird rasch bemerken, dass er sich nicht auf die Rahmen besinnen kann, von denen sie eingefasst sind. Einen Rahmen sehen wir nur, wenn wir ihn in der Werkstatt des Schreiners sehen, das heißt, wenn er seiner Funktion entzogen, wenn er zur Disposition gestellt ist.“ In München steht derzeit der Rahmen im Mittelpunkt einer Ausstellung der Alten Pinakothek, in der Rahmenkunst und Rahmengeschichte aus vier Jahrhunderten gezeigt werden. Dazu wurden etwa 4000 Rahmen und Bilder im Gemäldedepot gesichtet. 92 Rahmen wurden schließlich ausgewählt und können eingehend betrachtet werden. Entwürfe von verschiedenen Künstlern, die nachweislich für die Kurfürsten von Bayern und der Pfalz sowie für verschiedene bayerische Kirchenfürsten gearbeitet und Rahmen entworfen haben, werden in der Ausstellung gezeigt und mit den erhaltenen Rahmen konfrontiert.

„Der Bogen spannt sich vom Kapselrahmen des 16. Jahrhunderts bis zu den Rahmen des Klassizismus und Empire. Vom Prunkrahmen bis zum Miniaturrahmen zeigt diese Präsentation sämtliche Gattungen der Rahmenkunst: Besonders hervorzuheben sind dabei der holländische Kabinett- und Lutmarahmen (benannt nach dem holländischen Silberschmied Jan Lutma der Ältere) sowie Rahmen mit Intarsien und die Trophäenrahmen des Rokoko“, so die Kuratorin Helge Siefert. „Darüber hinaus bietet die Ausstellung einen Überblick über die Geschichte der Rahmen in den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, die durch die verschiedenen Provenienzen von hohem Interesse und von unglaublicher Vielfalt sind.“ Schon früher beschäftigte man sich mit den Rahmen der kostbaren Bilder. „So ließ Kurfürst Maximilian I. die Werke, die er in der Kammergalerie ausstellen wollte, mit einer neuen, schlichten, sparsam verzierten Leiste mit filigranen Ornamenten versehen. Er entschied sich bewusst für eine unaufdringliche Art der Rahmung, um den Gesamteindruck nicht zu mindern“, erläutert Klaus Schrenk, Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen im Vorwort zum Katalog der Ausstellung. „Kurfürst Max Emanuel von Bayern hatte sich dagegen durch die langen Jahre als Statthalter in Brüssel mit den großen flämischen Sammlungen auseinandergesetzt. Er lernte im Exil in St. Cloud die großen Gemäldesammlungen des Herzogs Philipp von Orléans und die des Königs Ludwig XIV. von Frankreich schätzen. Man achtete auf sorgfältige Rahmungen, die dem jeweiligen Ambiente angepasst und häufig auch zumindest durch die königliche Lilie gekennzeichnet waren. Diese Tradition hat er zwar nicht aufgenommen, dennoch aber französische Prunkrahmen aus dem Exil mitgebracht. Das handwerkliche Können der Hoflieferanten scheint ihn so beeindruckt zu haben, dass er viele Mitarbeiter zur Ausbildung nach Paris schick-te, um schließlich eine Hofwerkstatt zu gründen.“

Auch in Preußen war man um eine gefällige Rahmung der in den Museen ausgestellten Kunstwerke bemüht. Ein herausragendes Beispiel ist das Alte Museum in Berlin, 1825 bis 1828 von Karl Friedrich Schinkel (1781–1841) im Stil des Klassizismus errichtet. Das denkmalgeschützte Bauwerk gehört zu den bedeutendsten des Klassizismus und gilt als ein Höhepunkt im Schaffen Schinkels. Es ist Teil des Gebäudeensembles auf der Museumsinsel, das 1999 von der Unesco in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen wurde. Als es am 3. August 1830 eröffnet wurde, waren dort antike Kunst sowie Malerei vom 14. bis zum 18. Jahrhundert zu sehen. 346 Gemälde stammten aus den preußischen Königsschlössern, etwa 850 Werke waren in den Jahren vor der Eröffnung angekauft worden. Ein Großteil dieser Gemälde war aus den unterschiedlichsten Gründen rahmenlos. Da Schinkel aber nicht nur für den Außenbau zuständig war, sondern auch für den Innenausbau und alle Details, war er aufgerufen, den Bildern einen Rahmen zu geben. Rund 600 Bilderrahmen nach seinem Entwurf entstanden in den Jahren 1827 bis 1830. Einfühlsam ging er auf Entstehungszeit und Sujet der Gemälde ein, das zeigen einige besondere Rahmen, geschaffen für bedeutende Gemälde, wie Giovanni Bellinis „Christus mit trauernden Engeln“ oder Raffaels „Madonna Colonna“ und seine „Madonna Solly“.

In München war man in der selben Zeit dabei, Kunstwerke aus königlichem Besitz dem Volk zu präsentieren.

Ludwig I. systematisierte nicht nur die Sammlungstätigkeit, sondern fühlte sich aus dem Ideal der Volksbildung heraus verpflichtet, die Kunstschätze für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen. So beauftragte er den Architekten Leo von Klenze (1784–1864) mit dem Bau eines Museumsgebäudes am nördlichen Stadtrand Münchens. Der Grundstein wurde am 7. April 1826 gelegt, im Herbst 1836 war das Museum fertiggestellt. „Für die Eröffnung der Alten Pinakothek griff Leo von Klenze wohl aus Kostengründen auf die Rahmen der Hofgartengalerie zurück und ließ lediglich in der äußeren Kehle Ornamente aus Gips-Kreide-Masse anbringen“, erläutert Klaus Schrenk. „Erst unter Galeriedirektor Hugo von Tschudi begann man Anfang des 20. Jahrhunderts originale Rahmen für die italienischen Werke zu erwerben. Diese Tendenz, den Gemälden zeitgleiche Rahmen zu geben, ist bis heute verbindlich.“           Silke Osman

Die Ausstellung Rahmenkunst in der Alten Pinakothek, Barer Straße 27, München, ist bis zum 18. April dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr, dienstags bis 20 Uhr geöffnet.

Foto: Prunkrahmen aus Eiche: Das Schnitzwerk entstand 1755 und wird dem Baumeister, Bildhauer und Stukkateur Francois de  Cuvilliés zugeschrieben. Das Bildnis zeigt Markgraf Karl Wilhelm Friedrich von Brandenburg-Ansbach 1726 als 13-Jährigen.


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