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27.02.10 / Der Vater von »Persil«, »Ata«, und »IMI« / Das Streben nach Fertigungstiefe zieht sich wie ein roter Faden durch das Leben des Unternehmensgründers Friedrich Karl Henkel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 08-10 vom 27. Februar 2010

Der Vater von »Persil«, »Ata«, und »IMI«
Das Streben nach Fertigungstiefe zieht sich wie ein roter Faden durch das Leben des Unternehmensgründers Friedrich Karl Henkel

Der spätere preußische Kommerzienrat und Ehrenbürger der preußischen Stadt Düsseldorf Friedrich Karl Henkel ist ein sogenannter Beutepreuße. Erst nach dem Deutschen Krieg von 1866 wurde seine hessische Geburtsstadt Vöhl preußisch. Da war Henkel jedoch schon 18 Jahre alt. Am 20. März 1848 kam er als fünftes Kind des aus Wallau an der Lahn stammenden Lehrers Johann Jost und dessen Ehefrau Johanette geborene Jüngst zur Welt. Schon „als Knabe“ verspürte Henkel nach eigenem Bekunden einen Hang zur Chemie. Nach dem Schulbesuch machte er ab 1865 bei einer Farben- und Lack­fabrik eine kaufmännische Ausbildung und brachte es dort bis zum Prokuristen.

1874 machte er sich als Kaufmann selbständig. Er wurde Teilhaber einer Großhandlung für Chemikalien und Farbwaren. Dort übernahm er den Alleinverkauf der Produktion der Rheinischen Wasserglasfabrik in Herzogenrath. Als Wasserglas werden aus einer Schmelze erstarrte, glasartige, also amorphe, wasserlösliche Natrium- und Kaliumsilicate oder ihre wässrigen Lösungen bezeichnet. Das abgekühlte Glas wird zu einem Pulver gemahlen. Daraus wird durch Lösen in Wasser bei hohen Temperaturen flüssiges Wasserglas (Flüssigglas) als klare, kolloide alkalische Lösung oder auch als alkalisches Gel gewonnen. Wasserglas findet in sämtlichen Bereichen der Chemieindustrie Anwendung, beispielsweise als Wasserschutz, Klebstoff oder Bleichmittel.

Mit den Besitzern dieser Fabrik gründete er 1876 das Wasserglas weiter verarbeitende Waschmittelunternehmen Henkel & Cie. Das erste Produkt „Universal-Waschmittel“ wurde zwei Jahre später durch „Henkel’s Bleich-Soda“ abgelöst. Dieses Produkt verkaufte sich ungleich besser als sein Vorgänger und noch im selben Jahr wurde die Fabrik wegen besserer Verkehrs- und Absatzsituation von Aachen nach Düsseldorf verlegt.

Schon frühzeitig bemühte sich Henkel um einen Ausbau der Fertigungstiefe, der wie ein roter Faden durch seine Geschichte und die seines Unternehmens läuft. Mit der Begründung, dass er seiner „Kundschaft gegenüber eine größere Bürgschaft für die Güte und Gleichmäßigkeit des Fabrikates geben könne, wenn“ er „das Wasserglas herstellte“, kaufte er 1884 die Rheinische Wasserglasfabrik in Herzogenrath und verlegte deren Produktion nach Düsseldorf. Da er für seine Waschmittelproduktion nicht den gesamten Wasserglasausstoß benötigte, verkaufte Henkel außer Waschmitteln nun auch Wasserglas. Wegen Platzmangels und um eines Eisenbahnanschlusses willen wechselte das Unternehmen 1899 in den Düsseldorfer Vorort Holthausen, wo es heute noch seinen Sitz hat. Dort konnte die Fertigungstiefe durch eine 1900 fertiggestellte Bleichsodafabrik vergrößert werden, entsprechend dem Grundsatz, dass sämtliche Grundstoffe aus eigenen Produktionsanlagen kommen und man mit den Grundstoffen, die man nicht selber verbraucht, die Angebotspalette erweitern und diversifizieren kann.

Henkels wohl bekanntestes Produkt ist „Persil“, dessen Name sich aus den wichtigsten Bestandteilen Perborat und Silikat zusammensetzt. 1907 kam das weltweit erste „selbsttätige Waschmittel“ auf den Markt. Musste früher die Wäsche durch Einseifen, zweimaliges Kochen sowie durch Reiben mit Waschbrett und Bürste umständlich und mit körperlicher Anstrengung behandelt und dazu noch zur Rasenbleiche ausgelegt werden, genügte es nun, nach dem Einweichen die Wäsche einmalig mit „Persil“ zu kochen. Dieser Vorteil überzeugte die Kundschaft und mit „Persil“ gelang Henkel der Durchbruch.

Auch bei diesem Produkt bemühte sich Henkel wieder um größtmögliche Fertigungstiefe. 1908 errichtete das Unternehmen eine eigene Seifenproduktion und 1911 eine Ölextraktionsanlage, die durch Spaltung Öle in Fettsäuren und Rohglycerin zerlegte. Während die Ölrückstände zu Futter- und Düngemitteln verarbeitet wurden, dienten die Fettsäuren zur Seifenherstellung. Das Rohglycerin wurde dann in einer eigenen Glycerinfabrik weiterverarbeitet. So wurde der Waschmittelproduzent quasi nebenbei auch noch zum größten Glycerinhersteller Europas.

1917 gelang es Henkel dann auch noch, durch den Kauf seines wichtigsten Soda-Lieferanten Matthes & Weber auch hier die Fertigungstiefe zu erweitern. Trotz dieses Erfolges war der Erste Weltkrieg für Henkel eher mit Rückschlägen verbunden. Neben dem Verlust qualifizierter Arbeitskräfte durch Einberufungen und Hungersnot schadete ihm vor allem die britische Fernblockade zur See, die das Unternehmen vom Weltmarkt abschnitt. Denn trotz der großen Fertigungstiefe blieb Henkel von Rohstoffimporten abhängig. So musste 1918 schließlich die Produktion des Flaggschiffes „Persil“ eingestellt werden. Nach Kriegsende brachten dann die Rheinland- und die Ruhrbesetzung neue Schwierigkeiten, so dass die „Persil“-Produktion erst 1920 wieder begann.

Durch die Behinderung des Handels durch die Besatzer wurde Henkel in seinem Streben nach Fertigungstiefe und damit Unabhängigkeit noch bestärkt. Um für die Verpackung seiner Produkte unabhängiger zu werden, erwarb er nicht nur Papier- und Pappenfabriken sowie Holzwerke, sondern nahm auch 1922 die Produktion von Klebstoffen auf, wobei auch in diesem Falle über den Eigenbedarf hinaus gleichfalls für den Markt produziert wurde.

Neben Klebstoffen wie beispielsweise „Henkel-Kleister“ kamen auch bei den Waschmitteln neue Produkte hinzu. Nachdem bereits 1918 „Sil“ als überarbeitetes Kriegsprodukt zum Bleichen und Nachspülen der Wäsche herausgebracht worden war, wurde 1920 das Scheuerpulver „Ata“ auf den Markt gebracht. Mit „P3“, dessen Name von der chemischen Verbindung Trinatriumphosphat abgeleitet wurde, bot Henkel ab 1929 auch einen Industriereiniger an. Noch im selben Jahr kam mit „IMI“, dessen Name angeblich die Abkürzung von „In meinem Interesse“ ist, eine Allzweckreiniger-Variante von „P3“ auf den Markt.

1930 war dann für Henkel ein schwarzes Jahr. Die Weltwirtschaftskrise belastete sein Unternehmen und es verlor in kürzester Zeit sowohl seinen Junior- als auch seinen Seniorchef. Nachdem Fritz Henkel 1879 bereits den Tod seines erstgeborenen Sohnes August hatte miterleben müssen, verstarb unerwartet im Januar 1930 auch sein Zweitgeborener Fritz an einem Herzleiden. Wenige Wochen später, am 1. März 1930 verschied auch Friedrich Karl Henkel. Der in Rengsdorf im Westerwald Verstorbene wurde auf dem Nordfriedhof in Düsseldorf beigesetzt.       Manuel Ruoff


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