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27.02.10 / Überzogene Erwartungen / Im Leben läuft nicht alles nach Plan − ein Ratgeber der anderen Art

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 08-10 vom 27. Februar 2010

Überzogene Erwartungen
Im Leben läuft nicht alles nach Plan − ein Ratgeber der anderen Art

Wer träumt nicht von einer Karriere, perfekter Familienidylle, absoluter Unabhängigkeit, Geld im Überfluss, strahlender Schönheit, ewiger Jugend und berauschendem Sex? In einem Interview verurteilt Christian Ankowitsch solche Wunschvorstellungen zum Scheitern: „Es sind ja schon halbfertige Pläne kaum zu realisieren. Wir sollten uns das Leben durch überzogene Erwartungen nicht zusätzlich erschweren.“ Zu oft machen uns das Schicksal und der Zufall einen Strich durch die Rechnung. Sein neues Buch „Dr. Ankowitschs kleiner Seelenklempner“ ist ein Plädoyer gegen die moderne „Tschaka, du schaffst es!“-Maxime und den übertriebenen Perfektionswahn. Stattdessen rät der in Berlin lebende Österreicher zu mehr Spontaneität und Gelassenheit im Alltag. „Durchwursteln“ nennt Ankowitsch, der weder Arzt noch Psychologe, sondern Schriftsteller ist, diese Mittelweg-Strategie zwischen Selbstüberforderung und Selbstgenügsamkeit.

Egal ob man Ärger mit dem Chef hat, die Beziehung an der Routine einzuschlafen droht, die eigenen Kinder einem auf der Nase herumtanzen oder die x-te Diät wieder nicht zum Erfolg geführt hat und man frustriert erneut zur Zigarette greift – Ankowitschs Devise lautet „Alles halb so schlimm!“. Es sei ganz normal, wenn nicht alles im Leben nach Plan laufe. Nichts sei verheerender als Eltern, die ihr Kind schon vor der Geburt in die richtigen Bahnen lenken wollen, zum Beispiel durch pränatale Englischstunden: „Dem Bauch der Mutter werden große Kopfhörer übergestülpt, damit das Ungeborene, von dem wir offensichtlich annehmen, es paddle untätig im Fruchtwasser herum, schon mal mit den unregelmäßigen Verben loslegen kann.“

Manchmal sollten wir den Dingen einfach ihren Lauf lassen. Beim ständigen Blick auf das große Ganze verlieren wir schnell die scheinbar unspektakulären Teilerfolge aus den Augen. Der Mensch ist nach Ankowitsch vom Glück abhängig wie von Drogen. Da nützen kleine Portionen im Alltag mehr als die Überdosis einmal im Jahr. Die Aneinanderreihung kleiner Freuden gepaart mit gelegentlicher Schicksalsergebenheit à la „Es ist passiert und ich bin nicht schuld daran“ sowie der Bereitschaft, sich neuen Situationen anzupassen – das sei das Geheimnis für mehr Zufriedenheit.           Sophia E. Gerber

Christian Ankowitsch: „Dr. Ankowitschs kleiner Seelenklempner – Ein Handbuch über die Kunst des Durchwurstelns“, Rowohlt, Berlin 2009, 320 Seiten, geb., 19,90 Euro


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