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06.03.10 / Kandidat auf Abwegen / Vor Regionalwahl in Frankreich: Sozialisten machen sich Probleme

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 09-10 vom 06. März 2010

Kandidat auf Abwegen
Vor Regionalwahl in Frankreich: Sozialisten machen sich Probleme

Obwohl 254 Kandidatenlisten im Wettbewerb um die Führung der Regionen Frankreichs am 14. und am 21. März stehen, haben die Franzosen, von denen nur 53 Prozent an dieser Wahl teilnehmen wollen, fast nur für die eine Liste unweit des Mittelmeeres Augen. Der Spitzenmann dieser linken Liste in Lan-guedoc-Roussillon (Montpellier-Narbonne) heißt Georges Frêche. Dieses „enfant terrible“ mit der Donnerstimme und den kräftigen Schultern war von 1973 bis 2004 Bürgermeister von Montpellier und ist seitdem Präsident dieser Region.

Der Sozialist Frêche wird wohl mit Leichtigkeit sein Amt behalten, das besagen alle Umfragen, obwohl die eigene Partei, die „Parti socialiste“ (PS), an deren Spitze die ehemalige Mitterrand-Arbeitsministerin und Oberbürgermeisterin von Lille, Martine Aubry, steht, ihm eine sozialistische Gegenliste entgegengestellt hat. Die PS-Vorsitzende wollte ihm verbieten, für die Partei zu kandidieren, aber der 71-jährige Frêche trotzte der obersten PS-Etage und bildete eine eigene Liste („Verschiedene Linke“). Für Aubry ist Frêche der schlimmste Feind, noch gefährlicher als Ségolène Royal, ihre ehemalige Gegnerin an der Parteispitze, deren Ansehen im Sinkflug ist. Royal hat sich mit ihren Phantastereien und ihrer Exzentrik selbst diskreditiert.

Frêche ist umso gefährlicher, als er anders als Royal kein nationales Amt anstrebt. Ein solches hat ihm seine Partei sowieso immer verweigert. Aubry hat also mit Frêche einen Gegner aus den eigenen Reihen. Dieser urige und deftige Lokalmatador sticht die nette, blasse und ältere Suffragette Hélène Mandroux, die Aubry zu ihrer Kandidatin für die Region nominiert hat, haushoch aus. Frêches offene Worte sind für die PS-Führung vor allem deswegen ein Dorn im Auge, weil er sich über die linke „Political Correctness“, hinwegsetzt.

Frêche, ehemaliger Maoist, der bereits 1962 die Pariser Universität besetzte und dort damals von rechten Studenten zusammengeschlagen wurde, hatte in den 60er Jahren die Taktik des berechneten Konfliktes und der bewussten Regelverletzung in Volkschina erlernt. Er war ein hartgesottener Gegner seines Parteifreundes, des verstorbenen Staatspräsidenten François Mitterrand. Mehr als einmal stand er wegen Verunglimpfung und Verleumdung vor dem Kadi. Er wurde aber immer in zweiter Instanz freigesprochen. Frêche, der Volkstribun mit den flapsigen Ausrutschern, weiß ganz genau, wie weit er gehen kann, denn er ist von Hause aus Juraprofessor an der Uni Montpellier.

Er wurde von den eigenen Genossen als Rassist angegriffen, als er erklärte, dass die französische Fußballmannschaft ihrer Hautfarbe nach nicht sehr französisch aussieht. Aber am allerschlimmsten aus der Sicht der Parteiführung war Frêches Vorstoß gegen den ehemaligen sozialistischen Premierminister und jetzigen PS-Linksflügler Laurent Fabius, von dem er neulich sagte: „Der hat eine Schnauze, die mir nicht sehr katholisch vorkommt.“ Fabius wurde als Sohn einer Familie aus der jüdischen Bourgeoisie aus Toulouse geboren. Allerdings wurde er katholisch getauft. Während des Krieges im Untergrund waren seine Eltern zum Katholizismus übergetreten. Im Nachhinein schrieb Frêche an Fabius, dass sich diese landläufige Redewendung in seinem Munde nicht auf dessen „Religion“ bezog. Aber er nahm sie nicht zurück und entschuldigte sich nicht.             Jean-Paul Picaper


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