28.03.2024

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06.03.10 / Reiche sind immer verdächtig

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 09-10 vom 06. März 2010

Moment mal!
Reiche sind immer verdächtig
von Klaus Rainer Röhl

Vor langer Zeit, als das Wünschen noch geholfen hat und alle drüben im Osten sich einen guten Sozialismus wünschten und Flüchtlinge aus den deutschen Ostprovinzen noch nicht Flüchtlinge genannt werden und schon gar nicht ihre furchtbaren Erlebnisse bei der Vertreibung berichten durften und Angela Merkel mit ihrer FDJ-Gruppe Lieder von den heldenhaften Sowjetsoldaten sang „die uns befreit von der Fron“, da gab es auch im Ostfernsehen nicht nur den ganzen Abend Propaganda und Aufbaufilme. Die sah kein Mensch, das hatten die Herrscher längst begriffen. So sendete man viele alte deutsche Ufa-Filme mit Musik und Liebe, die schon zu Goebbels’ Zeit das Herz erfreut hatten, und damit nicht alle Leute „Tatort“ und andere Krimis im Westfernsehen guckten, gab es ab 1970 auch eine eigene Krimiserie. Sie hieß „Polizeiruf 110“ und war sehr erfolgreich. Die Kriminalbeamten traten noch in Uniform auf, nannten sich gegenseitig „Genosse“ und jagten Kriminelle, die es im Sozialismus eigentlich nicht geben sollte und die es dennoch gab, weil das „alte Denken“, der Egoismus und die „Geldgier“ noch zu sehr in den Menschen steckten. Besonders, wenn sie, vom „Westen“ aufgehetzt, den Sozialismus sabotieren, und was ganz besonders verwerflich schien, „Geschäfte machen“ wollten. Schieber, Schwarzhändler und Diebe, die Volkseigentum einfach beiseite brachten und dann in den Westen schmuggelten, Volksschädlinge, die des Volkes Polizei schnell unschädlich machen musste, zumal sie, zur Verdeckung ihrer Straftaten, vor Mord und Totschlag nicht zurückschreckten. Die Genossen Kommissare hatten alle Hände voll zu tun. Dabei verlor man nie aus den Augen, dass die wahren Verbrecher ja jenseits der Grenze im Westen lebten, die alten Nazis, die Nato-Generale, die Revanchisten (= die Vertriebenen) und die vielen Kapitalisten.

Ein Glück, dass Honecker später ein für allemal festhielt: „Den Sozialismus in seinem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf!“ Vorbei, verweht, vergessen.

Außer von den Linken. Doch die Partei „Die Linke“ wird die Zukunft Deutschlands nicht bestimmen, sagt man – nicht als Partei. Die grün-rote Regierung ist abgewählt, kommt so leicht nicht wieder. Auch nicht in NRW. Die Kommunisten haben ihr Wählerpotential ausgereizt, ebenso die Grünen. Und die sogenannten 68er haben keine Basis mehr in der Bevölkerung, schon gar nicht bei der Jugend.

Aber ihre Vordenker sind noch im Amt – und aktiv. Rund zehntausend Journalisten, Illustriertenschreiber und Filmemacher, Drehbauchautoren und Sendeleiter sind nicht abgewählt worden bei den letzten Bundestagswahlen. Die sitzen munter in ihren Sesseln, und manche sind sogar erst nach dem Abtreten der älteren Kollegen so richtig dick im Geschäft. Wenn man nur in die Sendungen des früher eher als rechts geltenden „Deutschlandfunks“ hineinhört, denkt man, man hätte den Deutschlandsender der DDR eingeschaltet. Das gleiche Bild in den Hörspiel- und Spielfilm-Redaktionen. Wenn ein normaler Nicht-68er-Deutscher (also die große Mehrheit unserer Landsleute) am Feierabend, nach den vielen tendenziösen Magazin- und Diskussions-Sendungen ohne echte Gegenmeinung, nach den vielen Bußübungen und Gedenktagen für die nie vergehende Schuld aller Deutschen, den ermüdenden Beweihräucherungen von Randgruppen wie Transvestiten, Lederschwulen und Drogensüchtigen und den bis zur Selbstaufgabe voreingenommenen Sendungen über die sogenannten „Migranten“ (Verwirr-Wort für Einwanderer), dann endlich, nach den immer noch parteiisch sortierten Nachrichten und dem Wetterbericht, ein wenig Entspannung und Unterhaltung suchte, gab es viele Jahre lang wenigstens den „Tatort“. Aber auch der, oh Graus, ist jetzt zu einer Art Schulfunk für Erwachsene gemacht worden. Auch der „Tatort“ soll, nach dem Willen der jetzigen Programmmacher, die Zuschauer erziehen. Gegen die verdammten Vorurteile, Männerfreuden, Frauenunterdrückung, Kegelclubs, Schützenfeste, Feuerwehrbälle, ländliche Idyllen, heile Welten. Der Mörder ist keineswegs mehr wie früher der Gärtner, die eifersüchtige Ehefrau oder Tochter, der albanische Menschenschmuggler oder der ukrainische Zuhälter. Nein. Hinter allen steht eine Baufirma oder eine Investment-Gesellschaft, die Profite machen will! Geschäfte! Der Mörder ist immer der Unternehmer, Firmengründer, Bauunternehmer, Hotelbesitzer. Selbst die albanischen Drogendealer sind nur arme Schweine, vom geldgierigen Vermieter und Grundstücksspekulanten zum Verbrechen getrieben. Ein Wunder, dass die Morde von den schlecht bezahlten, in ihrer Ehe frustrierten und stets missgelaunt und unappetitlich Currywurst schmatzenden Polizisten überhaupt noch aufgeklärt werden. Geführt von einem ebenso missgelaunten Kommissar oder einer Kommissarin, einer Frau, dem unterschätzten, immer alleinerziehenden, aber starken Wesen.

So kann man den Mörder – oder die Mörderin – in den neuen Folgen des deutschen Fernsehens leicht ermitteln. Auch wenn sie eigentlich gar kein „Motiv“ im klassischen Sinne haben. Sie haben Geld. Merke: Spielt ein Tatort in einer schönen Villa an der Hamburger Elbchaussee oder auf einem Seegrundstück am Bodensee, einem Schloss im Brandenburgischen. im Ruhrgebiet oder in einem Reetdachhaus auf Sylt, kann man ziemlich sicher sein: Der Reiche ist der Mörder. Zumindest hat er ein Motiv. „Tatort“, der Schulfunkfilm für Erwachsene, will uns damit sagen: Das Geld für die Villa in Blankenese oder das Schloss am See oder die Segelyacht am Bodensee kommt ja nicht von ungefähr. Wenn die Reedereibesitzer in Hamburg oder die Firmeninhaber im Ruhrgebiet früher mal so viel Geld gehabt haben, ist das schon schlimm genug. Aber mindestens ihre Erben haben Dreck am Stecken: Das Geld verjuxt oder sich mit riskanten Geschäften übernommen oder durch Steuerhinterziehung den Staat betrogen. Neuerdings haben sie den teuflischen Plan, in einem schönen Naturschutzgebiet  eine Hotelkette zu bauen, und verstoßen dabei rück-sichtslos gegen die neuen Umweltschutz-Gesetze. Sie kaufen das schöne Land auf. Ist ein Hausbesitzer hartnäckig und will nicht verkaufen, machen sie vor nichts halt, auch nicht vor dessen sein Pony liebenden Töchterchen. Sie stehen ja mit dem Rücken gegen die Wand, die Bank verlangt ihren Kredit zurück, also müssen sie Geld machen. Eifersucht der betrogenen Frau und Missgunst des Bruders kommen hinzu, klar, und scheinbar finstere Schläger, die gebrochen Deutsch sprechen. Aber die Rumänen wollen nur ihre nach Deutschland verschleppte Schwester rächen, gleich drei Kommissarinnen in drei verschiedenen Filmen umarmen die armen missbrauchten Mädchen und kochen vor Wut über den Zuhälter. Der aber nur die Drecksarbeit für einen Kapitalisten erledigt, ebenso wie die Finsterlinge, die für den Fuhrunternehmer die gefälschten Billig-Medikamente teuflisch ins Ausland transportieren.

Was will der Film uns lehren? Wir sollen daraus lernen, was die Produzenten von „Polizeiruf 110“ nie richtig geglaubt haben, aber den Filmemachern im Westen auf ihrer 68er Klippschule eingetrichtert wurde: Unternehmer sind eigentlich Verbrecher, Reiche sind immer verdächtig. Eigentum ist Diebstahl. Am Schlimmsten: „Geschäfte machen“. Vom Standpunkt des Sozialismus gesehen ist Marktwirtschaft einfach Schwarzmarkt, also kriminell. Schwarzer Arbeitsmarkt erst recht.

Fazit: Tendenz, so dick aufgetragen, dass es schon frech ist. Auffällig und unverhohlen, manchmal sogar unverfroren.


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