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06.03.10 / Zurück nach Europa / Vor 20 Jahren wurde Litauen wieder unabhängig und demokratisch

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 09-10 vom 06. März 2010

Zurück nach Europa
Vor 20 Jahren wurde Litauen wieder unabhängig und demokratisch

Am 11. März 1990 proklamierte das frei gewählte Parlament in Wilna (Vilnius), der Seimas, Litauen als erste Sowjetrepublik zum souveränen Staat. Der bisherige „Oberste Sowjet“ wurde zur verfassungsgebenden Versammlung umfunktioniert.

Zu diesem Zeitpunkt war es noch mehr als ungewiss, wie die Machthaber der Sowjetunion und die in Litauen stehenden Einheiten der Roten Armee reagieren würden. Der damalige Staatspräsident Michail Gorbatschow strebte eine Veränderung im System selbst an und lehnte jede Dis­kussion über eine eventuelle Unabhängigkeit, das heißt Entlassung aus der Sowjetunion, ab. Wegen der Hoch-Zeit der Perestroika war zudem noch keine Unterstützung der Bestrebungen im Baltikum durch westliche Staaten erkennbar. Deren Regierungen scheinen in einer Moskau-zentrierten „Gorbi-Manie“ verhaftet gewesen zu sein und wollten nicht durch forsches Vorgehen in der baltischen Frage Gorbatschows Gegner stärken.

Mutige litauische Patrioten demonstrierten im Januar 1991 vor dem Parlament, sowie am und im Fernsehturm von Wilna (Vilnius). Am 13. Januar 1991 fanden 13 unbewaffnete friedliche Demonstranten den gewaltsamen Tod, als pro-sowjetische militärische Kräfte erfolglos versuchten, die noch junge Demokratie zu stürzen. Dieses Ereignis bewegte auch westliche Skeptiker der Unabhängigkeitsbewegung zum Umdenken und öffnete letztlich den Weg zur Anerkennung Litauens und zur Schaffung einer parlamentarischen Demokratie. Als erster Staat erkannte Island mittels Telegramm Ende Januar 1991 das wiedererstandene Litauen an. Dieses wichtige schriftliche Zeugnis hat bis heute einen Ehrenplatz im Kabinettssaal in Wilna (Vilnius) und wird voller Stolz präsentiert. Die durch ein Referendum am 25. Oktober 1992 angenommene Verfassung Litauens brachte letztlich den zirka 3,3 Millionen Einwohnern einen demokratischen Staat.

Nach der Überwindung der jahrzehntelangen Isolierung vom Westen und dem Beitritt zur Europäischen Union (EU) sowie zur Nato befindet sich Litauen heutzutage in einem gemeinsamen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts. Ergänzend dient als wichtiges Mittel zum Auf- und Ausbau von internationalen Kontakten sowie auch zur Unterstützung der verschiedenen nationalen Minderheiten in Litauen die Kulturpolitik.

Die Zusammenarbeit mit der Bundesrepublik Deutschland ist vielfältig. Einzelne Bundesländer und Kommunen sowie deutsche Institutionen, Verbände und Vereine nehmen dabei, auch aufgrund der historischen Gegebenheiten, eine besondere Position ein. So wird auch die zahlenmäßig nur noch kleine deutschstämmige Minderheit in Litauen seit der Öffnung des Landes über die auswärtige deutsche Kulturpolitik, die Förderung nationaler Minderheiten in Ost- und Südwesteuropa sowie durch zahlreiche Vereine und Privatpersonen unterstützt. Ideelle, finanzielle und organisatorische Unterstützungen erfahren die deutschen Vereine in Memel (Klaipeda) und Heydekrug (Silute), der Verein „Wolfskinder“, einzelne Kirchspiele sowie auch nicht organisierte deutschstämmige Bewohner im Memelland. Seit der Öffnung des Landes leisten die Deutsche Botschaft und das Goethe-Institut in Wilna, die Landsmannschaft Ostpreußen und die Arbeitsgemeinschaft der Memellandkreise sowie Privatpersonen in einem „Netzwerk der Unterstützung“ unermüdlich Hilfe. Dies hat der deutschen Volksgruppe die Verbesserung ihrer Deutschkenntnisse sowie kulturelle Ereignisse wie die jährlich veranstalteten mehrwöchigen Deutschen Kulturtage in Memel ebenso wie periodische Treffen, Austauschprogramme und Liederfeste ermöglicht. So ist es auch gerade für den Verein der Deutschen in Memel eine Frage des Selbstverständnisses, dass das Simon-Dach-Haus ganzjährig als Domizil der Fürsorge und Kultur geöffnet ist. Der deutschen Bevölkerungsgruppe gelingt es so, die Pflege der deutschen Kultur und Sprache in der angestammten Heimat im heutigen Litauen zu erhalten und auch bekannt zu machen.

Inzwischen wird auch in litauischen Publikationen und offiziellen Vorträgen immer häufiger erwähnt, dass Memel und das die Stadt umgebende Memelland vormals überwiegend von Deutschen besiedelt war. So findet der Besucher von Memel heutzutage Informationsstehlen in Litauisch, Deutsch und Englisch, auf denen auch die Geschichte beschrieben ist. Auch die Selbstverständlichkeit der Darstellung der historischen Wahrheit gehört in ein gemeinsames Europa.     Hans-Jörg Froese


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