20.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
06.03.10 / Potsdams Jeanne d’Arc / Marie Christiane Eleonore Prochaska alias August Renz

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 09-10 vom 06. März 2010

Potsdams Jeanne d’Arc
Marie Christiane Eleonore Prochaska alias August Renz

Die Heilige Jungfrau von Orleans hat eine deutsche Entsprechung. Marie Christiane Eleonore Prochaska heißt sie und genannt wird sie auch die „Potsdamer Jeanne d’Arc“. Wie ihre französische Geschlechtsgenossin ging sie als junge Frau unter die Soldaten, kleidete sich wie sie, kämpfte wie sie, stritt für die Befreiung ihres Landes von Invasoren und war dabei ihren Kameraden Vorbild wie Ansporn. Und auch sie starb eines gewaltsamen Todes.

Ihr Vater war allerdings nicht Bauer in Domrémy, sondern Unteroffizier und Militärmusiker in Potsdam. Mit der um 1412 geborenen Heiligen Johanna verbindet die am 11. März 1785 zur Welt gekommene Marie Eleonore Prochaska aber auch die Herkunft aus einfachen Verhältnissen und die damit verbundene Ungewissheit, insbesondere bezüglich ihrer frühen Jahre. 1794 kam sie in das Königliche Große Militär-Waisenhaus in Potsdam. Zur Begründung heißt es, dass die Mutter krank gewesen sei, ihre Kinder vernachlässigt habe und früh gestorben sei und dass der Vater in den Krieg habe ziehen müssen und als Krüppel heimgekehrt sei. Als sie alt genug zum Arbeiten war, hat sie dann im Waisenhaus als Hausangestellte und bei der Familie des Hofbaurates Manger als Küchenmädchen und Haushaltshilfe gearbeitet.

Nachdem Friedrich Wilhelm III. zur Bildung von freiwilligen Jägerkorps aufgerufen hatte, verließ die junge Patriotin Potsdam und trug sich in Breslau unter dem Namen August Renz in die Stammrolle des 1. Jägerbataillons des Lützowschen Freikorps ein. Während der Befreiungskriege kämpfte die zwar großgewachsene, aber zierliche Frau zunächst als Trommler und später als Infanterist – und das so erfolgreich, dass sie zum Unteroffizier befördert wurde.

Die Schlacht an der Göhrde, in der am 16. September 1813 12300 Mann der Alliierten unter dem Kommando des Grafen Ludwig von Wallmoden auf 3000 von General Marc Nicolas Louis Pécheux kommandierte Franzosen trafen, wurde ihr zum Verhängnis. Als sie mit dem Spiel auf einer auf dem Schlachtfeld aufgelesenen Trommel ihre Kameraden dazu ermunterte, mit ihr vorzurücken, zerschmetterte eine Kartätsche ihr einen Schenkel. Ein herbeigeeilter Arzt entdeckte schnell ihr wahres Geschlecht. Die Schwerverwundete wurde dann vom Schlachtfeld in ein Bürgerhaus in Dannenberg gebracht, wo sie am 5. Oktober ihren Verletzungen erlag.

Anders als bei der Französin fanden bei der Deutschen die Leistungen sofort nach dem Tod Anerkennung durch das Vaterland (wenn auch weniger nachhaltig). Zwei Tage nach ihrem Dahinscheiden wurde sie auf dem Sankt-Annen-Friedhof in Dannenberg mit militärischen Ehren bestattet. „Trauernd folgten dem Sarge, der von ihren Waffenbrüdern getragen wurde, das hannoveranische und russisch-deutsche Jägerkorps und der Oberst Graf Kielmannsegg nebst sämtlichen Offizieren. Der königlich-preußische Grand Maitre de la Garderobe, Minister und außerordentlicher Gesandter Graf von Groote, hatte sich ebenfalls eingefunden. Eine dreimalige Gewehrsalve rief der vom Sturm des Krieges geknickten Lilie den letzten Gruß nach in das Grab“, hieß es in der Presse.

Friedrich Rückert nebst anderen Dichtern widmete ihr ein Gedicht und Friedrich Duncker das Drama „Leonore Prochaska“, zu dem Ludwig van Beethoven eine Bühnenmusik komponierte. An ihrem Grab wurde 1863 eine Gedenktafel angebracht und in ihrer Heimatstadt steht bis zum heutigen Tag ein Denkmal der „Heldenjungfrau zum Gedächtnis“.           M.R.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren