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06.03.10 / Gute Idee verhunzt / Autorin versucht Erfolg von »Beim Leben meiner Schwester« zu wiederholen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 09-10 vom 06. März 2010

Gute Idee verhunzt
Autorin versucht Erfolg von »Beim Leben meiner Schwester« zu wiederholen

Mit dem Roman „Beim Leben meiner Schwester“ hat die US-Autorin Jodi Picoult weltweit Leser fasziniert. Hierin weigerte sich eine Halbwüchsige, weiter als Gewebespenderin für ihre krebskranke, dem Tode geweihte Schwester zur Verfügung zu stehen, und zog gegen ihre Eltern, die das von ihr verlangten, vor Gericht. Die vielen moralischen Fragen, die sich hier auftaten, sorgen für eine Spannung, die zum Weiterlesen nahezu nötigte. Und auch in Picoults neuem Roman „Das Herz ihrer Tochter“ geht es um Leben und Tod und die Verantwortung einer Mutter gegenüber ihrer Tochter. Allerdings wirkt diese Geschichte konstruiert, so als wollte die Autorin die Idee, mit der sie beim letzten Mal gekonnt begeistert hat, nur in einem neuen Gewand präsentieren.

Die hochschwangere June Nealon verliert 1996 Mann und Tochter Elisabeth. Schuld an dem gewaltsamen Tod soll der Zimmermann Shay Bourne sein, der deswegen zum Tode verurteilt wird. Elf Jahre später, kurz vor Shays Hinrichtung, setzt die Geschichte wieder ein. Erzählt wird aus der Perspektive von June, Shays Zellengenossen Lucius, seinem katholischen Seelsorger Michael und seiner Anwältin Maggie. Junes elfjährige Tochter Claire liegt wegen eines Herzleidens im Sterben, Shay möchte ihr sein Herz spenden, was aus seiner Sicht eine Art Wiedergutmachung darstellt. Priester Michael will dafür sorgen, dass Shays letzter Wille erfüllt wird, doch bei einer Hinrichtung durch die Giftspritze ist eine Organspende nicht möglich, da das Herz geschädigt wird. Anwältin Maggie bekommt raus, dass Tod durch Erhängen eine Organspende möglich machen würde und versucht vor Gericht diese einzufordern. June will aber gar nicht das Herz des Mörders, das – oh Wunder – passen würde, für ihre Tochter. Und von nun an überschlagen sich die Wunder, denn nicht nur Lucius sieht in dem Zimmermann mehr als nur einen Mörder, auch Michael ist der fixen Idee anheimgefallen, Shay könnte so eine Art neuer Jesus sein.

Die absurde Jesus-Idee macht die gesamte Geschichte kaputt. Immerhin rettet Picoult ihren Roman noch, indem sie gegen Ende wieder auf den Boden der realen Welt zurückfindet, aber ihre Verrenkungen hin bis zu der Geschichte der Agnostiker sind ärgerlich.          Bel

Jodi Picoult: „Das Herz ihrer Tochter“, Piper, München 2009, geb., 459 Seiten, 19,95 Euro


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