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13.03.10 / Armenier lassen nicht locker / Die USA diskutieren über den Völkermord von 1915 – Blamage für die Türkei

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-10 vom 13. März 2010

Armenier lassen nicht locker
Die USA diskutieren über den Völkermord von 1915 – Blamage für die Türkei

Über 90 Jahre ist es her, dass die Armenier Opfer grausamer Deportationen wurden. Doch mit wachsendem Abstand von den Ereignissen scheint die weltweite Durchsetzungsfähigkeit dieses kleinen Volkes nicht kleiner, sondern sogar größer zu werden.

Gottes Mühlen mahlen langsam. Wer jedenfalls gemeint hätte, dass über den Völkermord an den christlichen Armeniern 1915 im Osmanischen Reich spätestens mit dem Tod der letzten Überlebenden Gras gewachsen wäre, sieht sich getäuscht. Obwohl keine Zeitzeugen mehr leben und die Gegenkräfte geradezu übermächtig  sind, gelingt es einer geschickt agierenden armenischen Lobby wieder und wieder, politisch-diplomatische Erfolge zu erzielen.

Während den 14 Millionen deutschen Vertriebenen schon etwa 20 Jahre nach ihrer Vertreibung politisch nicht mehr viel zu gelingen schien – die Entsolidarisierung der eigenen, deutschen Gesellschaft mit dieser Opfergruppe jedenfalls ist beispiellos – kam eine ganz anders organisierte armenische Lobby etwa ein halbes Jahrhundert nach der grausamen Deportation erst so richtig in Fahrt.

Allein seit 1965 haben 21 Staaten die durch den osmanischen Staat begangenen Deportationen und Massaker der Jahre 1915 bis 1917 offiziell als Genozid im Sinne der UN-Völkermordkonvention von 1948 anerkannt. Dieser völlig gewaltfrei erzielte diplomatische Erfolg ist umso verblüffender, als Ankara keinen Aufwand scheut, Parlamentsresolutionen in aller Welt zugunsten der Armenier zu verhindern oder zumindest zu verwässern. Das Land hatte und hat dabei an sich gute Karten, die Türkei ist als wichtiger Verbündeter in der Nato eine regionale Großmacht mit Einfluss bis weit nach Zentralasien und verfügt zusätzlich über traditionell enge Kontakten mit Israel und jüdischen Organisationen.

Wie intensiv diese türkische Gegenarbeit betrieben wird, zeigt ein Blick in die Internet-Enzyklopädie „Wikipedia“. In vielen Sprachen gibt es Lexikon-Artikel über diesen Vorgang, aber oft sind sie für die freie Bearbeitung gesperrt, weil türkische „Patrioten“ dort die Geschichte fälschen, dass selbst polnische und tschechische Nationalisten ins Grübeln kommen könnten. In der Türkei selbst ist die offene Darstellung der damaligen Ereignisse eine mit hohen Haftstrafen bewehrte Straftat.

Trotzdem gelang es den Armeniern, in wichtigen Staaten Parlamentsbeschlüsse über diesen ersten großen Genozid des 20. Jahrhunderts zu bewirken. In Frankreich fand 2005 sogar ein Gesetz eine Mehrheit, das die Leugnung dieser Ereignisse in ähnlicher Weise verbieten sollte wie die des Holocaust. Im US-Kongress dauert das Tauziehen um die Bewertung dieser Verbrechen seit mehreren Jahren an. Vor wenigen Tagen hat nun der auswärtige Ausschuss des Repräsentantenhauses in einer Resolution die Ereignisse als Völkermord eingestuft – Spannungen mit der Türkei wurdendabei bewusst in Kauf genommen. Konrad Badenheuer


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