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13.03.10 / Nein zu »Versailler Vertrag« / Island-Referendum: Die Furcht vor dem finanziellen Genickbruch

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-10 vom 13. März 2010

Nein zu »Versailler Vertrag«
Island-Referendum: Die Furcht vor dem finanziellen Genickbruch

Die US-Ratingagenturen, welche die Kreditwürdigkeit von Staaten benoten, reagierten umgehend auf den Ausgang des isländischen „Ice-save“-Referendums: Die Agentur Moody’s hatte die Insel bislang mit der Note „Baa3“ bewertet, was nur noch eine Stufe über dem „Ramsch“-Niveau rangiert. Eine weitere Herabstufung würde Island also gänzlich aus dem Kreis akzeptabler Schuldner herausschleudern.

Das dürfte harte Folgen haben für ein Land, das dringend auf Kapital von außen angewiesen ist. Doch die Isländer scherte dies erst einmal wenig in ihrer Wut und Verzweiflung. Die Bank Icesave, eine Tochter der 2008 verstaatlichten Glitnir-Bank, sieht sich Forderungen britischer und niederländischer Anleger von zusammen 3,8 Milliarden Euro gegenüber. London und Den Haag hatten ihre Bürger mit eigenem Staatsgeld entschädigt und fordern nun von Reykjavik, ihnen den Schaden zu erstatten.

Ende 2009 kam es zu einer Einigung: Bis 2023 sollte alles beglichen werden, inzwischen sollte die Schuld mit 5,5 Prozent pro Jahr verzinst werden. Doch die Isländer machten unter der Führung ihres Präsidenten Olafur Grimsson mobil. Er verweigerte seine Unterschrift unter das Vertragswerk, womit er den Weg für die Volksabstimmung freimachte, in der 93 Prozent der Teilnehmer das Abkommen ablehnten, nicht einmal zwei Prozent stimmten mit Ja.

Wenig vermochten letzte Abmilderungen zu bewirken. Darin hieß es etwa, der Zinssatz könne ab einem Festzins von 2,75 Prozent variabel gestaltet werden. Doch es war zu spät. In Reykjavik wurde das Abkommen schon mit dem Versailler Vertrag verglichen, mit dem die Entente-Mächte ab 1919 wesentlich zm Scheitern der Weimarer Republik beigetragen hatten.

Der Icesave-Fall ist bei weitem nicht die einzige Leiche in Islands Finanzkeller: Die Deutsche Bank allein hält Forderungen gegen die ebenfalls 2008 verstaatlichte Kaupthing-Bank über 5,3 Milliarden Euro, die ohnehin angeschlagene Commerzbank bangt um eine halbe Milliarde Euro in Island ebenso wie die Deka-Bank. Wie kaum anders zu erwarten, haben sich überdies Landesbanken wie die HSH Nordbank, die WestLB und die BayernLB auf der Vulkaninsel verspekuliert.

Die Forderungen treffen auf ein Land mit nur 320000 Einwohnern, dessen Wirtschaft 2009 um sieben Prozent eingebrochen ist, dessen Staatsverschuldung in gut zwei Jahren von 29 auf weit über 100 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gestiegen ist und dessen Bewohner auch privat ums wirtschaftliche Überleben kämpfen. Viele haben beispielsweise Hauskredite in Euro, Dollar oder Pfund aufgenommen, weil dort die Zinsen niedriger waren. Nach dem dramatischen Einbruch der isländischen Krone sind ihnen die Kreditkosten davongeeilt.

Nun jedoch droht dem Land die Blockade dringend benötigter internationaler Kredite, auch eine EU- oder gar Euro-Mitgliedschaft rückt in weite Ferne. Die Begleichung aller ausländischen Forderungen indes würde Island das Genick brechen.      Hans Heckel


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