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13.03.10 / Mindestens 126 Juden das Leben gerettet / Heute kann jeder zum Antisemiten werden – Der bedrückende Streit um Landesbischof Hans Meiser

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-10 vom 13. März 2010

Mindestens 126 Juden das Leben gerettet
Heute kann jeder zum Antisemiten werden – Der bedrückende Streit um Landesbischof Hans Meiser

Noch residiert Bayerns Evangelisch-Lutherische Kirche in der Meiserstraße zu München. Doch das wird sich bald ändern: Die neuen Schilder „Katharina-von-Bora-Straße“ sind schon vorgeprägt. Der Wechsel wurde von eifernden „Antifaschisten“ erzwungen; der Eifer der Landeskirche, sich dagegen zur Wehr zu setzen, hielt sich in engen Grenzen.

Benannt war die Straße nach Landesbischof Hans Meiser (1881–1956), den der damalige SPD-Oberbürgermeister Thomas Wimmer damit als Gegner des NS-Regimes ehren wollte. Dessen Nachfolger Christian Ude, ebenfalls SPD, sieht das ganz anders: Meiser habe „in menschenverachtender Weise einen religiös begründeten Antisemitismus vertreten“, begründete er in einer Ratssitzung im Juli 2007 die „Entnennung“ der Meiserstraße.

Landesbischof Johannes Fried­rich protestierte zwar gegen diese „Zumutung“ und die dahinter vermutete „political correctness“. Damit war der Widerstand der Landeskirche aber auch erschöpft. Gegen den Akt der rot-grünen Ratsmehrheit raffte sich lediglich der Enkel des entehrten Bischofs, Christian Meiser, zur Klage auf – leider, wie gemeldet, ohne Erfolg.

Die Angriffe auf Hans Meiser stützen sich im Wesentlichen auf einen Aufsatz im „Evangelischen Gemeindeblatt für Nürnberg“ im Jahre 1926. Zuvor hatte das NS-Kampfblatt „Stürmer“ sich ereifert, dass auf einer kirchlichen Veranstaltung ein „getaufter Jude“ über christliche Berufsethik reden durfte. Meiser, damals Leiter des Nürnberger Predigerseminars, wies die „Stürmer“-Hetze energisch zurück, indem er zwar – dem Zeitgeist folgend – einen angeblich unangemessenen Einfluss der Juden kritisierte, sich aber entschieden davon distanzierte, dass „Juden bloß um ihrer Rasse willen … als minderwertige Menschen angesehen werden“. Meiser weiter: „Der Kampf gegen das Judentum hat unter uns solche Formen angenommen, dass alle ernsten Christen förmlich genötigt sind, sich schützend vor die Juden zu stellen.“

Anders als heutige Vergangenheitsbewältiger waren die Nationalsozialisten durchaus in der Lage, Meisers Aufsatz richtig einzuschätzen. Der Geistliche, 1933 zum Landesbischof gewählt, war fortan als Gegner der NS-Ideologie registriert. Sein „Gefahrenpotenzial“ wurde so hoch eingestuft, dass Hitler ihn zum Gespräch vorlud. Meiser, stets um diplomatische Wortwahl bemüht, warnte den Führer, es bleibe der Kirche „nichts anderes übrig, als seine allergetreueste Opposition zu werden“. Das Treffen endete mit einem Wutanfall Hitlers: „Feinde des Vaterlandes, Verräter des Volkes sind Sie.“

Die Folgen bekam Meiser bald zu spüren. Reichsbischof Ludwig Müller erklärte ihn für abgesetzt und ließ ihn von der Gestapo verhaften. Nach massiven Protesten Tausender bayerischer Christen – ein in der NS-Zeit nahezu einmaliger Vorgang – wurden die Maßnahmen nach 14 Tagen aufgehoben. Meiser blieb im Amt und seine bayerische Landeskirche unabhängig.

Wie der Bischof das schaffte, beschreibt der ehemalige Münchner Dekan Martin Bogdahn: „Meiser bringt häufig zuerst dem Zeitgeist ein gewisses Verständnis entgegen, um dann unter dem Deck­mantel dieses Entgegenkommens Bedenken, Warnungen oder auch Widerspruch vorzutragen.“ So richtete der angebliche „Antisemit“ eine kirchliche Hilfsstelle ein, die nachweislich mindestens 126 (getaufte) Juden das Leben rettete.

Für die Ehre dieses Bischofs will die heutige Landeskirche nicht mehr kämpfen. Widerstandslos nimmt sie die Umbenennung in Katharina-von-Bora-Straße hin. Ob die von Dauer sein wird, ist angesichts des Enthüllungseifers selbsternannter Antifaschisten fraglich. Die Namensgeberin war schließlich Martin Luthers Ehefrau, und von dem ist folgendes Zitat überliefert: „Ein solch verzweifeltes, durchböstes, durchgiftetes, durchteufeltes Ding ist’s um diese Juden … Wenn ich könnte, wo würde ich ihn (den Juden) niederstrecken und in meinem Zorn mit dem Schwert durchbohren.“ Vielleicht sollte man in vorauseilendem Antifaschismus alle deutschen Straßen nur noch nach Blumen, Tieren, Städten oder Berggipfeln benennen – es muss ja nicht gerade der Obersalzberg sein.           H.-J. Mahlitz


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