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13.03.10 / Neue Demonstration in Insterburg / Opposition fordert Rücktritt des Bürgermeisters, aber auch Veränderungen in Oblast und Gesamtstaat

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-10 vom 13. März 2010

Neue Demonstration in Insterburg
Opposition fordert Rücktritt des Bürgermeisters, aber auch Veränderungen in Oblast und Gesamtstaat

Am 28. Februar gingen in Insterburg zirka 5000 Menschen auf die Straße, um gegen die Regierung zu demonstrieren. Offizielle Stellen sprechen zwar von 2000 Demonstranten, doch selbst das wäre für die mit 38000 Einwohnern drittgrößte Stadt im Königsberger Gebiet beachtlich.

Etwa jeder zehnte Einwohner beteiligte sich demnach an der Demo, die damit verhältnismäßig größer als die letzte, aufsehenerregende am 30. Januar in Königsberg war, an der sich „nur“ jeder 30. Einwohner beteiligt hatte.

Die Protestkundgebung in Insterburg hatte die örtliche Abteilung der Organisation „Sprawetliwost“ (Gerechtigkeit) organisiert. Die Teilnehmer versammelten sich im Stadtzentrum, kamen ohne Transparente, doch die Redner sprachen auch ohne Anschauungsmaterial deutliche Worte: In den vergangenen zwei Jahren habe sich die soziale und wirtschaftliche Lage im Kreis Insterburg ständig verschlechtert. Die Stadt stehe wirtschaftlich vor dem Bankrott, die Korruption habe inzwischen alle Korridore der Regierung erreicht.

Tatsächlich ist die Zahl der Arbeitsplätze rückläufig, die Arbeitslosigkeit steigt. Deshalb sind junge Menschen gezwungen, in Königsberg und anderen Orten des Gebiets Arbeit zu suchen. Es gibt Wartelisten für Kindergärten, ohne Angabe von Gründen werden Ämter und Behörden geschlossen oder in andere Städte verlegt, was für Tausende Insterburger den Alltag noch mühsamer macht. Als die Abgeordneten der städtischen Regierung höhere Tarife für die Wohnnebenkosten einführten, war dies für die Einwohner Schock und Ärgernis zugleich.

Für manche ältere Menschen führt dieses dazu, dass sie ihre gesamte Rente für Nebenkosten aufbrauchen. Die Schließung medizinischer Einrichtungen hat zur Folge, dass es im gesamten Kreis Insterburg keine Fachärzte mehr gibt, so dass kranke Menschen ins 100 Kilometer entfernte Königsberg fahren müssen, um sich im dortigen Gebietskrankenhaus in lange Schlangen einzureihen.

Die Demonstranten schickten Resolutionen an die Stadt-, Kreis-, Gebiets- und Föderationsregierungen. Ihre Forderungen an die Föderationsregierung formulierten sie sogar in einem Brief an Präsident Dmitrij Medwedew.

Einstimmig wurde auf der Protestkundgebung eine Entschließung beschlossen. In ihr wird der Gouverneur aufgefordert, den Abzug des Militärhospitals aus Insterburg in andere Städte des Gebiets aufzuhalten sowie die Auflösung aller Vertretungen der Föderations- und Gebietsregierung zurückzunehmen. Außerdem soll bis Ende dieses Monats eine Regierungskommission den Haushalt und den Umgang mit öffentlichen Geldern der Kreis- und Stadtverwaltung prüfen.

Ebenso forderten die Demonstranten Bürgermeister Wladimir Chlimankow auf, bis Monatsende zurückzutreten, weil er die mit seiner Stellung übernommenen Pflichten vor dem Volk nicht erfüllt habe. Wegen der Machtbeschneidung der Stadtregierung solle die Zahl der Kreisverwaltungsbeamten auf 50 reduziert werden, dabei sollen alle Auswärtigen entlassen werden. Chlimankow war, bevor er Bürgermeister wurde, Generaldirektor beim Unternehmen „Kaliningrad-Gasifizierung“, und doch sind die meisten der zu 80 Prozent noch aus der Vorkriegszeit stammenden Wohnhäuser noch nicht ans Gasnetz angeschlossen.

Von der Stadtregierung forderten die Demonstranten die Senkung der Wohnnebenkosten, aus den Tarifen sollen alle Ausgaben herausgerechnet werden, die nicht direkt mit der Bereitstellung von Leistungen zusammenhängen, Einstellungen in städtische Dienste sollen nicht mehr über „Beziehungen“ laufen, sondern in einem offenen Wettbewerb. Außerdem forderten die Demonstranten, allen Bürgern mit weniger als umgerechnet 250 Euro Einkommen im Monat Zuschüsse zu den Wohnnebenkosten aus dem städtischen Budget auszuzahlen. Jurij Tschernyschew


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