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13.03.10 / Wieder zweisprachig / Der Unterricht an der Grundschule in Ratibor-Studen ist wieder bilingual

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-10 vom 13. März 2010

Wieder zweisprachig
Der Unterricht an der Grundschule in Ratibor-Studen ist wieder bilingual

Ohne Hartnäckigkeit geht in der Politik wenig – auch und gerade in der Minderheitenpolitik. Der Fall des im Januar abrupt abgebrochenen und seit dem 1. März wieder aufgenommenen zweisprachigen deutsch-polnischen Unterrichts an der Grundschule in Ratibor-Studen ist in dieser Beziehung besonders aufschlussreich.

Die Motive des am 15. Januar von Direktor Jan Goldman wegen „Unvereinbarkeit mit den rechtlichen Vorschriften“ verkündeten sofortigen Wechsels zu rein polnischsprachigem Unterricht liegen noch immer im Dunkeln. Eine schriftliche Begründung gibt es bis heute nicht. Wohlwollende Erklärungen laufen darauf hinaus, dass es sich um einen aus innerpolnischen Bürokratismen resultierenden Schnellschuss gehandelt habe und/oder tatsächliche Unstimmigkeiten zwischen der Rechtslage und der Schulsituation im von vielen Deutschen bewohnten Ratiborer Stadtteil Studen ursächlich seien. Die polnische Bildungsverordnung aus dem Jahr 2007 sieht nämlich nur den erweiterten sogenannten „muttersprachlichen“ Deutschunterricht mit wenigen zusätzlichen Deutschstunden zum ansonsten polnischsprachigen Lehrprogramm vor, eigene Minderheitenschulen oder aber drittens das Angebot durchgehender Bilingualität, das – abgesehen von den Ausnahmen Polnisch und polnische Geschichte – alle Fächer erfassen muss. Letzteres war an der Studener Grundschule bisher jedoch nicht gegeben.

In der Nachbarwoiwodschaft Oppeln hatte es im Herbst 2009 in Salzforst (Solarnia) einen ähnlich gelagerten Vorfall gegeben, der mit der gütlichen Einigung endete, den bilingualen Unterricht auf alle Fächer auszudehnen. Vielleicht beabsichtigte Schuldirektor Goldmann mit seinem spektakulären Vorgehen eine Anpassung an die im Oppelner Schlesien bereits durchgesetzten und mit (bis dato für Studen nicht gewährten) finanziellen Zuschlägen verbundenen Standards.

Gegen diese „freundliche“ Interpretation spricht das Fehlen einer entsprechenden schriftlichen Begründung. Statt dessen gab es einen großen Kladderadatsch mit Elternversammlung, Protestbriefen, erheblichem Ärger mit dem örtlichen „Deutschen Freundschaftskreis im Bezirk Schlesien“ (DFK) und Intervention des in Oppeln ansässigen bundesdeutschen Konsuls Ludwig Neudorfer, der durch die intensive Öffentlichkeitsarbeit der „AGMO e.V. – Gesellschaft zur Unterstützung der Deutschen in Schlesien, Ostbrandenburg, Pommern, Ost- und Westpreußen“ auf den Vorfall aufmerksam gemacht wurde. Möglicherweise ging es polnischen Stellen in Ratibor oder Kattowitz um eine gezielte Einschüchterung der deutschen Minderheit in dem so wichtigen Bereich der Schulpolitik.

Wie auch immer: Für die Deutschen in Ratibor endete der Vorfall mit einem beachtlichen Erfolg, denn der zweisprachige Schulbetrieb wurde nicht nur wieder aufgenommen, sondern die zum 1. März vorgelegten neuen Stundenpläne enthalten neben dem fünfstündigen Deutschunterricht pro Woche ein bilinguales Angebot aller Fächer mit Ausnahme von Polnisch und Geschichte und folgen damit den Bestimmungen der Warschauer Bildungsverordnung von 2007. Ohne die gezeigte Hartnäckigkeit der Proteste vieler Beteiligter hätte es aber auch ganz anders ausgehen können.        Martin Schmidt


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