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13.03.10 / Falsche Leitbilder / CSU-Politiker fordert konservative Werte ein

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-10 vom 13. März 2010

Falsche Leitbilder
CSU-Politiker fordert konservative Werte ein

Alois Glück, langjähriger CSU-Spitzenpolitiker und seit 2009 Präsident des Zentralkomitees deutscher Katholiken (ZdK), ist ein Mann der leisen Töne. Doch in seinem Buch „Warum wir uns ändern müssen“ greift der parteiübergreifend geschätzte Vordenker auch zu scharfen Worten: „Unsere heutige Art zu leben ist nicht zukunftsfähig“, beginnt der 70-Jährige ebenso scharf wie er sein Werk beendet: „Die größte Gefahr für die Demokratie ist der satte, distanzierte Wohlstandsbürger.“

Diese Sätze umrahmen Glücks Suche nach einer „zukunftsfähigen Kultur“. Ausgangspunkt ist die Finanzkrise, die kein Zufall sei, sondern die Folge unverantwortlicher Leitbilder. Auch Gefahren wie Staatsverschuldung, Bevölkerungsschwund und kulturelle Konflikte schildert Glück eindringlich. Bemerkenswert ist, dass er dabei nie pessimistisch wirkt, weil er die Ursachen der Probleme erkennt – und so Lösungswege findet.

In einem gesellschaftlichen Kulturwandel sieht der Autor den einzigen Ausweg aus der Sackgasse, in die der Verfall konservativer Werte geführt hat. Anstelle orientierungsloser Modernisierung seien Leitbilder wie Geschichts- und Verantwortungsbewusstsein, Achtung der Traditionen, Solidarität und eine aktive Bürgergesellschaft gefragt. Glück bedauert daher die Schwäche der Konservativen, die in der Öffentlichkeit zunehmend kraftlos und sprachlos geworden seien. Nur vereinzelt würden in der Publizistik konservative Themen aufgegriffen, obgleich die „Bedingungen der modernen Welt nach einem Beitrag der Konservativen schreien“. Warum dieser kaum hörbar ist, begründet Glück historisch. Konservative Vertreter hätten dem Nationalsozialismus zum Durchbruch verholfen und seien daher in der Defensive. Trotz dieser längst überwundenen Vergangenheit habe sich noch kein neues Profil herausgebildet.

Doch das mag vor allem damit zusammenhängen, dass zwischen „strukturkonservativ“ und „wertkonservativ“ nicht unterschieden wird. Gerade wenn Werte wie Verantwortungsbereitschaft, Disziplin und Verlässlichkeit in breiten Bevölkerungsschichten noch immer als erstrebenswert gelten, lassen sich Konservative nicht als rück-ständig abstempeln. Zumal sie mit ihrer Wertedebatte die Finanzkrise an der Wurzel packen und so die Gefahr ihrer Wiederholung bannen. Weil der Autor das überzeugend vermittelt, ist er selbst ein Glücksfall für die Konservativen in Deutschland.

Auch wenn es Glück hauptsächlich um das Grundsätzliche und nicht um Tagespolitik geht, bleiben regierungskritische Zwischentöne nicht aus. Etwa bei der Forderung, die Politik müsse den Bürgern gerade in der Krise Orientierung geben, habe sich doch gezeigt, „wie skeptisch, distanziert, ja enttäuscht sie angesichts einer pragmatischen Reparaturpolitik oder Klientelpolitik ohne sichtbares Gesamtkonzept reagieren“. Hierfür wäre das Buch eine Basis, würde die Grundsatzarbeit von den Parteien nicht länger stiefmütterlich behandelt werden. Daher ist fraglich, ob der CSU-Vordenker mit seinem zehnten Buch neuen Schwung in die Debatte um eine Schärfung des Unionsprofils bringt.             Philipp Baugut

Alois Glück: „Warum wir uns ändern müssen − Wege zu einer zukunftsfähigen Kultur“, Herbig, München 2010, gebunden, 224 Seiten, 19,95 Euro


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