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20.03.10 / Im Kreise unserer Freunde / Wie die EU-Partner Deutschland doch noch kleinkriegen, was die Banken da

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11-10 vom 20. März 2010

Im Kreise unserer Freunde
Wie die EU-Partner Deutschland doch noch kleinkriegen, was die Banken davon haben, und warum Westerwelle alles richtig machte / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

Unsere Vorstellung von Geld ist naiv, sagen die Fachleute. Wir haben da immer sowas Festes im Auge, etwas, das den Wert aufbewahrt. Ganz falsch: Geld sei nur ein Schmiermittel, sagen die, die es wissen müssen. Daher komme es auch nicht darauf an, wie viel davon da sei, sondern darauf, dass es möglichst schwungvoll im Geldkreislauf herumrausche.

Das Bild vom Kreis ist einprägsam und obendrein volkspädagogisch hilfreich. Denn wenn der deutsche Steuerzahler das Bild erst einmal richtig falsch verstanden hat, dann ist es ihm vollkommen schnuppe, wenn er wieder einmal zugunsten von sonstwem abgezockt wurde. Der Kreis ist ja rund, das Geld kommt also unvermeidlich zu ihm zurück, er muss nur warten.

Mit dem Kreis argumentieren auch die Griechen, wenn es um unser Geld geht: Schließlich kauften sie mit den deutschen EU-Subventionen doch massenhaft deutsche Waren. Also seien es doch eigentlich sie, denen zu danken wäre, weil sie den tollen deutschen Export am Leben erhielten. Ohne den vom deutschen Steuerzahler subventionierten griechischen Kunden wäre die deutsche Wirtschaft nämlich längst an der „Konsumzurückhaltung“ auf ihrem Heimatmarkt verendet.

Ja, wenn man es so betrachtet. Und so betrachtet es mittlerweile halb Europa, nur dass man der Meinung ist, dass auf der deutschen Seite des Kreises immer noch viel zu viel Geld übrigbleibt. Eigentlich war geplant, die wirtschaftliche Dominanz Deutschlands schon mit der Abschaffung der D-Mark kleinzukriegen. Daraus ist bislang nichts geworden, was zu erheblicher Verärgerung bei unseren Freunden und Partnern geführt hat.

Damit der Kreis wieder harmoniert und das von den deutschen Exporteuren erwirtschaftete Geld schnell wieder abfließt, soll ein „Europäischer Währungsfonds“ eingerichtet werden. Die Idee stammt ironischerweise von einem Deutschen, dem Chefvolkswirt der Deutschen Bank Thomas Mayer. Den Urheber bewogen recht persönliche Gründe zu seinem Vorschlag: Herr Mayer hat nämlich Angst, und mit ihm viele seiner Kollegen. Die Banken haben den Griechen und anderen Wackelländern reichlich Geld geliehen, weil die Länder wegen ihrer fraglichen Kreditwürdigkeit so wunderbar hohe Zinsen zahlen. Da konnte man ganz risikolos Reibach machen.

Ja, von wegen „risikolos“! Seitdem der mögliche Staatsbankrott der Hellenen im Raum steht, steht Herrn Mayer der Schweiß auf der Stirn. Mit dem Währungsfonds wäre er gerettet, denn dann stünde der deutsche Steuerzahler gerade für die Sicherheit der Bank-Profite. Aber nicht dass einer denkt, hier würden – wieder einmal – private Gewinne auf Kosten der deutschen Allgemeinheit abgesahnt. Das wäre billige Bankenschelte. Nein, denken wir an den Kreis: Solange die Griechen Geld haben, beleben sie den deutschen Markt und helfen unserer Wirtschaft, die hiesige Konsumflaute, sprich: unsere Sparsamkeit, zu überstehen. Also profitieren doch alle, und wir Deutschen ganz besonders. Deshalb bastelt Wolfgang Schäuble bereits am Modell jenes „Währungsfonds“, auf dass wir Deutsche noch mehr profitieren können.

Das hört sich doch alles wunderbar an, und trotzdem will bei uns keine rechte Freude aufkommen. Wir ahnen, dass etwas faul ist an dem Kreiszauber. Im Grunde könnte sich so ja auch ein Bankräuber rechtfertigen: „Herr Richter, zu meiner Verteidigung möchte ich vorbringen, dass ich die Beute sofort komplett verjubelt habe, was über den Geldkreislauf den Kunden der beraubten Bank zugute kam und damit der Bank selbst, womit sie am Ende von meinem Raub sogar profitiert hat. Die Bank müsste mir dankbar sein, denn ohne meine Prasserei hätten weder der Rolexverkäufer noch der Sportwagenhändler noch der Puffkönig soviel Bares auf ihre Konten bringen können.“

Ob das Eindruck macht vor Gericht? Wohl kaum, und auch der EU-Kreislauf stinkt uns allmählich. Die Rollenverteilung ist nämlich ungleich: Herr A (das sind wir) erwirtschaftet, was Herr B konsumiert, wofür der sich von Herrn A bezahlen lässt, damit kein „wirtschaftliches Ungleichgewicht“ entsteht. Und Herr A soll sich artig beim Herrn B bedanken, weil der ihm seinen Arbeitsplatz sichert.

Hinten am Horizont tut sich unterdessen eine schauerliche Perspektive auf: Die Furcht geht um, dass sich das vermeintlich so starke Deutschland zu Tode profitieren könnte, dass ihm die Luft ausgeht, womit der schöne Kreislauf auseinanderflöge. Das jedoch mag man sich in Paris, Luxemburg oder Brüssel gar nicht vorstellen, weshalb man diesen Gedanken verdrängt und heftig auf die deutschen Exporttäter eindrischt, die noch mehr zahlen sollen. Oder wenigstens ihre eigene Wirtschaft so schwächen, dass die anderen Europäer ruhiger schlafen können. Der Chef der Euro-Finanzminister, der Luxemburger Jean-Claude Juncker, schlägt vor, dass Berlin seinen Staatsdienern deutlich mehr Gehalt zahlt. Dafür müsste man die Steuern erhöhen, was die deutsche Wirtschaft wunschgemäß beeinträchtigen würde.

Ins Werk setzen soll solche Maßnahmen eine „europäische Wirtschaftsregierung“, in welcher (der Besetzung anderer EU-Gremien folgend) vorwiegend französische und britische Bürokraten darüber wachen sollen, dass es mit den Deutschen bergab geht. Das hatten wir doch schon mal! Ja, Europa ist ein Kontinent mit reicher Geschichte und einer langen Erfahrung, aus der wir schöpfen können.

Im 20. Jahrhundert haben die Europäer vor allem darin Erfahrung gesammelt, wie man seinen Kontinent derart an die Wand fährt, dass über 400 Jahre europäischer Vorherrschaft auf der Erde in nur einer Generationen zerbröselt sind. Das haben wir von den alten Griechen gelernt (die schon wieder). Die haben sich in peloponnesischen Kriegen so gründlich selbst zerlegt, dass die Römer nur noch die Reste einsammeln mussten.

Die heutigen Römer stehen schon am Zaun. Wir sind gespannt, wie die Chinesen reagieren, wenn die Herrschaften aus Brüssel mit ihnen über „unfaire Ungleichgewichte“ reden wollen und Peking auffordern, die Defizite europäischer Schuldenstaaten zu finanzieren, weil China doch auch dorthin exportiert. Vermutlich werden wir erleben, dass die Leute im Land des Lächelns nicht nur lächeln, sondern auch schallend lachen können.

Uns selber fertigzumachen gelingt uns aber nicht bloß auf europäischer Ebene, das klappt auch national ganz gut. Nachdem die Große Koalition das traditionell deutschfreundliche Lateinamerika konsequent links liegen ließ, wollte der neue Außenminister alte Bande neu knüpfen. Aber was tat die Opposition? Die machte Westerwelles Reisebegleitung madig, weil angeblich zu viele Verwandte und gute Bekannte des Ministers mit von der Partie gewesen seien.

Ja, wissen die denn gar nichts? Der Minister war in Südamerika! Im Reich der Clans und Caudillos, wo dem Klischee nach oberhalb der Tischplatte fast nichts geht und Vetternwirtschaft moralische Pflicht ist. Mit der Auswahl seiner Begleiter hat der deutsche Chefdiplomat Brücken gebaut zur bunten Kultur jenes fröhlichen Kontinents, wo Zusammenhalt noch etwas zählt. Selbst wenn es gar keine Vetternwirtschaft war, schon der Anschein lässt uns Deutsche in den Augen der Südamerikaner gleich menschlicher aussehen.

Die Deutschen brauchen sich sowieso nicht mehr zu verstecken. Wir sind gar nicht mehr so spröde, so steif und verknöchert wie früher. Die Eleganz, mit der Sigmar Gabriel die rot-grüne Agenda 2010 endgültig zum schwarz-gelben Projekt umgelogen hat, ist der halbseidenen Grandezza manches lateinamerikanischen Volksbeglückers ganz und gar ebenbürtig. Das nächste Mal sollte Westerwelle den SPD-Chef mitnehmen, wenn er die Latinos besucht. Sie werden ihn lieben.


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