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27.03.10 / Erschwerte Einbürgerung / Ein Deutsch-Inder erzählt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 12-10 vom 27. März 2010

Erschwerte Einbürgerung
Ein Deutsch-Inder erzählt

Nicht immer erleichterte in den 1970er und 80er Jahren, als Deutschland noch nicht als Einwanderungsland galt, eine perfekt gelungene Integration Immigranten den Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft. Wäre dies nicht der Fall gewesen, hätte Haisnain Kazim, Sohn indisch-pakistanischer Einwanderer, sein Buch „Grünkohl und Curry – Die Geschichte einer Einwanderung“ vielleicht nicht geschrieben. Der 1974 in Oldenburg geborene studierte Politikwissenschaftler wuchs im altländischen Dorf Hollern-Twielenfleth nahe Hamburg auf, so wie jeder norddeutsche Junge mit der „Sesamstraße“, „Räuber Hotzenplotz“ und „Jim Knopf“ im TV-Kinderprogramm. Frühzeitig wurde ihm durch die Kontakte zu seinen in Südasien lebenden Angehörigen der kulturelle Unterschied zwischen der westlichen und der östlichen Welt bewusst. Indische Identität, pakistanisches Zuhause, integriert in Deutschland, so beschreibt sich Kazim, den Begriff „Heimat“ vermeidend. So ganz fühlt er sich nicht hierher gehörig, wird er doch mitunter auf unangenehme Weise auf seinen Migrationshintergrund angesprochen, sobald er den Kreis seiner Freunde verlässt. Hinzu kommt die Erinnerung an die Belastung während der 16 Jahre, als sich seine Eltern mit den hiesigen Behörden auseinandersetzten, bis zu jenem Tag im Oktober 1990, als sie die erlösende Mitteilung erreichte: Ihrem Antrag auf Einbürgerung ist stattgegeben worden. Vor einigen Jahren war es für Kazim an der Zeit, sich mit diesen Vorgängen zu befassen. Welch zähen Kampf seine Eltern geführt hatten, wurde ihm klar, als er die Sammlung der Dokumente in Händen hielt. Stets spielte die Erneuerung der Arbeitserlaubnis seines Vaters als nautischer Offizier – der später eine Kapitänsausbildung durchlief – eine wichtige Rolle. „Wieso hatten sie so viele Demütigungen ertragen müssen? War es das wert gewesen“, fragt er sich und antwortet umgehend: „Natürlich war es das.“ Und dennoch, der Stachel sitzt tief. Seine Eltern entstammen beide schiitisch-muslimischen Familien des Mittelstands aus Nordindien. Nach Norddeutschland verschlug es seinen Vater zufällig, da er sich auf die Anzeige einer deutschen Reederei als Seemann beworben hatte. Kurz darauf wurde er in Karatschi mit einer schönen jungen Frau verheiratet. Das Ehepaar wird samt Baby Hasnain in Hollern-Twielenfleth ansässig, gewinnt dort schnell Freunde und sogar eine Ersatzfamilie. Kontakte zu anderen indisch-pakistanischen Familien gibt es kaum. Viele Menschen aus dem Dorf sollten sich später für ihr Bleiberecht einsetzen, so die Freundin, die Unterschriften sammelte und Petitionen schrieb und Pastor Lochte, der ihnen versprochen hatte, so lange für sie zu kämpfen, bis sie die deutsche Staatsbürgerschaft erhielten. Hasnain Kazim hat ein berührendes, persönliches und dabei äußerst unterhaltsames Buch geschrieben. Seit 2006 Redaktionsmitglied von „Spiegel online“, lebt er seit Juli 2009 zusammen mit seiner deutschen Frau als Südasienkorrespondent von „Spiegel online“ und „Spiegel“ in Islamabad. Dagmar Jestrzemski Hasnain Kazim: „Grünkohl und Curry – Die Geschichte einer Einwanderung“, dtv, München 2009, kartoniert, 259 Seiten, 14,90 Euro


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