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03.04.10 / Union der Ohnmacht / Die 2002 gegründete Afrikanische Union (AU) bleibt machtlos − Fehden und Krisen lähmen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 13-10 vom 03. April 2010

Union der Ohnmacht
Die 2002 gegründete Afrikanische Union (AU) bleibt machtlos − Fehden und Krisen lähmen

Die vom libyischen Staatschef Muammar al-Gaddafi gegründete Organisation sollte ein Pendant zur Europäischen Union werden. Doch bisher hat sie bestenfalls durch Absichtserklärungen auf sich aufmerksam gemacht.

Es ist ein riesiger und ein rohstoffreicher Kontinent, es ist zugleich ein Erdteil der Konflikte und ein wirtschaftlicher Zankapfel für fremde Mächte, deren Gier nach Rohstoffen für ihre Industrien auf dem Rücken der schwarzen Bevölkerung ausgetragen wird: Afrika ist auch das Spielfeld religiöser Kämpfe zwischen Muslimen, Christentum und noch immer lebendigen, spirituell geprägten Naturreligionen. Und dieses Afrika mit seinen Dürrezonen (Sahel), Wüsten, Gebirgen, Steppen und Dschungeln bleibt wegen seiner Uneinigkeit hinter dem Rest der Welt zurück, wird zu einem Dauerproblem für die Vereinten Nationen, verpasst die Chance, mit einer starken Union dem Rest der Welt auch wirtschaftlich die Stirn zu bieten.

Erst vor kurzem wurde die von einem Militärputsch erschütterte Republik Niger aus der 2002 gegründeten und eine Bevölkerung von 968 Millionen umfassenden Afrikanischen Union (AU) ausgeschlossen, der mittlerweile noch 53 von ursprünglich 57 Staaten angehören und die der Organisation für Afrikanische Einheit (OAU) nachfolgte.

Der Sitz der Union, die mit mehr Einigkeit eine starke politische, ökonomische und sogar militärische Position einnehmen könnte, ist Addis Abeba in Äthiopien. Nach der Absichtserklärung der Gründer soll dort auch ein afrikanischer Gerichtshof entstehen. Die AU, ein Kind des libyschen Staatschefs Muammar al-Gaddafi, ist der Europäischen Union nachempfunden und kann laut Satzung Mitglieder ausschließen, deren Regierende verfassungswidrig an die Macht gelangt sind. Doch es ist eher ruhig geworden um den panafrikanischen Schulterschluss, zu divergierend sind die Interessen, zu uneins die Akteure. Marokko trat bereits 1984 wegen des Konflikts um die Westsahara aus der Vorgängerorganisation aus und zeigt kein Interesse an der neuen AU. Die Zusammenarbeit mit Mauretanien und Guinea ist wegen der dortigen Militärputsche ausgesetzt. 2009 wurde auch Madagaskar suspendiert und nun folgte der Niger. Ein Beitritt von Somaliland, das sich 1991 von Somalia lossagte, wurde abgelehnt.

Die ursprünglichen Ziele des finanziell von Libyen großzügig gesponserten Union sehen eine gemeinsame Währung vor und ein vereintes Auftreten in ökonomischen Fragen. Diesem Aspekt kommt insofern Bedeutung zu, als der gesamte Kontinent nur mit etwa zwei Prozent zum Welthandel beiträgt. Seit 2003 steht auch eine gemeinsame Eingreiftruppe zur Verfügung, die erstmals 2008 auf den Komoren eingesetzt wurde, um dort einen Putsch zu verhindern.

Die wirtschaftliche Integration des Kontinents wird nur zögerlich angegangen, das Engagement vieler Staaten in Doppel-Mitgliedschaften bei regionalen Organisationen, wie etwa der Ostafrikanischen Gemeinschaft (EAC) oder der ökonomischen Gemeinschaft Westafrikas (ECOWAS), behindert diesen Prozess des Zusammenwachsens zum Teil massiv. Viele der bevölkerungsschwachen Staaten konzentrieren sich ohnehin fast ausschließlich auf Binnenmärkte. Auch die so genannten Economic Partnership Agreements (EPAs) mit der Europäischen Union stellen eine Behinderung für die weitere innerafrikanische Integration dar.

Gaddafis machtpolitischer Traum einer großen Debatte mit dem Ziel, per Akklamation die „Vereinigten Staaten von Afrika“ zu gründen isoliert den Revolutionsführer, der von Februar 2009 bis Januar 2010 als Präsident dem Gremium vorstand und in seinen Visionen eine afrikanische Armee von zwei Millionen Soldaten dem Rest der Welt gegenüberstellen will. „Afrika wird sich einen oder sterben“, orakelte er gar.

Die großen Ziele des Zusammenschlusses sind in langfristigen Absichtserklärungen niedergelegt, so eine Harmonisierung der Zölle (bis 2019), die Bildung eines gemeinsamen Marktes mit Abstimmung der Währungspolitik und des freien Personenverkehrs (bis 2023), eine Wirtschafts- und Währungsunion mit gemeinsamer Währung (bis 2028). Eine Studie des Internationalen Währungsfonds (IWF) von 2007 kommt indes zu dem Schluss, dass die Effekte wirtschaftlicher Integration auf den innerafrikanischen Handel und der Anteil Afrikas am Welthandel bislang „unbedeutend“ gewesen sind. Zudem spart die AU bei ihren Gipfeltreffen Krisenherde wie Somalia, Nigeria, Sudan und Simbabwe als Themen aus, auch wenn sie 2010 zum „Jahr des Friedens und der Sicherheit in Afrika“ erklärt hat. Noel Kutawa von Amnesty International bringt es auf den Punkt: „Die meisten Staatschefs haben ihre eigenen Menschenrechtsprobleme zu verstecken. Das ähnelt oft einem Altherrenclub, in dem sie sich gegenseitig schützen.“ Als Beispiel kann der Entschluss der AU dienen, nicht mit dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag zu kooperieren, der Sudans Staatschef Omar al-Bashir mit einem Haftbefehl belegt hatte. Der 2010-Gipfel in Addis Abeba brachte auch keine Fortschritte im Darfur-Konflikt. Es droht die Aufspaltung des Sudan, des größten afrikanischen Landes, in einen Nord- und einen Südstaat.

Zwar wurde der Etat der Union beim letzten Gipfel auf 200 Millionen US-Dollar (2004: 43) aufgestockt, doch noch immer bezahlen viele der armen Staaten ihre Beiträge nicht und es werden bereits Stimmen laut, einige auszuschließen, um mehr Effektivität bei der Verwirklichung der Ziele zu erreichen.

Hier liegt ein weiterer Bremsklotz für das Zusammenwachsen: Aus Geldnot lassen sich viele Regierungen auf fragwürdige Deals mit ausländischen Investoren zur Ausbeutung wertvoller Rohstoffe ein und fördern so einen mehr oder minder heimlichen Ausverkauf großer Ländereien Afrikas an Großmächte wie die USA und China. So sicherte sich beispielsweise China mit einem Multi-Milliarden-Gebot im September 2009 gleich 23 Ölfelder in Nigeria und 2010 einen Bergbaupakt mit Sambia, vertiefte die Zusammenarbeit mit dem Sudan. Das im Gegenzug dieser heimlichen, erneuten „Kolonialisierung“ ins Land fließende Geld kommt indes, so lehrt die Erfahrung, kaum der einheimischen Bevölkerung zugute. Joachim Feyerabend


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