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03.04.10 / Manchmal sogar ein Esel / Wanderausstellung: Seit 60 Jahren unterstützt das Hilfswerk »Kirche in Not« weltweit Geistliche mit Fahrzeugen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 13-10 vom 03. April 2010

Manchmal sogar ein Esel
Wanderausstellung: Seit 60 Jahren unterstützt das Hilfswerk »Kirche in Not« weltweit Geistliche mit Fahrzeugen

Das Hilfswerk „Kirche in Not“ ist in mehr als 140 Ländern tätig, in denen die Kirche verfolgt wird oder nicht genügend Mittel für ihre seelsorgerischen Aufgaben hat. Hilfreich dabei ist die Aktion „Fahrzeuge für Gott“, der eine Ausstellung gewidmet ist. Pfarrer Ervin Szabó ist über-glücklich, als er einen funkelnagelneuen VW „Fox“ übernimmt. 1200 Kilometer ist er dafür von Großwardein (Oradea) in Rumänien bis nach Singen an den Bodensee gefahren. Das Ehepaar Wolfgang Löhr und Maria Löhr-Lukas hatte bei einem Spiel seiner Tageszeitung mitgemacht und den Wagen gewonnen. Behalten wollten sie den Pkw nicht, sondern an Bedürftige verschenken. Sie wandten sich an das Hilfswerk „Kirche in Not“ und baten um Vorschläge, wie man das Auto am nützlichsten weiterverschenken könne. Den Mitarbeitern kam dabei Pfarrer Szabó in den Sinn. Seine Aufgabe ist die geistliche Leitung eines katholischen Gymnasiums in Großwardein, nur zehn Kilometer von der ungarischen Grenze entfernt. Außerdem kümmert er sich noch um die Seelsorge und die Jugendarbeit in einigen Dörfern rund um die Stadt. Bisher musste er für diese Aufgabe täglich etwa 60 Kilometer per Anhalter fahren. Von der Gutmütigkeit der anderen Autofahrer hing es also ab, ob in den Orten um Oradea eine Heilige Messe gefeiert werden konnte oder nicht. Auch die Jugendlichen der Dörfer profitieren von dem neuen „Fahrzeug für Gott“, denn kleine Ausflüge in die Stadt werden nun deutlich einfacher. „Wir müssen die Jugendlichen in die Kirchen holen – weg von der Straße”, betont Pfarrer Szabó. „Das schaffen wir nur, wenn wir ständig bei ihnen sind.” Aus Anlass des 60-jährigen Bestehens der Aktion „Fahrzeuge für Gott“ ist derzeit eine Wanderausstellung zu diesem Thema in der Filiale der Liga-Bank in Dresden zu sehen. Diese Aktion hatten Pater Werenfried und das Hilfswerk „Ostpriesterhilfe“ 1950 ins Leben gerufen, um Priester mit Fahrzeugen zu versorgen, damit sie ihre seelsorgerischen Aufgaben auch in entlegenen Gebieten wahrnehmen konnten.

Am 17. Januar 1913 wurde Philippus van Straaten im niederländischen Mijdrecht als Sohn eines Lehrers geboren. 1934 trat er bei den Prämonstratensern im belgischen Tongerlo ein. Eine Tuberkuloseerkrankung verhinderte allerdings seinen Einsatz in der Mission, und so wurde er Sekretär des Abtes. Philipp, der inzwischen den Ordensnamen Werenfried (Wahrer des Friedens) erhalten hatte, wurde 1940 zum Priester geweiht.

Nach dem Zweiten Weltkrieg bat Papst Pius XII. den Ordensgeneral der Prämonstratenser, den Deutschen in ihrem völlig zerstörten Land zu helfen. Ein Hilferuf, der schließlich Werenfried er-reichte. Er organisierte eine Aktion für die 3000 heimatvertriebenen katholischen Priester aus dem deutschen Osten und ihre sechs Millionen Gläubigen. In unzähligen Predigten und Briefen rief Werenfried zur Hilfe für die Vertriebenen und Flüchtlinge aus dem deutschen Osten auf. Die flämischen Bauern hatten aber oft nicht viel mehr als ihr Vieh, und so kam Werenfried auf die Idee, sie um nicht zu kleine Stücke Speck zu bitten. Schon bei der ersten Sammlung kamen 28 Zentner Speck zusammen. Bald rollten ganze Lastzüge in die deutschen Flüchtlingslager und Pfarreien.

Auch eine andere Idee des mittlerweile als „Speckpater“ bekannten Werenfried war ein voller Erfolg. Er gewann Zehntausende flämischer Schulkinder dafür, Rucksackpriester zu „adoptieren“. Die zogen damals durch Deutschland, um sich ihrer vertriebenen Landsleute anzunehmen. 3000 Schulen und Schulklassen schenkten ebenso vielen Priestern jahrelang ihr Taschengeld, ihr Gebet und den Trost ihrer Kinderbriefe. Später konnten die Rucksackpriester sogar mit Motorrädern ausgestattet werden, damit sie ihren Aktionsradius erweitern konnten. 1950 begann die so genannte Kapellenwagen-Aktion. 35 umgebaute holländische Autobusse (jeder einzelne 14 Meter lang, drei Meter hoch und fünf Tonnen schwer) dienten als Kapellen, boten Schlaf-raum für die Besatzung sowie Raum für ein Lebensmittel- und Kleiderlager. In den folgenden Jahrzehnten weitete „Kirche in Not“ die motorisierte Unterstützung für die weltweite Seelsorge immer mehr aus. Priester, Ordensschwestern und Laien in entlegenen Gebieten wurden mit Autos, Booten, Motorrädern, Fahrrädern und manchmal sogar Eseln ausgestattet, um ihre pastoralen Aufgaben erfüllen zu können. 1952 begann die Ostpriesterhilfe der verfolgten Kirche im kommunistischen Machtbereich mit Predigten in Deutschland, Österreich und der Schweiz zu helfen. Ab 1953 half man Flüchtlingen aus Ungarn und Polen, ein Jahr später arabischen Flüchtlingen in Israel. Papst Johannes XXIII. bat Pater Werenfried auch um Hilfe für Lateinamerika, Afrika und Asien. 1964 wurde sein Werk kirchenrechtlich anerkannt, einige Jahre später erhielt es den Namen „Kirche in Not / Ostpriesterhilfe“. Bis 1983 wurden 40 brasilianische Diözesen im Amazonasgebiet mit mehr als 300 ehemaligen Militärlastwagen aus der Schweiz als Transportmittel unterstützt, „Kriegsfahrzeuge im Dienst der Liebe, des Friedens und der Gerechtigkeit“, so Pater Werenfried. Bald unterstützte man Erdbe-benopfer in Guatemala, Boat-People in Vietnam, Flüchtlinge aus Laos und Kambodscha in Thailand, Notleidende auf den Philippinen und in Malaysia. In Deutschland ist auch heute noch das „Beichtmobil“ unterwegs – ein zum Beichtstuhl umgebauter VW-Bus, in dem katholische Geistliche Seelsorgegespräche anbieten. Nach dem Beispiel der Kapellenwagen wurden zwei Kapellenschiffe für orthodoxe Christen auf der Wolga und dem Don finanziert. – Pater Werenfried starb am 31. Januar 2003 in Bad Soden. Die Wanderausstellung würdigt nicht zuletzt auch seine Leistung. Silke Osman

Die Ausstellung in der Liga-Bank in Dresden ist bis zum 15. April montags bis freitags von 8.30 Uhr bis 12 Uhr, montags von 13 Uhr bis 18 Uhr, dienstags bis donnerstags von 13 Uhr bis 16 Uhr geöffnet. Anschließend ist die Ausstellung vom 20. April bis 18. Mai in der Liga-Bank Passau, Domplatz 6, vom 20. Mai bis 18. Juni in der Liga-Bank Freiburg, Herrenstraße 34, und vom 22. Juni bis 21. Juli in der Liga-Bank Augsburg, Jesuitengasse 21, zu sehen.


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