19.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
17.04.10 / Ostpreußische Blutzeugen / Vor und auch noch nach 1945 starben viele Ostpreußen wegen ihres Glaubens

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-10 vom 17. April 2010

Ostpreußische Blutzeugen
Vor und auch noch nach 1945 starben viele Ostpreußen wegen ihres Glaubens
von Helmut Moll

Nicht nur etliche Angehörige der Bekennenden Kirche im überwiegend evangelischen Ostpreußen erlitten in der NS-Zeit das Martyrium. Auch viele Katholiken traf dieses Schicksal, vor allem Kritiker des NS-Regimes, aber auch dem Polentum verbundene Priester. Noch mehr Martyrien beider Konfessionen gab es beim Einmarsch der Roten Armee.

Die durch den Versailler Vertrag bedingte Trennung vom übrigen Reich erfüllte die Bewohner der Provinz Ostpreußen über alle Interessen hinweg mit nationalem Pathos. Erich Koch, ab 1928 ostpreußischer Gauleiter der NSDAP, vermochte zwar die Mitgliederzahlen zu steigern und die Parteiorganisationen zu festigen, doch blieb sein Kampf im katholischen Ermland, das sich mit den preußischen Kreisen Braunsberg, Heilsberg, Rößel sowie dem Stadt- und Landkreis Allenstein deckte, zäh und schwer.

Der Hirtenbrief Maximilian Kallers (1930−1947) charakterisierte 1931 den Nationalsozialismus als Ersatzreligion für den christlichen Glauben. 1937, als alle kirchliche Vereins- und Organisationstätigkeit unterbunden wurde, richtete der Oberhirte eine Bischöfliche Arbeitsstelle für die gesamte Erwachsenen-, Jugend- und Kinderseelsorge ein, um seine Gläubigen vor der Ideologie des Nationalsozialismus zu immunisieren.

Die Gewaltmaßnahmen der Gestapo richteten sich im Jahre des Kriegsausbruchs 1939 besonders gegen dem Polentum verbundene Priester. Das erste Opfer wurde Pfarrer Bronislaus Sochaczewski (*1886), der am 10. Mai 1939 innerhalb von zehn Minuten sein Pfarrhaus und seine Pfarrgemeinde verlassen musste. Er wurde verhaftet und in das KZ Stutthof eingeliefert. Von dort ging sein Leidensweg in das KZ Sachsenhausen, wo er am 13. Mai 1940 starb.

Der in Königsberg am Pregel aufgewachsene Leo Olschewski  (*1894), der seit 1938 Propst in Tilsit war, wurde bespitzelt und verhört, bis er aufgrund einer Anzeige am 25. August 1941 wegen einer Äußerung über die Grausamkeit der SS verhaftet wurde. In der Folge wurde er in das KZ Dachau eingewiesen. Im „Hungerjahr“ starb er dort am 11. August 1942.

Der im Jahr 1888 in Deutsch Damerau geborene Pfarrer Albert Rogaczewski, der sich gegen die Ideologie des Nationalsozialismus geäußert hatte, wurde verhaftet und in das KZ Buchenwald eingeliefert, in dem er am 16. März 1944 starb.

Der Einmarsch der Roten Armee nach Ostpreußen erfolgte im Januar 1945. Die Pfarrer blieben nach dem Beispiel des Guten Hirten bei ihren Gläubigen, wollten sie doch nicht „fliehen, wenn sie den Wolf kommen sehen“ (Joh 10,12). Die Soldateska brachte angesichts dieser Umstände zahlreiche Pfarrer an Ort und Stelle um, so beispielsweise Paul Chmielewski in Groß Kleeberg, Otto Langkau in Groß Bertung (Kreis Allenstein), Arthur Linka in Jonkendorf (Kreis Allenstein), Bruno Siegel in Alt Bolitten, Joachim Ziemetzki in Alt-Wartenburg (Kreis Allenstein), Johannes Lindenblatt in Rastenburg, Dr. Ulrich Schikowski in Tiedmannsdorf (Kreis Braunsberg), Johannes Marquardt in Plausen (Kreis Rößel), Wilhelm Brehm in Bischofsburg, Bruno Weichsel in Saalfeld (Kreis Mohrungen), Arthur Schulz in Bischofstein (Kreis Rößel), Adalbert Prothmann in Prossitten (Kreis Braunsberg), Paul Schwartz in Frauenwalde (Kreis Heilsberg), Dr. Bronislaus Wladislaus Switalski in Frauenburg, Josef Steinki in Allenstein, Franz Zagermann in Glockstein (Kreis Rößel), Paul Huhn in Tolkemit (Kreis Elbing), Bernhard Klement in Allenstein und Gerhard Witt in Elbing. Andere starben, als sie in die UdSSR verschleppt wurden: Bruno Bludau, Dr. Bruno Groß, Karl Heinrich, Georg Hippel, Paul Langkau, Aloys Moritz, Wilhelm Thater, Gerhard Thidigk, Hugo Wessolek, Karl Langwald, Hugo Will, Felix Zimmermann, Helmut Zint und Ferdinand Podlech.

Darüber hinaus verdienen schutzlose weibliche Jugendliche, erwachsene Frauen und Ordensschwestern Beachtung, die 1945 aus religiöser Motivation dem unsittlichen Verlangen von Rotarmisten die Stirn boten, am Ende aber missbraucht und tödlich verletzt wurden. Sie gaben Zeugnis von ihrer leib-seelischen Integrität und ihrer Würde. Ihre Zahl ist Legion. Stellvertretend für Ostpreußen seien folgende Frauen genannt: 14 Schwestern der Kongregation von der heiligen Katharina, die zweifache Mutter Cäcilia Grabosch aus Schönfelde, die in Voigtsdorf umgebracht wurde, Hedwig Elisabeth Schnarbach aus Kaplitainen, die Haushaltshilfe Gertrud Klimek aus Fittigsdorf sowie die Haushaltshilfen Agnes Drabioski aus Fittigsdorf und Angela Hildegard Berger aus Wolfsdorf, ferner die Hausfrauen Anna Fieberg aus Guttstadt und Maria Fischer aus Bornitt, welche am 16. Februar 1945 in Wormditt umkamen, oder die Bauerntochter Margaretha Wiewiorra aus Sternsee, die am 9. März 1945 in ihrem Heimatort starb.

Nicht zu vergessen sind die getöteten Beschützer dieser bedrohten Frauen: der Landwirt Anton Roweda (*1886), der, um seine Tochter Hedwig zu schützen, wurde er mit ihr am 28. Januar 1945 in Raschung (Kreis Rößel) erschossen, Pfarrer Franz Ludwig (*1896), der am 30. Januar in Santoppen (Kreis Rößel) umgebracht wurde, und Pfarrer Engelbert Rahmel (*1891), der am 27. Februar in Stegers (Kreis Schlochau) erschossen wurde.

Insbesondere die Ostpreußen sind aufgerufen, diese Namen dem Vergessen zu entreißen und ihnen ein ehrendes Andenken zu bewahren.

 

Professor Helmut Moll ist Theologe und Historiker, Doktorvater des 1944 Geborenen ist Joseph Ratzinger, der heutige Papst. Moll ist Herausgeber des im Auftrag der deutschen Bischofskonferenz erschienenen zweibändigen Werkes „Zeugen für Christus − Das deutsche Martyrologium des 20. Jahrhunderts.“ (Paderborn 1999, 4., vermehrte und aktualisierte Auflage 2006), 78 Euro.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren