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17.04.10 / Verleumdeter Gestalter / Biographie über Hans Globke

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-10 vom 17. April 2010

Verleumdeter Gestalter
Biographie über Hans Globke

Man kann davon ausgehen, dass der Name Hans Globke nur mehr bei historisch Interessierten und Zeitzeugen, die die Adenauer-Ära bewusst miterlebt haben, Assoziationen wachruft. Hans Globke war 1953 bis 1963 als Staatssekretär im Bundeskanzleramt einer der einflussreichsten Mitgestalter der deutschen Politik. Wegen seiner früheren Tätigkeit als Ministerialrat im Reichsinnenministerium wurde er in der Öffentlichkeit in zunehmendem Maße attackiert. Der Hauptkritikpunkt war und blieb seine Mitautorenschaft an einem Kommentar zu den Nürnberger Rassegesetzen, der 1936 erschien. Angeheizt wurde die kontroverse Diskussion unter anderem durch einen DDR-Schauprozess gegen Globke. Der Leipziger Historiker Erik Lommatzsch hat mit Mitteln der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung das Wirken des Verwaltungsjuristen Hans Globke erforscht und biografisch dargestellt. Die Studie „Hans Globke (1898–1973) – Beamter im Dritten Reich und Staatssekretär Konrad Adenauers“ ist seine Dissertation. 

Hans Maria Globke wuchs als Sohn eines Großtuchhändlers in Aachen auf. Als Student der Rechtswissenschaften wurde er Mitglied der katholischen Zentrumspartei. Nach dem Studim trat er 1929 als Regierungsrat im Ministerium des Inneren in den preußischen Staatsdienst ein. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde er 1934 Referent im neu gebildeten Reichs- und Preußischen Ministerium des Inneren. In dieser Funktion formulierte und kommentierte er wichtige Gesetze mit. 1947 sagte er im so genannten Wilhelmstraßen-Prozess sowohl als Zeuge der Verteidigung als auch der Anklage aus. Er berief sich darauf, nur Zuarbeiter von Instanzen gewesen zu sein. Mehrere Zeugen sagten zu seinen Gunsten aus. Seine Mitverantwortung bei der Verfolgung der Juden und den Bestrebungen zur „Germanisierung“ der europäischen Ostgebiete wurde als äußerst gering eingestuft.

Dass die Forschungen über Hans Globkes Rolle bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs sich so schwierig gestalteten, ist hauptsächlich Quellenproblemen geschuldet. So enthält dessen Nachlass im Archiv der Adenauer-Stiftung aus dieser Zeit keine Dokumente. Es galt dennoch, sich gerade mit den unausgeräumten Vorwürfen zu beschäftigen, in erster Linie betreffend Globkes Zusammenwirken mit Wilhelm Stuckart, der an der Ausarbeitung der antijüdischen Gesetze beteiligt war. Lommatzsch fand teilweise Ersatz für Originalakten in Form von Faksimiles und Auszügen von Akten, die Globke bearbeitet hat.

In welchem Umfang allerdings Abstriche gemacht werden muss-ten, kann der Leser natürlich kaum nachvollziehen. Doch gelang es dem jungen Historiker einwandfrei nachzuweisen, dass sämtliche schweren Anschuldigungen gegen Globke unhaltbar sind. Erwiesen ist auch, dass dieser sich tatsächlich als Informant im Umfeld des katholischen Widerstands betätigt und in Einzelfällen für Verfolgte eingesetzt hat. Adenauer hielt bis zu seiner Amtsniederlegung an seinem engsten Mitarbeiter fest, der vier Tage später, am 15. Oktober 1963, in den Ruhestand trat. Dagmar Jestrzemski

Erik Lommatzsch: „Hans Globke (1898–1973) – Beamter im Dritten Reich und Staatssekretär Adenauers“, Campus, Frankfurt/New York 2009, geb., 444 Seiten, 39,90 Euro


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