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24.04.10 / Fataler »Braindrain« / Der Verlust von Leistungsträgern kann ganze Länder ruinieren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 16-10 vom 24. April 2010

Fataler »Braindrain«
Der Verlust von Leistungsträgern kann ganze Länder ruinieren

Nur für wenige Begriffe aus der Flut englischer Fremdwörter gibt es keine ganz befriedigende deutsche Entsprechung. Ein Beispiel dafür ist das Wortpaar „Braindrain“ / „Braingain“, das wörtlich „Gehirnabfluss“ und „Gehirngewinn“ bedeutet.

Gemeint ist das aus der Wirtschafts- und Migrationsgeschichte seit langem bekannte Phänomen, dass Regionen oder ganze Länder durch Wanderungsbewegungen viele begabte und leistungsfähige Menschen verlieren oder eben auch gewinnen. Der brandenburgische Kurfürst Friedrich Wilhelm wusste im Jahre 1685 intuitiv, dass es Preußen nutzen würde, wenn er sein Land für die damals zu Zehntausenden von Frankreich faktisch vertriebenen Hugenotten öffnen würde. Durch das Edikt von Potsdam lockte er 20000 überwiegend sehr leistungswillige Religionsflüchtlinge ins Land, die mit protestantischer Arbeitsmoral Preußen bald wesentlich voranbrachten. Im Laufe des 17. Jahrhunderts verlor dagegen Frankreich rund 200000 Protestanten, was das Land in seiner weiteren Entwicklung wesentlich behinderte. Übrigens versuchten etwa 50000 von ihnen ihr Glück in England, was dazu beigetragen hat, dass wenige Jahrzehnte später Großbritannien und nicht etwa Frankreich zum Ausgangsort der Industrialisierung wurde.

Wirtschaftshistoriker gehen heute davon aus, dass Spanien seine Weltmachtstellung im 16. Jahrhundert auch wegen der Vertreibung der Juden nach 1492 verlor, nicht zuletzt der Verlust der Finanzelite war nur schwer zu ersetzen.

Ein klassischer Fall von Braindrain ist die massenhafte Emigration deutscher Spitzenwissenschaftler in die USA nach der Machtergreifung der Nazis 1933. Nur ein kleiner Teil kehrte nach 1945 zurück, später folgte weitere Abwanderung von Spitzenforschern, was sich bis heute massiv in der Nobelpreisträger-Statistik niederschlägt, die vor 1918/33 für Deutschland noch viel vorteilhafter aussah als heute.

Ein anderer Braindrain ist die Abwanderung von 2,7 Millionen Ost- und Mitteldeutschen aus der damaligen DDR in die alte Bundesrepublik bis zum Mauerbau von 1961. Angehörige aller Schichten verließen das „Arbeiter- und Bauernparadies“, aber eben besonders viele Leistungsträger. Die Folgen sind noch lange nicht überwunden und womöglich auch dauerhaft gar nicht überwindbar.

Heute hat sich Deutschland vor allem durch seine Umverteilungspolitik eine fatale Braindrain-Problematik selbst eingebrockt: Während der weltweit fast einmalige deutsche Sozialstaat Millionen gering Qualifizierter nach Deutschland gelockt hat und immer noch lockt, haben bereits mehrere Hundertausend überwiegend gut ausgebildete und junge Deutsche das Land verlassen: Hoch belastet mit Steuern und Abgaben wären sie hier die „Deppen des Sozialstaats“. Sogar unter den deutsch-türkischen Rückwanderen in die Türkei sind die Qualifizierten weit überproportional vertreten.        K.B.


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