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24.04.10 / Sparzwang treibt Blüten / Länder wollen Gerichtsvollzieherwesen privatisieren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 16-10 vom 24. April 2010

Sparzwang treibt Blüten
Länder wollen Gerichtsvollzieherwesen privatisieren

Der erste Schritt ist bereits getan, der Bundesrat hat der Privatisierung des Gerichtsvollzieherwesens zugestimmt. Nun liegen die beiden dafür nötigen Gesetzentwürfe der Bundesregierung vor, die diese an den Bundestag weiterleiten wird. Es ist der zweite Versuch des Bundesrates, das starre, Gläubiger im Verhältnis zum Schuldner schlecht stellende Gerichtsvollzieherwesen zu reformieren, doch das Wort Privatisierung in diesem Zusammenhang ruft Skepsis hervor. Schließlich sind Gerichtsvollzieher bis jetzt Beamte, die den Landes-justizbehörden unterstellt sind.

Aufgabe der Gerichtsvollzieher ist es, Gläubigern zu helfen, gerichtlich anerkannte Forderungen durchzusetzen. Für deren Durchsetzung dürfen sie das Hab und Gut des Schuldners pfänden. Ist dieses nicht im benötigten Umfang vorhanden, können sie eidesstaatliche Versicherungen abnehmen. Im Grunde handelt es sich um eine staatliche Hoheitsaufgabe, die die Länder zu honorieren haben. Und genau das missfällt den klammen Bundesländern. Bereits 2007 hatten sie mit dem Argument, das Gerichtsvollzieherwesen effizienter zu machen, auf eine Reform gedrängt. Nun wurde der zweite Versuch gestartet. Baden-Württemberg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen reichten im Bundesrat den Antrag ein und Länder wie Nordrhein-Westfalen und Bayern schlossen sich dem Vorschlag an. Da sie alle finanziell in Bedrängnis sind, werden hier über alle Parteigrenzen hinweg, Sparpotenziale erkannt.

198 Millionen Euro pro Jahr könnten auf diese Weise gespart werden. Zusätzlich würden die nun freiberuflichen Gerichtsvollzieher Umsatzsteuer zahlen müssen, so dass Einnahmen von etwa 113 Millionen Euro winken. Das ist nur durch eine „deutliche Erhöhung der Kosten der Zwangsvollstreckung“ möglich, was zu Bedenken bei der Bundesregierung geführt hat, zumal die Gläubiger auch bei erfolgloser Vollstreckung zahlen müssen. Auch treffen Gerichtsvollzieher häufig auf Schuldner, die vor dem finanziellen Ruin stehen, so dass die Beamten auch ein soziales Fingerspitzengefühl an den Tag legen müssen. Forderungen nach zu schaffenden „Leistungsanreizen“ für Gerichtsvollzieher, wie im Gesetzentwurf gefordert, klingen in diesem Kontext deplatziert.

Frank Zittka, Pressesprecher des Beamtenbundes dbb, sieht die Reformpläne kritisch, doch er merkt an, dass für deren Umsetzung eine Grundgesetzänderung mit einer Zweidrittelmehrheit im Bundestag nötig sei. Stephan Kraiß, Referent für Rechtspolitik der FDP-Bundestagsfraktion, weist gegenüber der PAZ darauf hin, dass die Reform im Koalitionsvertrag vereinbart sei. In Betracht käme eine Übertragung der Aufgaben der Gerichtsvollzieher auf Beliehene in Anlehnung an die Regelungen über den Notar. Die Beleihung beließe die Verantwortung für die ordnungsgemäße Erfüllung der übertragenen Aufgaben beim Staat. Der beliehene Gerichtsvollzieher bliebe damit Beamter im haftungsrechtlichen Sinne. Die Umstellung auf ein Beleihungssystem führe aber dazu, dass die Bestellung eines Gerichtsvollziehers künftig nicht mehr von haushaltsrechtlichen Zweckmäßigkeitserwägungen abhinge. „Vielmehr kommt es auf den Bedarf an Gerichtsvollziehern an. Bei einer stetigen Erhöhung des Geschäftsanteils und steigender Belastungen ist es dann eher möglich, entsprechende Beleihungsstellen zu besetzen, anstatt neue Beamtenplanstellen zu schaffen“, so Kraiß.     Bel


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