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24.04.10 / Kursänderung / Wladimir Putin gesteht erstmals Fehler seiner Regierung ein

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 16-10 vom 24. April 2010

Kursänderung
Wladimir Putin gesteht erstmals Fehler seiner Regierung ein

Wladimir Putin reist zurzeit in die unterentwickelten Regionen Russlands, um die langfristige Strategie der Regierung zur Krisenüberwindung vorzustellen. Er nutzt Parteikonferenzen der Partei „Einiges Russland“, um angenehme Neuerungen für das Volk zu verkünden. Die Regierung schreibt Preise für Lebensmittel und Medikamente fest und Putin kontrolliert deren Einhaltung höchstpersönlich. Im nordrussischen Murmansk ließ er seinen Konvoi anhalten, um sich medienwirksam in einer Apotheke nach den Preisen zu erkundigen. Das ist Putin, wie man ihn kennt.

Bei einem Treffen in Sibirien überraschte er mit ganz neuen Tönen. Er forderte Entbürokratisierung und Dezentralisierung der Politik. Jede Region solle ihre Konkurrenzfähigkeit unter Beweis stellen. Er sprach davon, „den russischen Föderalismus sowie die örtliche Selbstverwaltung, Geschäfts- und Bürgerinitiativen zu fördern“. Erstmals gestand Wladimir Putin sogar Fehler seiner Regierung beim Wegfall der Subventionen für kommunale Dienstleistungen ein. Die Tariferhöhungen waren so drastisch, dass sie vielerorts zu Massenprotesten geführt hatten. Erst vor seinem Besuch in Angarsk wieder 6000 Menschen gegen ihn demonstriert. Bisher war den Stadtregierungen stets die Schuld in die Schuhe geschoben worden, Korruption und Schlamperei wurden ihnen vorgeworfen. Nun gab Putin zu, dass eine falsche Subventionspolitik des Zentrums die Städte unter Druck gesetzt habe. Weil dem Staat die großzügigen Subventionen in der Krise zu teuer wurden, beschloss die Regierung, sie ersatzlos zu streichen. Für kommunale Dienstleistungen gab es in den Regionen jedoch ein Solidarsystem, bei dem Industriebetriebe  die Abgaben für sich und für einen Teil der Bevölkerung zahlten und zudem noch Gewinn für die Kommune abfiel. Nach dem Wegfall bedeutete dies vor allem für Rentner und Geringverdir einen katastrophalen Anstieg ihrer Lebenshaltungskosten.

Putin kündigte darüber hinaus eine Änderung der Parteilinie an. Künftig soll bei Regionalwahlen nach Parteiliste gewählt werden, was auch kleineren Parteien das Mitregieren ermöglicht. Einiges Russland wird an vielen Orten die Mehrheit verlieren und Koalitionen bilden müssen. Was steckt hinder der plötzlichen Kursänderung des Ministerpräsidenten? Will er die während seiner Präsidentschaft getroffenen Fehlentscheidungen korrigieren oder hat bereits der Wahlkampf begonnen? Von Letzterem gehen zumindest Beobachter aus Presse und Politik aus.

Die Wahl steht zwar erst in zwei Jahren an, aber die russische Presse berichtet bereits heute davon, dass die Sympathie der Russen mehr und mehr Medwedew gilt, während Putins Beliebtheit sinkt. Dennoch sehen viele in ihm immer noch den Garant für Stabilität und Sicherheit. Am Image des starken Mannes hält Putin weiterhin fest. Im Rechenschaftsbericht der Regierung für 2009 hebt er die gestiegene Arbeitsproduktivität hervor und garantiert den Bürgern weiter Sozialleistungen sowie eine Rentenerhöhung trotz Krise. Ab Herbst 2010 soll der private Wohnungsbau subventioniert werden, Gehälter und Stipendien für Studenten steigen.        M. Rosenthal-Kappi


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