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24.04.10 / Leben ohne Flugzeuge?

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 16-10 vom 24. April 2010

Leben ohne Flugzeuge?
von Hinrich E. Bues

Von der „Wut der Asche-opfer“, dem „Vulkan-Chaos“ und von „150000 gestrandeten deutschen Urlaubern“ ist in Nachrichtensendungen oder auf Titelseiten die Rede. Seit die Flugzeuge nicht mehr wie geplant fliegen, scheint die ganze Welt in einem einzigen Tohuwabohu zu versinken, glaubt man den Medienleuten.

Dabei ist es noch gar nicht so lange her, dass sich der normale Reisende überlegt hat, ob er zu Fuß, per Esel, Pferd, Kutsche oder seit dem vorletzten Jahrhundert auch mit der Eisenbahn eine längere Strecke reisen wollte. Und erst vor gut 100 Jahren begann die Fortbewegung per Auto. Heute ist es aber für viele normal geworden, von Köln nach Hamburg oder von München nach Teneriffa zu fliegen.

Bei allem verständlichen Ärger über durcheinander geworfene Zeitpläne oder errechnete wirtschaftliche Schäden sollte man allerdings die Kirche im Dorf lassen. Zwei deutsche Studenten auf Teneriffa beklagten sich medienwirksam darüber, dass sie wegen des „Flugchaos“ ein paar Tage länger bleiben und vom teuren Hotel in die Jugendherberge umziehen müssen. Eine andere Studentin kommt aus dem schönen Barcelona nun nicht mehr fristgerecht zurück, um sich an ihrer Uni für Vorlesungen und Seminare einzuschreiben. Sieht so das Chaos aus?

Den jungen Leuten scheint ein wenig die Flexibilität abhanden gekommen zu sein. Andere passen sich da schneller und wendiger an die geänderten Umstände an. Am Freitagmorgen (Beginn der Flughafensperrungen) vergangener Woche treffe ich einen jungen Juristen, der einen Flug von Hamburg nach Frankfurt gebucht hatte, um − wie es der Zufall so will − einen Termin bei der Deutschen Flugsicherung (Langen bei Frankfurt) wahrzunehmen. Noch vor sechs Uhr in der Früh bestieg er den Zug und erreichte nur drei Stunden und 36 Minuten später pünktlich den Frankfurter Hauptbahnhof. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigte sich bei ihrer Rückkehr aus den USA flexibel, belastungsfähig und solidarisch. Statt alleine von Lissabon mit dem Hubschrauber zurück nach Berlin zu fliegen, machte sie sich gemeinsam mit ihrem Reisetross auf den mühsamen Weg per Flugzeug, Auto und Bus in die Bundeshauptstadt.

Über die Hektik unserer Zeit zu klagen ist eine Sache, die Chance, der ungewollten Verlangsamung der Dinge zu akzeptieren eine andere. Da haben es die Isländer übrigens weitaus schwerer. Über dem hoch verschuldeten Insel-Staat, der im März noch auf Vulkan-Touristen gehofft hatte, wird der Himmel im wahrsten Sinne des Wortes immer dunkler. Zentimeterhoher Ascheregen, überschwemmte Straßen, verdorbenes Weideland − und keiner weiß, wann der Vulkan aufhört, Asche zu spucken. So sehen echte Ascheopfer aus.


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