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24.04.10 / Genötigte Ausreißerin / Krimi um Pädophilennetz

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 16-10 vom 24. April 2010

Genötigte Ausreißerin
Krimi um Pädophilennetz

Kaum hat der Leser den letzten Fall von Arne Dahls schwedischem Ermittlerteam, der A-Gruppe des Kriminalromans „Totenmesse“, verdaut, hält der Autor uns bereits mit seinem nächsten Band in Atem. In „Dunkelziffer“ versucht die Truppe von hochrangigen Ermittlern ein Mädchen zu finden, das auf einer Klassenreise im Wald spurlos verschwunden ist.

Die Spur führt jedoch vom Wald aus direkt in die Weiten des Internets, als die Polizisten herausfinden, dass die 14-Jährige Nacktfotos von sich auf einer kostenpflichtigen Internetseite zur Schau stellte. Doch wollte das Mädchen wirklich nur sein Taschengeld aufbessern?

Schon bald geht den Mitgliedern des Ermittlerteams auf, dass es sich bei Emily nicht um eine verliebte Ausreißerin handelt, sondern dass sie es hier mit einem Fall zu tun haben, der sie in die Abgründe der menschlichen Seele blicken lässt, ein großes Pädophilennetz rückt in den Fokus der Ermittlungen.

Doch was verschweigt die sich betont gelassen zeigende Mutter Emilys? Und wieso kann sie sich als einfache Teilzeitangestellte in einem Call-Center eine so teure Wohnung leisten? Schon bald wird aus der anfänglichen Ahnung der Ermittlerin Kerstin Holm ein dunkler Verdacht. Doch als wäre der ganze Fall nicht bereits verworren genug, taucht plötzlich auch noch eine Leiche auf.

„Eine Leiche ist eine Leiche. So hatte Arto Söderstedt die Sache immer betrachtet. Nüchtern und besonnen. Er war Humanist genug, um an die Seele zu glauben, und es war immer so offensichtlich, dass die Seele weit, weit weg war. Sie war auch jetzt weit weg. Aber eine Leiche war nicht immer eine Leiche. Es gab Ausnahmen. Der Kopf des Mannes lag an Ort und Stelle auf der Metallbahre, wäre nicht die schwache rote Linie am Hals gewesen … Söderstedt fühlte sich schwindelig, als er sich zum mit Abstand ältesten Gerichtsmediziner der Welt umwandte, dem pensionsverweigernden Uhu namens Sigvard Qvarfordt.“

Wie gewohnt entwirrt Arne Dahl auch in diesem Kriminalfall Kapitel für Kapitel das Durcheinander der einzelnen Spuren und fügt zum Ende hin alle einzelnen Handlungsstränge zu einem klaren Gefüge zusammen.

Wer jedoch bisher noch keine Bekanntschaft mit der schwedischen Sondereinheit gemacht hat, sollte sich als Einstieg möglichst nicht diesen Roman auswählen. Die Charaktere und die bisherigen einschneidenden Erlebnisse der Ermittler werden zum Teil als bekannt vorausgesetzt, die persönlichen Entwicklungen weitergesponnen. Da die A-Gruppe aus sieben Mitgliedern besteht, wirken die vielen einzelnen Handlungsstränge manchmal etwas verworren.

Und wer von „Dunkelziffer“ durchgehende Hochspannung erwartet, wird hier nicht befriedigt werden. Vielmehr schleicht sich das Gift der in diesem Fall bitteren Wahrheit durch die Handlung, grausam, langsam, blutig und unaufhaltsam. Ein spannender und ausgeklügelter Krimi, der jedoch etwas Geduld vom Leser erfordert.           A. Ney

Arne Dahl: „Dunkelziffer“, Piper, München 2010, gebunden, 413 Seiten, 19,95 Euro


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