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24.04.10 / Königstraum und Massenware / Zwei große Ausstellungen an der Porzellanstraße zeigen Kostbarkeiten aus der 300-jährigen Geschichte des »weißen Goldes«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 16-10 vom 24. April 2010

Königstraum und Massenware
Zwei große Ausstellungen an der Porzellanstraße zeigen Kostbarkeiten aus der 300-jährigen Geschichte des »weißen Goldes«

Die insgesamt 550 Kilometer lange Porzellanstraße führt über Bamberg und Bayreuth nach Osten. An ihr liegen mit Selb und Hohenberg an der Eger die wichtigsten Porzellanmanufakturen Bayerns und Europas. Noch heute wird in der Region 60 Prozent des europäischen Porzellans hergestellt.

Der neu eröffnete Pilgerweg von Volkenroda zum Kloster der Zisterzienserinnen Waldsassen am Rande Böhmens führt ebenfalls an den beiden Porzellanhochburgen Selb und Hohenberg an der Eger vorbei. So ist auch er eingebunden in die weltweit größte Porzellanausstellung „Königs-traum und Massenware – 300 Jahre europäisches Porzellan“ an den traditionsreichen Standorten der Firmen Rosenthal und Hutschenreuther.

Seit im Jahre 1710 in Meißen die erste Porzellanmanufaktur eröffnet wurde, hat sich das „Weiße Gold“ vom begehrten Glanzstück der höfischen Hocharistokratie in Folge der Automatisierung zur Massenware entwickelt. An 300 Jahren Porzellanherstellung lässt sich so auch der politische und gesellschaftliche Wandel in Schlössern, Klöstern und heutigen Wohnungen darstellen. Das tut die Ausstellung „Porzellanikon“ in den zwölf Kilometer auseinander liegenden Museen in Selb und Hohenberg auf 3500 Quadratmetern mit rund 1000 hochkarätigen Ausstellungsstücken von 100 Leihgebern aus 17 Ländern. Selbst aus China sind Exponate gekommen, vor allem aber aus der Tschechischen Republik und Polen (Krakau), aus Ungarn, Italien, Holland, der Türkei, England, Finnland und Russland.

Die Kunsthistorikerin Petra Werner gerät ins Schwärmen, wenn sie von ihrer Suche im Maritim-Museum von Helsinki berichtet, wo aus einem unlängst gehobenen Schiff Stücke geborgen wurden, die Katharina die Große für ihren Hof geordert hatte. Auch Porzellane aus dem persönlichen Service der Zarin werden gezeigt. Dazu kommen Präsentationen aus den berühmten ungarischen Esterhazy-Sammlungen und aus dem russischen Peterhof. Zu sehen sind erstmals auch Stücke von der 1944 vor der baltischen Küste gesunkenen „St. Mikael“. Selbst die Toilette von Kaiserin Sissi hat man aufgespürt.

Museumsdirektor Wilhelm Siemen weist auf die technischen und zukunftsorientierten Möglichkeiten des Porzellans hin, das selbst im Handy verarbeitet ist. „Von der höfischen Preziose zum High-Tech-Material der Zukunft“ heißt deshalb eine Abteilung der Ausstellung. Und sogar um das Thema Spionage geht es in der Ausstellung. Informationen über die Herstellung und Weiterverarbeitung des Porzellans waren unter den Manufakturen hoch begehrt. Noch heute, so Siemen, durchkämmen Patentanwälte die Frankfurter Konsumgütermesse, um dreisten Kopisten das Handwerk zu legen. Die Konkurrenz vor allem aus China und den „Tigerstaaten“ ist für die europäische Porzellanindustrie existenzgefährdend. Da es in der Ausstellung auch um Zukunftsperspektiven geht, werden Projekte namhafter Hochschulen und erfolgreiche Forschungsvorhaben vorgestellt. „Porzellan ist Zukunft“ wurde dieses Kapitel genannt. „Junge Gestalter entwickeln das Porzellan für Morgen.“          Norbert Matern

Das Porzellanikon ist während der Ausstellung vom 25. April bis 2. November Montag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Eintritt 7/5 Euro, beide Standorte (Porzellanikon Selb, Werner-Schürer-Platz 1, Porzellanikon Hohenberg an der Eger, Schindinger Straße 48) 10 / 7 Euro. Weitere Informationen im Internet unter www.koenigstraumundmassenware.org


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