19.04.2024

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24.04.10 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 16-10 vom 24. April 2010

Der gute Ruf des Seeräubers / Wie sehr Somalias Piraten um ihr Image besorgt sind, wovor EU-Beamte geschützt werden wollen, und warum Lady Ashton ein Volltreffer war
Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

Toll, wie die holländischen Marinesoldaten im Golf von Aden die Besatzung des deutschen Frachters aus den Fängen der Piraten befreiten, nachdem sie die Seeräuber in wenigen Minuten Schachmatt gesetzt hatten. Das hat uns wirklich jubeln lassen. Doch die anfängliche Freude wich schnell einem Gefühl der Beklommenheit: Denn was unsere neuen Helden dann taten, macht uns Angst. Statt die zehn Somalier selbst zu behalten, stellten sie Deutschland nämlich vor die Wahl: Entweder, ihr nehmt uns die Banditen ab und holt sie nach Deutschland, oder wir lassen sie wieder laufen.

Seitdem herrscht Hektik in Berlin. Laufen lassen geht natürlich nicht. Was würden die deutschen Wähler dazu sagen! Am liebsten hätte man sie, wie alle anderen gefangenen Piraten, in Kenia abgeladen, um sie dort aburteilen zu lassen. Doch Somalias Nachbarland hat immer weniger Spaß an der Sache, trotz unserer damit verbundenen Geldgeschenke.

Ein Grund: In dem Gefängnis, wo die Räuber untergebracht sind, hat die Bundesregierung die Piratenzellen eigens hübsch renovieren lassen. Aus Angst, eine deutsche Menschenrechtsgruppe könnte dort vorbeischauen, um Schlagzeilen heimzusenden wie „Berlin lässt Piraten in Horrorknast leiden!“ oder „Menschenrechtsverletzungen mit deutscher Billigung“. Schrecklich.

Nun aber sind die Seeganoven weit besser untergebracht als ihre kenianischen Gefängnisgenossen, obschon viele von denen für weit weniger schwere Taten einsitzen. Das kommt dort unten nicht gut an. Deshalb wollte Kenia nicht auch noch diese zehn Somalier aufnehmen. Nun komen die also zu uns. Hamburg bereitet sich auf das „spektakulärste Piratenverfahren seit den Tagen Klaus Störtebekers“ vor, raunt der „Spiegel“. Dabei ist das Verfahren selbst gar nicht das Problem. Was danach kommt, das raubt den Verantwortlichen den Schlaf.

Störtebeker und seine Spießgesellen hatte man 1401 einfach geköpft, damit war die Angelegenheit erledigt. Das geht nicht mehr, weil erstens die Richtstätte am Hafen zwischenzeitlich bebaut wurde und zweitens irgendwelche liberalen Weicheier die Gesetze geändert haben. Daher stehen am Ende dieses Verfahrens nicht mehr zehn Schwerthiebe, sondern – so die Furcht der deutschen Politik – zehn Asylanträge.

Anträge mit verheerender Signalwirkung: Was, wenn sich am Horn von Afrika herumspricht, dass die Pirsch auf deutsche Schiffe direkt zur Einladung nach Deutschland führt? Ein paar Jahre Haft unter Bedingungen, die für den Bewohner eines bettelarmen Chaosstaats wie Somalia einer Kur recht nahe kommen. Und danach: Leben von der Stütze, vielleicht sogar mehr. Ein solches Angebot ist unschlagbar.

Doch gemach: Vielleicht wird ja alles halb so wild. Die Piraten sind nämlich gar keine so üblen Schurken wie alle meinen, sagen die Piraten. Sie fühlen sich gar in ihrer Ehre gekränkt, weil die Amis ihrem Marinemanöver in der Gegend Anfang April den Namen „Rattenfalle“ gaben. Ratten? Das ist piratenver­achtend, meinen die beleidigten Seeräuber und wollen laut der arabischen Zeitung „Al-Sharq Al-Awsat“ eine „Imagekampagne“ starten, um ihr wahres, edles Antlitz in der Welt bekannt zu machen.

In der Hafenstadt Eyl tritt laut dem Bericht demnächst eine Versammlung der Räuberhauptmänner zusammen, um geeignete PR-Maßnahmen zu beraten. Man ist geneigt, sich das so vorzustellen wie das große Piratentreffen in dem mitreißenden Hollywoodstreifen „Fluch der Karibik“: Lauter grollende Großsprecher, pöbelnde Raufbolde und komische Kauze, die zwischen Tollkühnheit, Naivität und Gerissenheit schwanken.

Alles Quatsch: Diese Somalier sind ganz und gar im Hier und Jetzt angekommen, echte Profis. Ihr Kampf sei gerecht, sagen sie, denn er richte sich gegen die Ausbeutung der Dritten Welt und gegen die Müllmafia, die ihren Dreck einfach ins somalische Meer kippe.

Donnerwetter! Hält die Heinrich-Böll-Stiftung Seminare in Mogadischu ab? Jedenfalls klingt es, als hätten sich die Piraten am Parteiprogramm der Grünen bedient. So gesehen erscheint das mit der „Imagekampagne“ gar nicht mehr so ulkig wie am Anfang. Zumindest rot-grün getränkte Herzen werden sich für diese fesche Argumentation weit, weit öffnen.

Dass solche Kampagnen wirken, ist historisch bewiesen: Störtebeker, die Geißel seiner Zeit, ist heute ein Held. Jeder kennt die Mär, dass er sich als erster habe köpfen lassen, um hernach kopflos an elf Kameraden vorbei zu laufen, die (so die Abmachung) darauf verschont wurden.

Schöne Geschichte, schöner Blödsinn: Bei Massenenthauptungen als erster dranzukommen, war ein großes Glück. Das Schwert wurde nämlich von Exekution zu Exekution immer stumpfer, weshalb seine letzten Opfer mehr geschnetzelt als geköpft wurden. Widerliche Erfahrung. Somit ging der gute Klaus unter allen Verurteilten den am wenigsten schweren Gang. Von dem legendären Lauf ist nichts belegt.

In seiner Epoche war der Mann verhasst, doch davon spricht keiner mehr. Die sagenhafte Störtebeker-PR hat uns das Bild des kühnen Rächers der Armen ins Hirn gemalt, der mannhaft bis zum Schluss (und über den Schluss hinaus, wenn man’s genau nimmt) zu den Seinen stand.

Daraus können wir die tröstliche Botschaft ableiten, dass sich selbst aus dem ruiniertesten Ruf noch irgendwas machen lässt, wenn man’s professionell genug angeht. Eine ebenfalls schlimm verrufene Berufsgruppe will sich das zunutze machen: Die Beamten der Europäischen Union fordern, dass die EU-Kommission eine eigene Propaganda-Abteilung zur Verteidigung der Beamten schafft. Von dort soll jene Wahrheit berichtet werden, die der europäischen Idee, also den Beamten, zuträglich ist. Wobei „Berichten“ vor allem aus Weglassen bestehen soll: Erbost hat die Vertreter der EU-Beamten nämlich ganz besonders, dass einzelne Medien nach ihrer letzten Gehaltserhöhung (3,7 Prozent) auch die Spanne der Einzelgehälter hinausposaunt haben. Danach verdient ein EU-Beamter bis zu 17697,68 Euro im Monat. Wer solche Zahlen veröffentliche, der bediene Neid-Reflexe und antieuropäische Ressentiments. Das solle künftig eine solche „Kommunikationsabteilung“ verhindern.

Gäbe es diese segensreiche Einrichtung schon, dann wäre vielleicht auch geheim geblieben, dass die neue „EU-Außenministerin“ Catherine Ashton 323000 Euro im Jahr verdient und dazu noch Zuschüsse für ihren Privathaushalt und für „repräsentative Aufgaben“ einheimst. Damit bekommt Lady Ashton mehr als die deutsche Kanzlerin oder die US-Außenministerin Hillary Clinton.

Dafür, dass Frau Ashton deutlich mehr kriegt als die beiden, kann sie fachlich deutlich weniger: Selbst ansonsten EU-begeisterte Europapolitiker staunen öffentlich über die bemerkenswerte Inkompetenz der Britin. „Schlicht überfordert“ sei die Labour-Politikerin, sie habe weder Plan noch Idee. Der Aufbau des EU-Außenamts sei „total verfahren“. Die Errichtung der Superbehörde mit (geplant) bis zu 7000 Mitarbeitern könne sogar scheitern, droht ein hochrangiger deutscher Europaabgeordneter.

Nun wollen alle wissen, wer uns diese Frau eingebrockt hat. Waren Idioten am Werk? Keineswegs! Die Spitzen der europäischen Regierungen haben monatelang nach dem blassesten, unerfahrensten und profillosesten Kandidaten für das Amt gesucht, der sich denken ließ. Grund: Sie wollten da keinen sitzen sehen, der ihnen, was Glanz und Einfluss angeht, in die Quere kommen könnte. Daher wurden alle, die schon einen Namen hatten und Statur besaßen, sorgsam von der Aspirantenliste gestrichen. Und was ist bei diesen aufreibenden Bemühungen herausgekommen? Die blasseste, unerfahrenste und profilloseste Besetzung, die man sich für dieses hohe Amt vorstellen kann. Reife Leistung.


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