23.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
01.05.10 / Wie Preußen souverän wurde / Vor 350 Jahren endete der Nordische Krieg mit dem Friedensvertrag von Oliva – Zusammenspiel der Großmächte

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-10 vom 01. Mai 2010

Wie Preußen souverän wurde
Vor 350 Jahren endete der Nordische Krieg mit dem Friedensvertrag von Oliva – Zusammenspiel der Großmächte

Als Folge einer Schaukelpolitik im Nordischen Krieg, dem sogenannten brandenburgischen Wechselfieber, erlangte der Große Kurfürst vor 350 Jahren für sein Herzogtum Preußen die internationale Anerkennung der Souveränität. Sie erst schuf die Voraussetzung für die vor neun Jahren anlässlich des 300. Jahrestages groß gefeierte Selbstkrönung seines Sohnes und Nachfolgers zum König in Preußen.

Cineasten kennen die „Göttliche“ Greta Garbo als Christina von Schweden in dem US-Spielfilm aus dem Jahre 1933 „Queen Christina“. Diese „Königin Christine“, so der deutsche Verleihtitel, gab es tatsächlich. 1654 entsagte die Katholikin dem Thron ihres protestantischen Landes. Ihr Nachfolger wurde ihr protestantischer Cousin und Bräutigam, der deutsche Pfalzgraf Karl Gustav von Pfalz-Zweibrücken, der als Karl X. Gustav den Thron bestieg. Der junge, umtriebige König war ebenso ehrgeizig wie tatendurstig und wollte in die Fußstapfen seines Vorvorgängers, Christines Vater Gustav II. Adolf, treten. Als der letzte lebende Wasa, der polnische König Johann II. Kasimir, trotz seiner Schwächung durch einen Krieg mit Russland gegen Karl Gustavs Thronbesteigung protestierte sowie eigene Ansprüche auf den schwedischen Thron und Livland anmeldete, nahm der Schwedenkönig das zum Anlass, im Juli 1655 in Polen einzumarschieren. Der so genannte Nordische Krieg hatte begonnen.

Der schwedische Feldzug gegen Polen begann als ein Siegesmarsch. Im September fiel Warschau, in Oktober Krakau. Der polnische König floh ins Ausland. Im habsburgischen Schlesien suchte er Exil. Das damals vom Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm regierte Brandenburg war nicht nur als Nachbar von diesem schwedisch-polnischen Krieg betroffen. Gerne hätte sich Friedrich Wilhelm aus diesem Kampf der großen Nachbarn herausgehalten, aber sein Herzogtum Preußen war polnisches Lehen und damit in den Augen des Schwedenkönigs Feindesland. Friedrich Wilhelm sah zwar die Chance, die polnische Lehenshoheit abschütteln zu können, erkannte aber auch die Gefahr, zwischen den Fronten zerrieben zu werden. Sein Bemühen um eine „Defensivverfassung beider Preußen“, sprich eine Defensivallianz Ost- mit Westpreußens, scheiterte ebenso wie der Versuch, beim Kaiser Rück­halt zu finden.

Als der Hohenzoller auf das schwedische Bündnisangebot vom 22. Juni 1655 nicht einging und den Schweden nicht das Recht zum Durchmarsch durch das brandenburgische Hinterpommern gewährte, schufen die Skandinavier Fakten. Sie marschierten in Hinterpommern ein und drängten Friedrich Wilhelms Truppen bis vor die Tore Königsbergs zurück. Der Preußenherzog sah sich gezwungen, mit den Invasoren den Königsberger Vertrag vom 17. Januar 1656 zu schließen, in dem er sein Herzogtum statt als polnisches nun als schwedisches Lehen anerkannte.

Zu diesem Zeitpunkt hatte sich das Kriegsglück allerdings bereits zu wenden begonnen. Die protestantische, schwedische Fremdherrschaft führte in Polen zu einem sowohl religiös-konfessionell als auch politisch-nationalistisch motivierten Aufstand. Zudem gelang dem Kaiser ein Ausgleich zwischen Polen und Russland, die sich jetzt beide mit ganzer Kraft gegen Schweden wenden konnten. Angesichts dieser Bedrängnis gewann Brandenburg-Preußen als Verbündeter für Schweden an Gewicht und dieses war bereit, im Vertrag von Marienburg vom 25. Juli 1656 dem Hohenzollernstaat für dessen aktive Unterstützung fünf Woiwodschaften von der erwarteten polnischen Kriegsbeute zu überlassen. In der Schlacht vor Warschau vermittelte Brandenburg-Preußen vom 28. bis 30. Juli 1656 einen imposanten Eindruck von der Schlagkraft seiner Armee; und das mittlerweile auch vom Kaiser bedrängte Schweden erkannte am 20. November 1656 im Vertrag von Labiau seinen wichtigsten Verbündeten als souverän in seinem Herzogtum an.

Nachdem es sich zuvor der Unterstützung durch Polen und der Habsburger vergewissert hatte, reihte sich 1657 auch noch Schwedens ewiger skandinavischer Konkurrent Dänemark in die Reihe von Karl Gustavs Kriegsgegnern ein. Der Schwedenkönig konzentrierte nun seine Mittel auf den Kampf gegen seinen nordeuropäischen Nachbarn – und brachte damit seinen mitteleuropäischen Verbündeten in eine prekäre militärische Lage. Kurfürst Friedrich Wilhelm hatte jedoch das Glück, dass die Habsburger nach dem Tode von Kaiser Ferdinand III. am

2. April 1657 an der brandenburgischen Stimme für die Wahl von Ferdinands Sohn Leopold Ignatius zum neuen Kaiser interessiert waren. So wurde dem Kurfürsten nun ein großzügiges Angebot zum Seitenwechsel unterbreitet. Wie zuvor schon der Schwede boten nun auch dessen Gegner Friedrich Wilhelm die Anerkennung der Souveränität Preußens an. Der Herzog nahm das Angebot an. Am 19. September 1657 schlossen Brandenburg-Preußen und Polen den Vertrag von Wehlau. Der polnische König entließ das Herzogtum Preußen in die Souveränität und der preußische Herzog verpflichtete sich im Gegenzug, Polen mit 6000 Mann gegen Schweden zu unterstützen. Einige Wochen später, am 6. November, schlossen die beiden Herrscher dann im Vertrag von Bromberg eine „Ewige Allianz“.

Seines wichtigsten Verbündeten beraubt, wurde die Situation für Schweden prekär. Zwei Faktoren erleichterten jedoch einen Verständigungsfrieden, wenn sie ihn nicht gar erst ermöglichten. Da war zum einen der plötzliche Tod des Heißsporns Karl Gustav am 13. Februar 1660. An seine Stelle trat sein fünfjähriger Sohn Karl XI. Und da war der Pyrenäenfriede vom 7. November 1659, der Frankreichs Krieg mit Spanien beendete und es dem Königreich erlaubte, sich nun mit ganzer Kraft Mitteleuropa zuzuwenden. Entsprechend seinem klassischen außenpolitischen Ziel, die deutsche Zentralgewalt zu schwächen, schlug sich Frankreich auf die Seite von Habsburgs Gegnern, also der Schweden, und setzte sich in ihrem Sinne für einen Verständigungsfrieden auf der Basis des Zustands bei Kriegsbeginn (Status quo ante) ein.

Seine im Vertrag von Labiau von den Schweden und im Vertrag von Wehlau von den Polen anerkannte Souveränität durfte der Preußenkönig jedoch behalten. Mit der Unterzeichnung des den Nordischen Krieg beendenden Friedensvertrages im Kloster Oliva bei Danzig am 3. Mai 1660 erkannten sowohl der Kaiser als auch der polnische und der schwedische König die Souveränität der Hohenzollern im Herzogtum Preußen an.       Manuel Ruoff


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren