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01.05.10 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-10 vom 01. Mai 2010

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied,

liebe Familienfreunde,

und wieder haben wir uns von einem guten Freund unserer Ostpreußischen Familie verabschieden müssen, über den wir viel und gerne berichtet haben, weil er auch in hohem Alter für seine Heimat lebte und sein Wissen, seine Erfahrung und seine Liebe zu Ostpreußen an die jüngere Generation weiter gab: Horst Potz lebt nicht mehr. Das hat uns betroffen gemacht, denn er gehörte zu den Landsleuten, die immer wieder etwas Neues mitzuteilen haben. Die LO Gruppe Hannover, der Herr Potz angehörte und deren Stellvertretender Vorsitzender er in den letzten fünf Jahren war, hat ihn in Folge 16 PAZ/Das Ostpreußenblatt mit einem Nachruf gedankt, den wir hier mit einigen Angaben ergänzen wollen, die uns die Erste Vorsitzende, Frau Roswitha Kulikowski, zusandte.

Horst Potz wurde am 13. Juni 1929 in Liebenort/Ostpreußen geboren. Er wuchs auf dem Bauernhof seiner Eltern auf. 1945 musste die Familie auf die Flucht gehen. Mit Pferd und Wagen und der damals 15-Jährige übernahm als einziger „Mann“ die Führung des Trecks. Im Westen konnte er seine angefangene kaufmännische Ausbildung abschließen. Später gründete er in Hannover das Reisebüro „Ideal-Reisen“, und das Reiseziel hieß Ostpreußen, zunächst Masuren, und nach der Öffnung des Eisernen Vorhanges war es der russische Teil, das Königsberger Gebiet. Da es kaum Unterkünfte für die Reisenden gab, schuf er – zusammen mit russischen Geschäftsleuten – die Ferienanlage Groß Baum bei Labiau. Für seinen Heimatort Popelken gründete er vor 16 Jahren einen Freundeskreis. Fast in jedem Jahr fuhr er mit Heimatfreunden nach Groß Baum und Popelken, und er kam nie mit leeren Händen. Sein Organisationstalent trug dazu bei, dass viele Hilfsaktionen für die russischen Bewohner seines Heimatortes, die in erster Linie Hilfe zur Selbsthilfe waren, realisiert werden konnten. Welch einen großen Verlust der Tod von Horst Potz für den Freundeskreis bedeutet, beweist die ebenfalls in Folge 16 erschienene Traueranzeige. Uns hat natürlich seine Aufklärungsarbeit über das Schicksal der Vertriebenen und den damit verbundenen Verlust der Heimat interessiert, die er in niedersächsischen Schulen leistete. Es war bewundernswert, wie er mit seinen 80 Jahren zwei Stunden lang bis zu 250 Schülern seine Erinnerungen und Erfahrungen übermittelte, ein glaubhafter Zeitzeuge, der Lehrer wie Schüler beeindrucken konnte.

Er war immer aktiv und so trat er auch aus eigener Initiative an uns heran und übermittelte seine ersten kurz gefassten Ausführungen über die von ihm selbst gewählte Tätigkeit. Als ich sie las, wusste ich, dass er noch mehr berichten konnte, und so trafen wir uns im Ostheim in Bad Pyrmont. Die Gespräche mit ihm erbrachten soviel Wissenswertes und Beispielhaftes, dass ich ihn bat, dies gleich einem größeren Kreis zu vermitteln, denn es tagten gerade die Leiterinnen der LO-Frauengruppen im Ostheim, und so fand er sofort ein aufmerksames Auditorium in den interessierten Teilnehmerinnen. Es war sein erstes Referat im Ostheim, aber nicht sein letztes, und auch manche Leserinnen und Leser, die an unserem letzten „Familienseminar“ teilnahmen, werden sich an seinen Vortrag erinnern, in dem er vor allem auf die erstaunliche Resonanz hinwies, die er als Zeitzeuge mit seinen Schilderungen über Ostpreußen und die Flucht bei den Schülern und Schülerinnen erweckte. Man merkte doch – so konnte Horst Potz feststellen –, dass vor allem seine Schilderungen über die sechswöchige Flucht und die Verantwortung des 15-Jährigen als „Treckführer“ die gleichaltrigen Zuhörer zum Nachdenken zwang. „Wir werden noch viel von ihm hören“, hatte ich vor einigen Monaten geschrieben. Es schmerzt schon sehr, dass seine Stimme nun verstummt ist.

Auch der unerwartete Tod von Peter Drahl, Biograph der ostpreußischen Malerin Gertrud Lerbs-Bernecker, hat Trauer in unserem Leserkreis erweckt. Besonders bei Herrn Joachim Perle aus Berlin, der seit dem Erscheinen der Lerbs-Biographie mit dem Autor in engem Kontakt stand. Und das hatte seinen besonderen Grund. Joachim Perle, * 1939, ist der älteste Sohn des letzten evangelischen Pfarrers im ermländischen Guttstadt: Für diese Kirche hatte im Jahr 1918 die damals erst 16-jährige Schülerin des damaligen Leiters der Königsberger Kunstakademie Professor Wolff aufgrund eines Wettbewerbes, den sie gewann, ein großes Glasfenster entworfen. Von diesem gibt es leider keine detaillierte Abbildung und deshalb hatte Herr Perle den Biographen in seinem Hamburger Haus aufgesucht, um mit ihm über „das Rätsel Chorfenster“ zu sprechen. Peter Drahl hatte ein besonderes Interesse daran, weil seine Mutter für einen Engel in diesem Fenster Modell gestanden hatte. Herr Perle schreibt über diesen Besuch:

„Wir überlegten zum wiederholten Male, wie wohl das Fenster ausgesehen haben könnte. Ich hatte ihm verschiedene Abbildungen schon früher zukommen lassen, aber es stellte sich die Frage, ob es sich bei diesen überhaupt um das von Gertrud Lerbs gestaltete Fenster handelte. Wer hat es gespendet? Wann wurde es zerstört? Erst bei dem großen Brand Silvester 1966 oder bereits früher, als die Kirche von der heutigen Bevölkerung als Versammlungs- und Feierraum mit Restaurantbetrieb genutzt wurde? Danach ist der Kirchenraum durch eine horizontale Betondecke geteilt worden und wird jetzt als größte Bibliothek der Region genutzt. Auch Nachfragen bei den jetzigen Bewohnern führten zu keinem Ergebnis. Wir meinten, es sei besser, wenn sich Herr Drahl an Sie wenden würde. Dazu ist es ja leider nicht mehr gekommen, und ich bin es nun, der sein Anliegen weiter verfolgen möchte.“

Soweit das Schreiben von Herrn Perle, das wir dann in einem Telefongespräch vertiefen konnten. Ich bitte ja immer wieder unsere Leserschaft, bereits bei der ersten Anfrage die Telefonnummer mitzuteilen, da sich gerade aus einem direkten Gespräch gut verwertbare Informationen ergeben, die weiterhelfen können. So auch hier. Die Angelegenheit „Guttstädter Kirchenfenster“ hatte ich schon einmal vor Jahren erwähnt, Peter Drahl sprach mich auf einer Weih­nachtsfeier im letzten Jahr darauf an und sagte, dass er mit neuen Fragen auf mich zukäme, das geschah nun leider nicht mehr. Bei unserem Telefongespräch erwähnte Herr Perle nun, dass er im Rahmen einer Schulpatenschaft öfters in Guttstadt sei und zu dem Deutschlehrer des Realgymnasiums einen guten Kontakt habe. Er sei auch auf dem Chor der Kirche gewesen und hätte nach Glassplittern des zerstörten Fensters gesucht, leider vergeblich. Die Kopien der schon an sich schwachen Abbildungen von den vermutlichen Fenstern sind für eine Veröffentlichung nicht verwertbar. Aber es gibt gute Angaben über deren Gestaltung in dem 1968 im Selbstverlag erschienenen Buch „Das evangelische Kirchspiel Guttstadt im Ermland“ von Irma Grünke. Darin schreibt die Verfasserin:

„Anlässlich des 400-jährigen Gedenktages des Thesenanschlages Luthers stiftete die Familie Macketanz – Herr Richard Macketanz war Inhaber einer großen Mahlmühle und eines Sägewerkes – das bunte Bogenfenster über Altar und Kanzel im Westgiebel der Kirche. In bunten Bildern wurde die Rechtfertigung aus dem Glauben, der Kernsatz der Reformation, dargestellt. Unten links sah man Adam und Eva im Paradies, unten rechts die Geschichte vom Sündenfall, darüber in einem Kreis Christus und zu beiden Seiten Luther und Paulus. Im November 1918 sollte das Fenster durch den Superintendenten Graemer, Braunsberg, feierlich eingeweiht werden. Wegen der politischen Unruhen kam es aber dazu nicht.“

Das sind doch sehr brauchbare Angaben, vor allem über den Stifter. Es könnte sein, so hofft auch Herr Perle, dass sich bei der Familie Macketanz noch Unterlagen über die Kirche und das Fenster befinden. Vielleicht führen auch diese detaillierten Angaben über die Gestaltung des von Gertrud Lerbs geschaffenen Fensters weiter, denn sicherlich wurde damals dieses Erstlingswerk einer so jungen Künstlerin groß herausgestellt. Alle Angaben bitte an mich richten, da Herr Perle im Anschluss an unser Gespräch für einige Wochen verreist.

Aber nun zu einer unserer Hauptaufgaben, der Suche nach Angehörigen, über deren Schick­sal nichts bekannt ist. Herr Roland Polleschner aus Radeberg wendet sich als langjähriger Mitarbeiter im Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge in Dresden, deren Geschäftsführer er acht Jahre lang war, an uns, denn im Rahmen eines in Vorbereitung befindlichen sehr umfangreichen Netz-Projektes gehen auch die Namen und Daten vieler Ostpreußen durch seine Hände. So auch die in unserer Kolumne veröffentlichten, denn Herr Polleschner ist ein langjähriger Leser unserer Zeitung und somit auch der Ostpreußischen Familie. Vor einiger Zeit wandte sich nun Herr Kretschmann aus Dresden an ihn mit der Bitte, ihm bei Nachforschungen zum Verbleib seines Vaters Bernhard Kretschmann aus Samlack/Ostpreußen zu helfen. Nach seinen Informationen wurde er nach Kriegsende in ein sibirisches Gefangenenlager transportiert. Nachfragen von Herrn Polleschner bei der WAST in Berlin oder dem Suchdienst des Roten Kreuzes blieben leider ohne Erfolg. Sowohl Herr Kretschmann als auch Herr Polleschner würden sich freuen, wenn mit Hilfe der Ostpreußischen Familie und ehemaliger Bewohner des Heimatdorfes von Bernhard Kretschmann etwas Licht in das Dunkel dieses Schicksals gebracht werden könnte. So weit die Angaben – dass diese bei den Suchstellen nicht zum Erfolg führen konnten, liegt auf der Hand, denn einen Ort „Samlack“ hat es in Ostpreußen nie gegeben. Nicht einmal einen ähnlich klingenden Namen, da wäre höchstens „Samalucken“, das spätere „Grenzfelde“ im Kreis Schlossberg/Pillkallen, oder „Samalgallen“ im Kreis Tilsit-Ragnit, aber diese Vermutungen sind schon zu hoch gegriffen. Viel eher – und das werden auch manche Leser sofort im Gespür gehabt haben – dürfte hier die Verwechslung mit „Samland“ vorliegen. In diesem alten prussischen Gau – heute noch als markantes Viereck zwischen Ostsee und Deime, den Haffen und dem Pregel auf jeder Wetterkarte sofort zu erkennen – lagen viele Ortschaften, die ostpreußische Metropole Königsberg wie bekannte Seebäder und weit verstreut wie auf einem bunten Flickenteppich die schmucken Dörfer und Höfe. Und so könnte es sein, dass Herr Bernhard Kretschmann irgendwo „aus dem Samland“ stammte. Auch die zweite Namensnennung dürfte nicht stimmen, denn Herrr Polleschner gibt die Bezeichnung „Gurken“ für das sibirische Lager an, aber er fügt vorsorglich hinzu: „oder ähnlich“. Wie ähnlich, das müssen nun unsere Leser herausfinden, denn nur sie können da weiterhelfen. Alles auf einen kurzen Nenner gebracht: Wer irgendwann und irgendwo mit einem Bernhard Kretschmann aus Ostpreußen zusammen war, melde sich bitte bei Herrn Roland Polleschner, Ferdinand-Freiligrath-Straße 10 in 01454 Radeberg, oder bei Herrn Kretschmann, der über die Telefonnummer (0351) 25581471 zu erreichen ist.

Eure Ruth Geede


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