20.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
01.05.10 / Mehr als Baugeschichte / Laudatio zur Verleihung des Gierschke-Dornburg-Preises

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-10 vom 01. Mai 2010

Mehr als Baugeschichte
Laudatio zur Verleihung des Gierschke-Dornburg-Preises

Wulf Dietrich Wagner wurde am 10. Mai 1969 in Mannheim geboren. Er wuchs in Oedingen auf und besuchte das Gymnasium in Bonn-Bad Godesberg. Bereits als Schüler begann er mit seinen Forschungen zu pommerschen und ostpreußischen Bauernhöfen und Gutshäusern und veröffentliche erste Ergebnisse in den Periodika der ostdeutschen Kreisgemeinschaften. Nach dem Abitur und der Bundeswehr nahm er 1989 sein Architekturstudium an der Technischen Hochschule in Karlsruhe auf, das er 1996 mit einer selbstgewählten Diplomarbeit zum Wiederaufbau der Dominsel in Königsberg erfolgreich abschloss. 1995 erfolgte sein Umzug nach Berlin. Eine Anstellung als Architekt in einem großen Ingenieurbüro gab er nach kurzer Zeit wieder auf, um sich fortan ausschließlich seinen grundlegenden Forschungen zur ostpreußischen Gütergeschichte widmen zu können. Dies geschah und geschieht unter Zurückstellung eigener wirtschaftlicher Interessen. In der Wochenzeitung Das Ostpreußenblatt und in den Heimatbriefen der ostpreußischen Kreisgemeinschaften veröffentlichte Wagner Aufrufe, in denen er die Bewohner der Güter – vom adeligen Rittergutsbesitzer bis hin zu den Instleuten – aufrief, ihm Informationen über das alltägliche Leben auf den Gütern und insbesondere über die Inneneinrichtungen der Häuser zu übermitteln. Auf dieser Grundlage fertigte er maßstabsgetreue Rekonstruktionszeichnungen an, die mit ihren detaillierten Hinweisen zur Inneneinrichtung und zum Haushalt ein getreues und in dieser Form vollkommen neues Bild der hohen Wohnkultur in den ostpreußischen Gutshäusern vermittelte.

Aus Anlass des Preußenjahres 2001 konnte er erstmals einem größeren Publikum mit der Ausstellung „Stationen einer Krönungsreise – Schlösser und Gutshäuser in Ostpreußen“ und dem gleichnamigen gedruckten Katalog die Ergebnisse seiner Forschungen vorstellen. 2005 erschien sein im Auftrag der Kreisgemeinschaft Heiligenbeil angefertigtes über 500 Seiten starkes Buch „Die Güter des Kreises Heiligenbeil“ und 2008 und 2009 seine zweibändige Publikation „Kultur im ländlichen Ostpreußen. Menschen, Geschichte und Güter im Kreis Gerdauen“. Es gibt wohl keine Region im deutschsprachigen Raum, deren Gütergeschichte so umfassend und exemplarisch erforscht ist wie die ostpreußische. Zusätzlich widmete er sich im Rahmen seiner Promotion der Erforschung des Königsberger Stadtschlosses. Eine erweiterte Fassung der Dissertation ist 2008 als Buch erschienen. Der 1. Band, herausgegeben von der Stadtgemeinschaft Königsberg und der Stiftung Königsberg im Stifterverband für die deutsche Wissenschaft, behandelt die Zeit von 1255 bis 1740, also von der Gründung bis zum Regierungsende Friedrich Wilhelms I. An diesem umfangreichen Werk, dessen zweiter Band kurz vor der Drucklegung steht, ist zweierlei bemerkenswert. Zum einem ist es hervorzuheben, dass es Wagner erreicht hat, von einem Gebäude, von dem seit über 40 Jahren oberhalb der Erdoberfläche so gut wie nichts mehr zu sehen ist, ein lebendiges Bild zu vermitteln, indem er die umfangreiche Aktenüberlieferung im Geheimen Preußischen Staatsarchiv in Berlin und den Planbestand der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten ausgewertet hat. Zum anderen hat er nicht nur eine architekturgeschichtliche Darstellung verfasst, sondern den architektonischen Werdegang des Gebäudes mit den Ereignissen der ostpreußischen Geschichte verbunden. Dies ist ihm überzeugend gelungen, weil er stets nach der Funktion der von ihm behandelten Bauteile und Räumlichkeiten gefragt hat. Entstanden ist ein Werk, das für die Baugeschichte Ostpreußens einen großen Fortschritt darstellt und für die politische Geschichte, für die Verwaltung von Hof und Land wie für das kulturelle Leben neue Erkenntnisse erzielt hat.

Die „Dr. Herbert und Marga Gierschke-Stiftung“ verleiht Herrn Dr. Wulf D. Wagner in Anerkennung seiner herausragenden Verdienste zur Erforschung der ostpreußische Baugeschichte den Gierschke-Dornburg-Preis 2010.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren