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08.05.10 / Gefürchteter Hoffnungsträger / Ägypten: Mubarak-System gegen Mohammed El-Baradei

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18-10 vom 08. Mai 2010

Gefürchteter Hoffnungsträger
Ägypten: Mubarak-System gegen Mohammed El-Baradei

Die Gallenoperation, der sich Hosni Mubarak im März an der Heidelberger Uni-Klinik unterziehen musste, hat die Nachfolge-Frage, die wie ein Schatten über Ägypten hängt, auch im Ausland wieder ins Blickfeld gerückt: Schon seit Jahren wird über die Gesundheit des 1928 geborenen und seit 1981 amtierenden Präsidenten spekuliert, und 2011 sind Präsidentschaftswahlen.

Zugleich hat der Unmut im Land ein Ausmaß erreicht wie seit den Tagen der Monarchie nicht mehr. Wichtigste Ursachen sind die wirtschaftliche Misere, die rücksichtslose Repression durch das korrupte Regime und die als entwürdigend empfundene Außenpolitik, die Ägypten als Erfüllungsgehilfen Israels und der USA erscheinen lässt. So auch durch den Vorfall, der vor kurzem an der Gaza-Grenze vier Palästinenser das Leben kostete: Laut Hamas habe ägyptisches Militär Gas in einen Schmuggeltunnel geblasen, laut ägyptischer Seite seien die Männer bei der Sprengung des Tunnels erstickt, weil die Explosion allen Sauerstoff verbraucht habe. Doch so oder so, der Eindruck ist verheerend.

Seit Jahren wird Mubaraks Sohn Gamal als Nachfolger aufgebaut, eine reibungslose Hofübergabe ist aber fraglich: Gamal hat kaum genügend Rückhalt in der Armee, und der Zorn auf das Regime richtet sich auch gegen ihn. Und jetzt ist ein weiterer „Störfaktor“ da: Das Auftreten des Nobelpreisträgers und ehemaligen Leiters der Internationalen Atomenergiebehörde Mohammed El-Baradei hat im Volk und in allen Oppositionsgruppen Hoffnungen geweckt.

Aber schon seit seinen ersten kritischen Äußerungen im Vorjahr betreiben die gelenkten Medien eine Diffamierungskampagne gegen ihn. Als er im Februar nach Kairo zurückkehrte, schleuste man ihn durch einen Nebenausgang des Flughafens, ehe ihn die vielen wartenden Sympathisanten zu Gesicht bekamen.

Typisch war auch, was sich zu Ostern abspielte: Die koptischen Oster- und Weihnachtsmessen in der Kairoer Kathedrale werden jeweils vom staatlichen Fernsehen übertragen und sind über Satellit auch in Europa zu sehen. Die ersten Reihen sind immer gefüllt mit weltlichen Würdenträgern, die in mehrmaligem Kameraschwenk detailliert gezeigt werden. Diesmal war auch El-Baradei geladen, und als Träger des ihm 2006 verliehenen Nil-Ordens, der ihm protokollarisch den Rang gleich nach dem Präsidenten einräumt, wäre ihm der Platz in der Mitte zugestanden. Doch auf dem Bildschirm war er nicht zu sehen – weil man ihn auf Druck der Regierung an den Rand gesetzt hatte. Was nichts daran ändert, dass ihn die Gläubigen mit lautem Applaus empfingen.

Doch die auf Machterhalt des Regimes zugeschnittene Verfassung schließt seine Kandidatur derzeit aus. Da das seit Jahrzehnten geltende Kriegsrecht auch öffentliche Versammlungen praktisch verbietet, wurde er in seinem Haus tagtäglich von dutzenden Oppositionspolitikern belagert, die ihn von ihren – oft divergierenden – Anliegen überzeugen wollten. El-Baradei, der sich nach den aufreibenden Wochen in Ägypten derzeit wieder in Wien erholt, sieht seinen Einsatz realistischerweise nur als „Beitrag zur Demokratisierung“. Die Nachfolge Mubaraks bleibt völlig ungeklärt. Richard G. Kerschhofer


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