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08.05.10 / Weit mehr als nur Militär / Leistungen und Fehlleistungen preußischer Monarchen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18-10 vom 08. Mai 2010

Weit mehr als nur Militär
Leistungen und Fehlleistungen preußischer Monarchen

Es ist schwer, sich Trends zu entziehen, denn sie bestimmen nicht nur die Mode, die Musik und den Film, sondern reichen in viele Lebensbereiche hinein. So zeichnet sich seit einigen Jahren bei Historikern der Trend ab, Preußen wieder schätzenswert zu finden. Spätestens seitdem der Cambridge-Professor Christopher Clark 2007 den Deutschen auf fast 900 Seiten nachwies, warum Preußen keineswegs der kriegslüsterne, unterjochende Staat war, als den ihn deutsche Historiker lange sehen wollten, wagen es nun auch immer mehr deutsche Kollegen die Vorzüge Preußens zu loben.

So auch Uwe A. Oster in „Preußen – Geschichte eines Königreiches“. Der stellvertretende Chefredakteur des Geschichtsmagazins „Damals“ räumt mit Vorurteilen auf und beleuchtet kritisch die Entwicklung Preußens und die Leistungen seiner Monarchen. Seinen Ausführungen ist die Sympathie für die Materie anzumerken, doch das trübt nicht sein Urteilsvermögen, denn er hat für seine Bewertungen gute Argumente.

Gleich zu Beginn räumt der Autor mit dem Klischee auf, dass

Friedrich I. nur ein großmannsüchtiger Verschwender gewesen sei. Zwar habe der Kurfürst-König unvorstellbare Summen für seine Hofhaltung ausgegeben, doch dies seien keine Ausgaben für zweck-freie Lustbarkeiten gewesen, sondern das sei damals üblich gewesen, um Rang und Macht zu inszenieren. Oster betont, dass Friedrich I, der von seinem Enkel Friedrich den Großen stets schlecht gemacht wurde, mit dem Erhalt der Königswürde 1701 überhaupt erst die Grundlage für seine Nachfolger geschaffen habe. Des Königs Wahlspruch „Suum Cuique – jedem das Seine“ habe sich auf das Recht bezogen, das in Preußen jedem unabhängig von Stand und Glauben zukommen sollte. Aber das junge Preußen sei nicht nur früher Rechtsstaat, sondern auch Ort der Kunst, Wissenschaft, der religiösen Toleranz und des Friedens gewesen. So habe der König sein Land aus den großen Konflikten der Zeit herausgehalten. Genau wie sein Sohn Friedrich Wilhelm I., der zwar das Militär massiv ausbaute, aber seine Soldaten nicht sinnlos verheizen. Doch das habe nicht bedeutet, dass er seine Soldaten beim täglichen Drill geschont hätte. Die Zustände beim Militär seien bei geringer Entlohnung unterirdisch gewesen, wie Oster an Beispielen darstellt.

Aber bei allen für die Zeit nicht ungewöhnlichen menschlichen Schwächen habe der Monarch seinen aus allen Ländern stammenden Militärs die freie Ausübung ihrer jeweiligen Religion gewährt. Sogar einen Gebetsraum für Muslime habe es gegeben. Auch führte der sparsame König ein, dass sogar der Adel Steuern zahlen musste. Erst zwar nur wenig, aber er brach ein Tabu. Zudem wirft sich Oster für den Soldatenkönig, dem vorgehalten wird, Kunst und Wissenschaft verachtet zu haben, in die Bresche. Dies gelte nur für die Geisteswissenschaften. Chemie, Medizin und Wirtschaft habe er hingegen gefördert.

Bezüglich Friedrichs II. führt der Autor an, dass dieser zwar an Freiheitsberaubung grenzende Rekrutierungsmaßnahmen bei den Soldaten durchgeführt habe, doch habe er die Menschen auch für sich einnehmen können, denn seine militärischen und zivilisatorischen Siege seien nicht mit zum Gehorsam gezwungen Sklaven erreichbar gewesen.

Die Leistungen des verschwenderischen, aber im Umgang weniger unerbittlichen Friedrich Wilhelm II. verblassen angesichts seiner Vorgänger, obwohl, so Oster, er ohne kriegerische Aktionen durch die zweite polnische Teilung einen territorialen Zugewinn erreichte, der viel größer war, als all jene Gebiete, die Fried-rich der Große in opferreichen Kriegen erringen konnte. Und auch über Friedrich Wilhelm III. hat der Autor nicht mehr so viel Bedeutendes zu sagen, außer dass es ohne die napoleonischen Kriege unter diesem entscheidungsunwilligen Herrscher nie zu den Reformen gekommen wäre, die nach der Niederlage Preußens 1807 das Land von seinen verkrusteten Strukturen befreiten.

Auch dass Friedrich Wilhelm IV. sogar von seinem Bruder, dem späteren Kaiser Wilhelm I., als „Schwätzer“ und „Memme“ beschimpft wurde, schildert der Autor. Warum dann auch Wilhelm, als er später den preußischen Thron bestieg, keine völlige Abkehr von der sich den Volkswünschen immer öfter beugenden Regierungsführung betrieb, erklärt der Autor aus der Epoche heraus.

Mit dem 18. Januar 1871, dem Tag, an dem der preußische König Wilhelm I. widerstrebend die Krone des Deutschen Kaisers entgegennahm, enden Osters Ausführungen mit Wilhelms Worten vom Vortag: „Morgen ist der traurigste Tag meines Lebens. Morgen tragen wir das preußische Königstum zu Grabe.“ „Im scheinbar größten Triumph lag bereits der Keim zum Untergang“, so der Historiker.         Bel

Uwe A. Oster: „Preußen – Geschichte eines Königreiches“, Piper, München 2010, gebunden, 383 Seiten, 22,95 Euro


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