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08.05.10 / Der Zwiespalt des Berichterstaaters / Gabriele Krone-Schmalz über ihre Zeit als Auslandskorrespondentin

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18-10 vom 08. Mai 2010

Der Zwiespalt des Berichterstaaters
Gabriele Krone-Schmalz über ihre Zeit als Auslandskorrespondentin

Gabriele Krone-Schmalz, eines der bekanntesten Gesichter des deutschen Fernsehens der 80er und 90er Jahre, die Dame mit dem auffälligen Kurzhaarschnitt des „Mephisto“ und dem großen Wissen um Russland, wurde kürzlich 60 Jahre alt. Ein guter Grund für sie, ein Resümee zu ziehen. In einer ungewöhnlichen Autobiographie „Privatsache“ verrät sie zwar viel „Privates“, überschreitet jedoch nie die Grenzen des Persönlichen. Vielmehr spricht sie in 20 Kapiteln von ihrem beruflichen Werdegang und den Ereignissen, die ihr Leben maßgeblich beeinflusst haben. Interessant hierbei sind ihre Texte und Gedanken aus der Zeit, in der sich die Geschichten ereignet haben. So finden viele Schulaufsätze Platz in ihrem Buch. Eindrucksvoll, wie ausgeprägt bereits zu diesem Zeitpunkt ihr Schreibstil und ihre Gedanken waren. Sie selbst sagt in einem dieser Aufsätze (damals war sie 15 Jahre alt): „Es hat nur einen Grund, warum ich das hier aufschreibe: Wenn ich später erwachsen bin, könnte ich ja vergessen haben, ein Teil ,dieser Jugend‘ gewesen zu sein.“ Sie schrieb vieles auf, um auch später verstehen zu können, wer sie damals war, was sie gedacht hat, warum sie so und nicht anders gehandelt hatte.

Prägend für Krone-Schmalz waren ihre Kindheit und die Gespräche mit ihrem Vater, dem Konzertmeister im Sinfonie-Orchester, aber auch der Verlust dieser Bezugsperson in jungen Jahren, der viele Wunden hinterließ. Mag sein, dass es daher schon früh zu ihrer Beziehung zu einem viel älteren Mann kam. Davon spricht Gabriele Krone-Schmalz jedoch nicht. In Nebensätzen wird die Existenz ihres Ehemannes erwähnt, aber nie lässt sie etwas über die Partnerschaft durchblicken.

Nach und nach erfährt der Leser, wie sie zu der Person geworden ist, die wir kennen. Sie berichtet von der strengen Nonnenschule, die sie in ihrer Jugend besucht hat, von ihrem anfänglichen politischen Engagement bei den 68ern an der Universität, das sie allerdings ziemlich schnell aufgab, um sich ihrem Traum zu widmen – dem Schreiben. Dabei beeindruckt ihre Willenskraft. Sie will Journalismus machen und ergreift jede Möglichkeit, auch die eher ungewöhnlichen, um ihr Ziel zu verfolgen. Bereits in der Schulzeit steht ihr Berufswunsch fest und so macht sie direkt nach ihrem Abitur ein Praktikum in der WDR-Redaktion, auch wenn dies zu der damaligen Zeit ganz und gar unüblich war. Nach ihrem Studium promoviert sie und arbeitet gleichzeitig als Volontärin beim WDR. Unmöglich für ihre Kollegen und Vorgesetzten, doch die unermüdliche Krone-Schmalz bewältigt beides und fängt im Anschluss als Reporterin bei der Tagesschau an, später beim Monitor. Bis sie als Auslandskorrespondentin nach Moskau geht. Von 1987 bis 1991 lebte und arbeitete sie in der Hauptstadt der Sowjetunion, was eine sehr aufregende Zeit war, die sie nicht nur maßgeblich beeinflusst hat, sondern aus ihr auch die unangefochtene Russlandexpertin machte.

Interessant sind ihre Diskurse über die schmale Gradwanderung eines Journalisten, denn auch, wenn er noch so sehr versucht, neutral zu bleiben, wird er immer beeinflussen. Bereits bei der Themenwahl, denn warum berichtet man über das eine und nicht über das andere? Ist ein Bericht über einen Nazi und seine Motive abschreckend oder erzeugt man nicht das Gegenteil? Ein ewiger Zwiespalt eines Berichterstatters. Das ist das Private, von dem Gabriele Krone-Schmalz erzählt, von inneren Kämpfen, von ihren schlimmsten Befürchtungen, mit ihrer Arbeit nicht die zu erreichen, die sie erreichen wollte, und nicht die Wirklichkeit zu zeigen, die sie vermitteln wollte.

Das Buch ist eine außergewöhnliche Autobiographie, nicht nur voller kluger Antworten, sondern vor allem voller wichtiger Fragen.

Anna Gaul

Gabriele Krone-Schmalz: „Privatsache“, Herbig Verlag, München 2009, geb., 240 Seiten, 19,95 Euro


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