20.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
08.05.10 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18-10 vom 08. Mai 2010

Frankfurter Kehricht / Wie Trichet unser Geld bewertet, welchem Griechen wir wirklich helfen, und wie Thierse das Demonstrationsrecht strafft
Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

Was eine Ware wirklich wert ist, kann man kaum zur letzten Gültigkeit ermitteln. Also lässt man das klugerweise den Markt machen: Der reelle Preis ist das, was einer für seine Ware am Markt erfolgreich verlangen kann. So kommt es, dass ein alter Papierschnipsel mehr „wert“ ist als ein Einfamilienhaus in mittlerer Großstadtlage, sofern es sich bei dem Schnipsel um die „Blaue Mauritius“ handelt.

Viele Deutsche fragen sich, was der Euro wohl noch wert ist. Der Chef der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet, hat dem Grübeln ein Ende gesetzt und den wahren Wert unserer Währung veröffentlicht: Er entspricht dem von Müll.

Sie haben richtig gelesen: Laden Sie ihren Müll vor dem Frankfurter EZB-Turm ab und Sie bekommen riesige Mengen Euros für nur ein Prozent Zinsen. Das liegt auf Inflationsraten-Niveau und ist real gar nichts.

Allerdings müssen Sie, bevor sie Ihre Tonne leeren, noch eine Voraussetzung erfüllen: die Gründung einer Bank. Dann können Sie loslegen. Allerdings nimmt Trichet nicht jeden Kehricht. Es muss griechischer sein. Die Staatsanleihen Griechenlands wurden von den US-Ratingagenturen zum „Junkbond“ runtergestuft, das bedeutet „Müllanleihe“.

Mit den Dingern machen die Banken aus Dreck Geld: Sie erwerben diese Anleihen, wofür sie aus Athen bis zu zehn Prozent Zinsen bekommen. Dann schleppen sie den Unrat nach Frankfurt, laden ihn dort ab und lassen sich den Nennwert der windigen Wechsel Kredite für das besagte eine Prozent geben, macht neun Prozent Gewinn.

Und es kommt noch besser: Normalerweise gibt’s solche Renditen ja nur bei heiklen Geschäften. Da kann man richtig absahnen, aber auch übel auf die Nase fallen. Doch Nasefliegen ist bei der Griechenschieberei ausgeschlossen, denn im Schadensfall haftet der Steuerzahler, der deutsche allen voran.

In Griechenland ist derweil der Teufel los, überall Streik und Randale. Doch die Bilder aus Athen lassen die Deutschen eigentümlich kalt, dabei sollten wir gerührt sein: Die armen Menschen – viele verdienen jetzt schon ziemlich wenig, und davon sollen sie noch mal ein ganzen Batzen abgeben. Den Griechen muss geholfen werden, da sind sich die deutschen Politiker einig.

Beim deutschen Volk machen sie sich damit nicht beliebt. Das liegt daran, dass man uns „die Griechen“ immer nur als pöbelnde graue Masse präsentiert. Da bekommt man den Eindruck, dass unser Geld irgendwo in einem unbeschreiblichen Getöse verschwindet. Wer will seine Groschen da schon reinschmeißen?

Wir würden viel mehr Verständnis für die Zusammenhänge entwickeln, wenn man uns die Griechen, denen geholfen wird, einmal persönlich vorstellte, so von Du zu Du.

Da wäre zum Beispiel Spiros Latsis. Trotz seiner 63 Jahre ist Herr Latsis noch immer schwer im Geschäft, von wegen „Paradies der Frührentner“ und was so alles erzählt wird. Und er ist in großer Not: Seine Banken- und Firmenholding „EFG Group“ mit Sitz in Luxemburg hat zwölf Milliarden Euro in griechische Staatsanleihen investiert und noch einmal 54 Milliarden für ihre Kunden, wofür Spitzenzinsen eingestrichen werden.

Bei einer „geordneten Insolvenz“ Griechenlands könnte davon die Hälfte futsch sein, bei einer ungeordneten Pleite gar alles! Dazu lässt es der deutsche Steuerzahler nun glücklicherweise nicht kommen. Herr Latsis kann aufatmen und sich bei allen bedanken, die sein Geld gerettet haben.

Dazu zählt EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso. Der hat sich seit Monaten für die „europäische Solidarität“ mit Hellas ins Zeug gelegt. Bei dem sollte sich Latsis jetzt mal melden, was technisch kein Problem ist. Barrosos Privatnummer hat er griffbereit, die beiden sind gut befreundet. Der Portugiese weilte schon zu Familienurlauben auf der Luxusjacht des Griechen. Wir sehen: Europa wächst immer enger zusammen. Man kennt sich und hilft einander.

Wie wichtig diese Hilfe ist, bestätigen auch Finanzexperten, die sich in Athen umgesehen haben. Egal, wie schmerzhaft gespart würde, das Land werde auch in vier oder fünf Jahren keinen Boden unter die Füße kriegen, sagt einer, der es wissen muss. Sobald die Hilfen ausliefen und Athen sich wieder am freien Markt refinanzieren müsse, stünden wir wieder genau da, wo wir heute stehen (allerdings mit einigen Dutzend Milliarden griechischer Schulden in deutschen Büchern).

Schon deshalb muss jetzt beherzt eingegriffen werden, damit Herr Latsis und all die anderen Griechenland-Spekulanten samt goldener Nase rauskommen aus dem heiklen Geschäft. Bevor auf das große Geldverdienen das noch größere Gläubiger-Rasieren folgt, werden wir, die Steuerzahler, sie, die Spekulanten, in der Gläubigerrolle abgelöst haben – so zumindest der Plan.

Ein Plan, der nicht allen behagt. Deshalb haben sich die deutschen Banken erweichen lassen, auch etwas zu dem Hilfspaket beizusteuern. Die Nachricht kam gerade noch rechtzeitig zur NRW-Wahl. Von ihr profitieren alle: Die Regierung, weil Minister Schäuble sagen kann, er habe die Ackermänner mit ins Boot geholt, und die Opposition, weil damit „eine unserer Kernforderungen erfüllt wurde“. Alle haben also was davon, na ja, fast alle. Am Tage des nur aufgeschobenen hellenischen Staatsbankrotts werden die Banken entdecken, dass ihre Bürgschaften kaum allein tragbar seien und ihnen deshalb der Steuerzahler beispringen müsse, um die „systemischen Risiken“ zu bannen.

Aber das ist ja noch eine Weile hin, erst mal besänftigt das    Bankenmanöver ein wenig unsere Empfindungen, unser „gesundes Volksempfinden“, wie man früher gesagt hätte. „Gesundes Volksempfinden“ sagt man nicht mehr, seitdem der Begriff von dem berüchtigtsten Hinkebein nach Rumpelstilzchen ideologisch verseucht wurde. Der Mann schmiedete sich daraus nämlich das „Recht“, jedes Recht zu brechen, wenn es seiner Ideologie im Wege war.

Die Ironie der Geschichte will es, dass dieser Ungeist ausgerechnet beim Protest gegen eine sogenannte „Nazi-Demo“ wiederauferstanden ist. Wolfgang Thierse volksempfand dermaßen heftig antifaschistisch, dass es ihn zum Bruch des Versammlungsrechts glatt auf den Boden zwang.

Wie sich der Bundestagsvizepräsident ein politmoralisch unbedenkliches Demonstrationsrecht wohl vorstellt? Vermutlich so: Ein vom Staat berufener, sorgfältig ausgesiebter Ausschuss aus Vertretern „gesellschaftlich relevanter Gruppen“ (also Sprachrohren des politischen Lagers von der linken Mitte bis ganz, ganz links) bearbeitet künftig alle Demo-Anmeldungen.

Politisch verdächtige Organisationen und Personen weist der Ausschuss von vornherein ab. Wer diese Prüfung übersteht, darf aber noch lange nicht demonstrieren! Damit sich kein Wolf im Schafspelz durchmogelt, stellt das „Thierse-Komitee für politisch korrektes Demonstrieren“ dem Antragsteller knifflige Fragen, um seine Gesinnung zu erschnüffeln. Dabei sind auch Fangfragen erlaubt: Wer beispielsweise die ersten Takte von „Preußens Gloria“ summen kann oder weiß, dass Bratislava auf deutsch Preßburg heißt, offenbart verdächtige Kenntnisse, die er nur aus neonationalem Ungeist heraus erworben haben kann. Ideologisch sattelfeste Leute haben von solchen Sachen nämlich keine Ahnung (wie von vielen wichtigeren Dingen auch nicht).

Ist dann noch das Umfeld gründlich durchleuchtet, kann die Demo starten, sofern der Demonstrationszug die vorgeschriebene Frauen-, Migranten- und Benachteiligte-Randgruppen-Quote erfüllt. In Thiersedeutschland wird es nur noch zwei Arten von Demos geben: Die genehmigten, die alle mehr oder weniger für das Gleiche marschieren, und die verbotenen, deren Marsch geradewegs in den Knast führt.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren