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15.05.10 / Václav ärgert Václav / Ex-Präsident kritisiert Amtsnachfolger

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19-10 vom 15. Mai 2010

Václav ärgert Václav
Ex-Präsident kritisiert Amtsnachfolger

Václav Havel, Jahrgang 1936, nach der „sanften Revolution“ 1989 tschechoslowakischer und tschechischer Präsident, ist nie wieder so krank wie 1996 und 1998 gewesen, als alle Welt sein Ende befürchtete. Aber nach seiner Zeit in kommunistischer Haft 1983 ist er auch nie mehr ganz gesund gewesen, wie seine Sekretärin Sabina Tancevova zugeben muss, wenn sie wieder einmal Treffen des Ex-Präsidenten mit Prinz Charles und anderen Prominenten absagen muss. 

Aber ein Dauerpatient ist der ehemalige Bürgerrechtler Havel auch nicht. Derzeit, da bis zu den Parlamentswahlen noch knappe vier Wochen bleiben, ist er von einer Aktivität und Kreativität, die viele Junge beschämen könnte. Er beschuldigt Russland der aggressiven Gegnerschaft gegen Tschechien, nennt den amtierenden Präsidenten Václav Klaus einen pathologischen Mäkler, verdammt die tschechischen Parteien – ausgenommen die „Partei der Grünen“, für die er all-tschechische Unterstützung mobilisiert – als lahme Funktionärsgarden und ist fast wieder so weit wie vor zehn Jahren, als er dem Land eine „blbá naláda“ bescheinigte, eine „blödsinnige Stimmung“.

Darum hat der Schriftsteller Havel jetzt das fiktive Programm einer imaginären Partei entworfen, die mit herkömmlicher „partajokracie“ aufräumen soll. Das ist ernst gemeint, wenn auch surrealistisch inszeniert, wie Havels Stücke „Verständigung“ und weitere, die dank deutschen Verlags-engagements in aller Welt Triumphe feierten. Jetzt könnte es wieder so sein, denn Havel hat sein jüngstes Stück „Abgang“ von 2008 um die Schwierigkeiten von Politikern, Abschied von der Macht zu nehmen, überarbeitet und spielte sogar mit dem Gedanken, es selbst als Regisseur zu verfilmen. Aber die Idee aus seinem fiktiven Parteiprogramm, den Staatspräsidenten vom Volk direkt wählen zu lassen, hat bei Parteien so viel Widerwillen und bei Bürgern so viel Beifall erweckt, dass Havel ankündigte, einen längeren Text zu diesem Thema zu verfassen. W. Oschlies


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