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15.05.10 / Versprechen oder Wunschtraum / Das Deutsche Hygiene-Museum in Dresden gibt Antworten auf die Frage »Was ist schön?«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19-10 vom 15. Mai 2010

Versprechen oder Wunschtraum
Das Deutsche Hygiene-Museum in Dresden gibt Antworten auf die Frage »Was ist schön?«

Das Geschäft mit der Schönheit blüht. Doch was ist schön, und wer ist überhaupt schön? Dieser Frage widmet sich eine Sonderausstellung im Dresdner Hygiene-Museum.

„Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land?“ Nicht nur aus dem Märchen Schneewittchen kennen wir die Frage nach Schönheit. Heute begegnet uns dieses Thema nahezu überall: in den Medien, im Fitness-Studio, im Designer-Shop. Durch alle Zeiten hindurch hat die Frage nach Schönheit die Menschen beschäftigt. Bis in unsere Mythen- und Märchenwelt hinein spielt dieses Thema in zahllosen Variationen eine Rolle. Heute wird mit Schönheit immer auch das Besondere und Glamouröse verbunden. Diese Vorstellung nimmt die Präsentation gleich zu Beginn auf: In dem ersten, dunkelrot gehaltenen Raum, der mit seinem prächtigen Kristalleuchter an einen Salon erinnert, hängen zum einen lebensgroße weibliche Rückenakte. Sie entsprechen dem heute gängigen Verständnis von vollendeter Schönheit. Übergroße Fotos zeigen bekannte Schauspieler, unter ihnen die umschwärmten George Clooney und Brad Pitt. Doch durch die schonungslose Nahsicht dieser Fotos sind die Berühmtheiten aus Film und Fernsehen erst auf den zweiten Blick zu erkennen. In ihrer Individualität entsprechen diese Bilder gerade nicht der normierten Schönheit medialer Bilder.

So wird bereits im ersten Ausstellungsraum die große Linie der Ausstellung aufgezeigt: Schönheit im Spannungsfeld von Norm und Individualität.

Dramaturgie und Inszenierung für die Präsentation wurden von einem Gestalter-Team aus der Filmbranche entwickelt. Unterschiedliche Medien, Monitorstationen, Animations- und Videofilme geben vielfältige Einsichten und Anregungen, um über das eigene Verhältnis zur Schönheit nachzudenken.

Doch wer bestimmt, was schön ist? Deutlich wird der Einfluss von Kunst und Medien herausgestellt, welche uns mit zahllosen Bildern von Schönheit konfrontieren. Dieser Einfluss prägt die Gesellschaft, aber auch jeden einzelnen. Gutes Aussehen erscheint wichtiger denn je und findet im Körperkult und Jugendwahn seinen Ausdruck. Im Zeitalter von Anti-Aging-Produkten, Fitness-Studios und Schönheits-OP erscheint Schönheit als „machbar“.

Viele verbinden Schönheit mit Glück und glauben, dass schöne Menschen durch ihr Äußeres schneller Erfolg und Anerkennung bekommen. Inzwischen profitiert ein ganzer Markt von der Sehnsucht nach Schönheit. Doch die Unerreichbarkeit des heutigen, medialen Schönheitsideals wird für immer mehr Menschen zum Problem. Als Beispiel sei der Schlankheitswahn vieler junger Mädchen genannt, der über Magersucht in den Tod führen kann. In diesem Spannungsfeld von Versprechen und Unerreichbarkeit zieht die Ausstellung eine kritische Zwischenbilanz.

Eindrücklich wird in einem Kurzfilm der Kosmetikmarke „Dove“ gezeigt, wie durch Schmink- und Bildbearbeitungstechniken ein „normales“ Gesicht in ein makelloses, strahlend-schönes Gesicht verwandelt wird. Diesen Prozeß zu durchschauen tut gut, nimmt es doch der Makellosigkeit ein ganzes Stück von ihrem Glanz. Die Machbarkeit von Schönheit wird offenbar. Auch die Welt der Models wird vor diesem Hintergrund kritisch unter die Lupe genommen. Wie sehr sich das Verständnis von Schönheit ändern kann, beweisen Schönheitsideale vergangener Zeiten. Anhand eines Gipsabdrucks der Venus von Medici wird deutlich, dass Maß und Proportion das antike Verständnis von Schönheit bestimmten. Neben der Venus steht das überschlanke, langbeinige Modell einer Barbie-Puppe.

Die offensichtliche Wandelbarkeit von Schönheitsvorstellungen ist eine wichtige Aussage der Ausstellung und zeigt, dass die Frage nach Schönheit nicht per Definition bestimmt werden kann.

Es zeichnet die Präsentation aus, dass der Schönheitsbegriff weit gespannt wird und nicht auf die äußere, körperliche Schönheit begrenzt bleibt. So wird nach dem Schönen in der Musik und Literatur gefragt, aber auch nach dem individuellem Verständnis von Schönheit: Im letzten Raum der Ausstellung porträtieren Filmessays Menschen mit ihren Leidenschaften für das, was sie als schön empfinden: eine Nudel oder eine Modelleisenbahn, eine Schlange oder eine Violine.

Das Hinterfragen gängiger Schönheitsbilder und die sowohl kritische als auch vielschichtige Auseinandersetzung mit dem Thema verhelfen zu einem gelassenen Umgang mit der normierten Schönheit und inspirieren und ermutigen den Besucher zu einem individuellen Verständnis von Schönheit. Caroline v. Keudell

Die Ausstellung „Was ist schön?“ des Deutschen Hygiene-Museums Dresden, Lingnerplatz 1, ist bis 2. Januar 2011 täglich außer montags von 10 bis 18 Uhr geöffnet, Eintritt 7/3 Euro.


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